In den letzten Monaten gab es wichtige Etappen
auf dem Weg zur umstrittenen Verlängerung
der U-Bahn-Linie 5 vom Alexanderplatz
zum Brandenburger Tor. Am 13. April fand vor
dem Berliner Rathaus der offizielle Baubeginn
statt. Zunächst gibt es aber nur archäologische
Grabungen. Diese könnten durchaus spannende
Ergebnisse bringen, denn die U5-Baustelle
liegt in einem der ältesten Teile Berlins.
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Wowi mit dem Bagger: Den ersten Rammschlag für den U-Bahnhof Berliner Rathaus führte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit höchstpersönlich aus. Foto: Florian Müller |
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Zuvor waren zum Ende des Jahres 2009
noch einmal die Pläne öffentlich ausgelegt
worden, da es wesentliche Änderungen gab.
Diese hingen mit dem wiederholt geänderten
Tunnelquerschnitt zusammen. Damit
änderte sich auch die Tiefenlage der Tunnel.
Der Berliner Fahrgastverband IGEB hatte
dazu Stellung genommen. Grundsätzliche
Bedenken konnten allerdings nicht mehr
geäußert werden, da die Entscheidung über
den U5-Bau bereits gefallen war. Damit
erübrigt sich jetzt auch eine weitere Diskussion,
ob die Bausumme von über 400 Millionen
Euro nicht zugunsten anderer sinnvollerer
Projekte, insbesondere bei der Straßenbahn,
ausgegeben werden sollte.
Ende Mai 2010 fand dann zu den erneut
ausgelegten Plänen die Anhörung statt.
Hierbei brachte die IGEB Themen zur
Sprache, die die bauliche Gestaltung des
neuen U5/U6-Umsteigebahnhofs
Unter den Linden betreffen.
Der Bahnhof entsteht an der Kreuzung Unter
den Linden/Friedrichstraße. Die U 6 wird
in diesem Bereich zwar nicht in ihrer Lage
grundsätzlich verändert, aber sie erhält einen
neuen Bahnhof mit Seitenbahnsteigen
wenig nördlich vom U-Bahnhof Französische
Straße. Dieser wird dann geschlossen,
für seine weitere Nutzung gibt es noch keine
Planungen. Der Bahnsteig der U 5 wird sich
unter der südlichen Fahrbahn der Straße Unter
den Linden zwischen Friedrichstraße und
Charlottenstraße erstrecken.
Überraschend ist die große Tiefe von 15 m
des U5-Bahnsteigs, die sich nicht allein aus
der Lage unterhalb der U 6 erklären lässt.
Zur U 6 besteht ein Höhenunterschied von
9 m. Das wurde mit Zwangspunkten beim
Schildvortrieb zwischen Brandenburger Tor
und Alexanderplatz erklärt. So muss unter
anderem der immer noch im Bereich der
Staatsoper vorhandene Lindentunnel, der
1915 für die Straßenbahn gebaut worden
war, unterfahren werden.
Fehlende Rolltreppen zum U-Bahnhof
Unter den Linden
Während es unten für die Umsteiger ausreichend
Rolltreppen geben soll, ist geplant,
dass es an der Straßenkreuzung Unter den
Linden/Ecke Friedrichstraße bei den Ausgängen
zum Mittelstreifen der Straße Unter
den Linden keine Rolltreppen
geben soll.
Auf Grund der großen Tiefenlage der U 5
hält die IGEB jedoch auch für den Weg auf
die Straße zumindest aufwärts führende
Rolltreppen für unbedingt erforderlich. In
der Anhörung wurde das Fehlen mit gestalterischen
Prämissen begründet. Das ist
jedoch nicht nachvollziehbar, da am geplanten
Ausgang Richtung Charlottenstraße eine
aufwärts führende Rolltreppe vorgesehen ist.
Die auf Grund der Tiefenlage der U 5
notwendigen langen Übergänge zwischen
U 5 und U 6 müssen nach IGEB-Auffassung
noch verändert werden. Die bisher geplanten
Treppen sind so konzipiert, dass zum
Teil schwer einsehbare „Angsträume“ und
schwer sauber zu haltende Bereiche („Pinkelecken“)
in der Zwischenebene entstehen.
Die IGEB fordert, auf die Zwischenebenen
für die Fahrgäste zu verzichten und in diesen
Bereichen freistehende und von den Bahnsteigen
der U 5 und U 6 einsehbare Treppen
zu planen. Von der Treppe auf der Ostseite
kann zusätzlich ein Zugang zu den technischen
Betriebsräumen zwischen Straßenniveau
und Bahnsteig der U 5 (u. a. Gleichrichterwerk)
vorgesehen werden.
Von den Seitenbahnsteigen der U 6 wird
es in Richtung Behrenstraße auf jeder Seite
einen Ausgang geben. Die dort geplanten
Treppen sind mit 2,5 m zu schmal, sie sollten
mindestens 3 m breit werden. Dafür kann
die Fahrbahn verschmälert werden und die
Treppeneinfassungen können schlanker
ausgeführt werden.
Einjährige Sperrung der U 6
Für den Bau des neuen Kreuzungsbahnhofs
Unter den Linden soll die U 6 zwischen den
Bahnhöfen Friedrichstraße und Französische
Straße für ca. 12 Monate unterbrochen
werden. Trotz energischer Intervention der
IGEB wird sich daran nichts grundsätzlich
ändern lassen. Erschwerend kommt hinzu,
das die Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße
für mehre Monate in Nord-Süd-
Richtung auch zu Fuß nicht direkt zu überqueren
ist. Man muss dann einen Umweg
in Richtung Westen bis in Höhe des Zollernhofes
(Sitz des ZDF-Hauptstadtstudios) machen,
um dort eine Querungsmöglichkeit
zu finden.
Eine von der IGEB im Bereich der Kreuzung
angeregte Fußgängerbrücke, die auch
von den Geschäftsinhabern der Friedrichstraße
befürwortet wurde, ist aus Gründen
der Baustellenorganisation nicht realisierbar.
Somit werden die U6-Fahrgäste während
der Unterbrechung ihrer Linie auf den
Ersatzverkehr mit Bussen oder möglichst
auf die anderen Schnellbahnlinien, insbesondere
die Nord-Süd-S-Bahn, ausweichen
müssen. Es ist zu hoffen, dass die S-Bahn bis
zum eigentlichen Baubeginn der U5-Verlängerung
ihre alte Leistungsfähigkeit wieder
erreicht hat.
Keine Bauverzögerung durch Stopp für
Humboldtforum
In einigen Medien war der Eindruck erweckt
worden, dass die Zurückstellung des
Baus des Humboldtforums (Stadtschloss)
den U5-Bau gefährden würde. Doch das
Gegenteil ist der Fall, denn der Schildvortrieb
kann so wesentlich gefahrloser und
sicherer durchgeführt werden, wenn in dieser
Zeit mit dem Bau des Humboldtforums
noch nicht begonnen wird. Allerdings müssen
die noch vorhandenen historischen
Schlossfundamente, die sich noch im Boden
befinden, im Rahmen des U-Bahn-Baus
sehr aufwändig gesichert werden.
Vor dem Hintergrund der Erfahrungen
mit vergleichbaren Baustellen und dem zu
erwartenden Bauaufwand muss man kein
Hellseher sein, um zu befürchten, dass der
Kostenrahmen überschritten wird. Der
Nutzen für die Fahrgäste wäre bei anderen
Projekten, insbesondere bei der Straßenbahn,
größer gewesen. Aber aufgrund der
Drohung des Bundes, die für die U5-Stummelstrecke
zwischen Hauptbahnhof und
Brandenburger Tor eingesetzten Millionen
vom Land Berlin zurückzufordern, hatte der
Berliner Senat letztlich keine andere Wahl,
als den U5-Bau zu vollenden. (jmw) Berliner Fahrgastverband IGEB
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