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Aufgetaute Weiche in Tempelhof. Doch allzu oft versagten die Weichenheizungen und behinderten den Fahrbetrieb der S-Bahn massiv. |
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Gedränge in Ostkreuz. Besonders chaotisch waren nach dem Wintereinbruch wieder die Zustände auf dem Ring. Hier wurde das Zugangebot halbiert. Dadurch waren die Züge so überfüllt, dass kein Taktverkehr mehr möglich war. |
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Fotos: Florian Müller und Matthias Horth |
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Dabei hatte die S-Bahn GmbH doch erst
im Oktober versprochen, dass sie auf den
Winter 2010/2011 viel besser vorbereitet
sei und sich ein Chaos wie in den Vorjahren
nicht wiederholen werde. Offensichtlich
unterschätzt hat sie dabei das Problem der
täglichen Bremssandkontrolle unter winterlichen
Bedingungen. Falsch eingeschätzt
hat die S-Bahn GmbH aber vor allem die
Leistungsfähigkeit von DB Netze.
Das Infrastrukturunternehmen war nicht
in der Lage, das Einfrieren von fast 70
Weichen zu verhindern. Dadurch war die
S-Bahn GmbH nicht nur im Linienbetrieb
massiv behindert, sondern konnte ihre Züge
auch nicht auf die Gleise fahren, auf denen
allein die Bremssandkontrollen durchgeführt
werden können. Nach Angaben von DB-Mitarbeitern
lag das nicht vorrangig am zugegebenermaßen
extremen Wetter, weil der Schnee
bei Temperaturen um Minus 10
Grad fiel, und auch nur bedingt am
Fehlen von ausreichend Personal, sondern
an der reduzierten Leistungsfähigkeit der
Weichenheizungen. Diese soll bei neuen
Weichen im Netz der DB seit 2006 und im
Netz der Berliner S-Bahn seit 2008 halbiert
worden sein.
Dass beim letzten Zusammenbruch
der Berliner
S-Bahn vor allem der Infrastrukturbetrieb
versagt hat,
lässt auch die Diskussionen
um die Zukunft der S-Bahn
GmbH noch einmal in einem
neuen Licht erscheinen. Was
nützt es, den Fahrbetrieb
durch Ausschreibung oder
Übernahme in BVG-Regie in
neue Hände zu geben, wenn
der Infrastrukturbetreiber
versagt?
Nun scheint das Vorhaben
der Stadtentwicklungssenatorin,
ein Drittel
des S-Bahn-Verkehrs nach
2017 durch Ausschreibung
zu vergeben, zwar kaum
noch aktuell, nachdem der
Berliner SPD-Landesparteitag
im November die Ausschreibung
einzelner Strecken
abgelehnt hat, aber
ein S-Bahn-Betrieb durch die BVG wurde
vom Parteitag ausdrücklich als eine Option
beschlossen.
Der Berliner Fahrgastverband IGEB hält
einen Monopolbetrieb, der im Raum Berlin
vor S-Bahn, U-Bahn, Straßenbahn und Bus
verantwortlich ist, für die falsche Lösung. Im
Übrigen zeigen die anhaltenden massiven
Probleme im Fahrbetrieb der BVG, dass auch
dieses Unternehmen noch sehr viele Hausaufgaben
erledigen muss, bevor es zusätzliche
Aufgaben übernehmen könnte.
Das jüngste S-Bahn-Chaos hat die Suche
nach einer Lösung für die Zukunft der Berliner
S-Bahn noch schwerer gemacht. Zum
einen wurde deutlich, dass es nicht reicht,
die Verantwortung für den Betrieb zu haben,
auch die Infrastruktur muss regionalisiert
werden. Zum anderen wurde deutlich,
dass es den integrierten Konzern Deutsche
Bahn und die damit versprochenen Vorteile
gar nicht gibt. Und schließlich müsste inzwischen
eigentlich allen klar sein, dass die
Fahrgäste auch mit einer BVG-geführten
S-Bahn nicht besser bedient würden. Was
bleibt? Eine Möglichkeit wäre, sich darauf
zu konzentrieren, die grundlegenden Fehler
der Eisenbahnstrukturreform von 1993
zu beseitigen. Vielleicht ist es sogar der
einzige gangbare Weg für eine Zukunft der
Berliner S-Bahn.
Berliner Fahrgastverband IGEB
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