Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin wollte zusammen
mit ihrer Tochter im Zug von Bückeburg
nach Emden Außenhafen fahren. Auf der
Fahrt hatte der IC 146 eine Dreiviertelstunde
Verspätung, so dass der Anschlusszug
von Rheine nach Emden nicht mehr erreicht
wurde. Die Beschwerdeführerin
nahm daher den nächsten Zug (RE 14124)
um 15.34 Uhr und erreichte Emden Hauptbahnhof
um 17.30 Uhr. Eine Weiterfahrt
zum Zielbahnhof Emden Außenhafen war
nicht möglich, da der Regionalexpress an
diesem Tag in Emden Hbf endete. Somit
mussten die Reisenden in Emden übernachten
(Hotelkosten: 90 Euro). Erst am
nächsten Tag wurde das eigentliche Reiseziel
erreicht.
Ablehnung
Der Antrag der Beschwerdeführerin auf
Zahlung einer
Verspätungsentschädigung
und Erstattung der Hotelkosten wurde vom
Servicecenter Fahrgastrechte abschlägig beschieden.
Als Begründung wurde „Regel 1
Verspätung < 60 Minuten“ angegeben. Die
Verspätungszeit wurde mit 49 Minuten ausgewiesen.
Schlichtungsarbeit
Nach der abschlägigen Entscheidung
durch das Servicecenter Fahrgastrechte
wandte sich die Beschwerdeführerin an
die söp. Die Prüfung der Rechtslage ergab,
dass auf Grundlage der Fahrgastrechte
die Beschwerdeführerin einen Anspruch
sowohl auf Verspätungsentschädigung in
Höhe von 50 Prozent des Fahrkartenwertes
als auch auf Erstattung der Übernachtungskosten
hat.
Da Mutter und Tochter erst am nächsten
Tag das Reiseziel Emden Außenhafen erreichten,
betrug die Verspätung also mehr
als zwei Stunden. Folglich besteht ein Anspruch
auf Verspätungsentschädigung in
Höhe von 50 Prozent des Fahrpreises.
Da die Beschwerdeführerin wegen der Verspätung
die Fahrt zu ihrem Zielort (Emden
Außenhafen) nicht am selben Tag fortsetzen
konnte, ist das Eisenbahnverkehrsunternehmen
zudem verpflichtet, die Hotelkosten für
die Übernachtung zu tragen. Grundsätzlich
ist der auf der Fahrkarte angegebene Zielort
für die Bewertung maßgeblich.
Die Schlichtungsempfehlung der söp wurde
angenommen. Die Beschwerdeführerin
erhielt eine Verspätungsentschädigung
in Höhe von 14,50 Euro sowie eine Erstattung
der Übernachtungskosten in Höhe von
90,00 Euro. (Dr. Katja Schmidt)
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
Telefon: (030) 644 99 33 11
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de
Über 3300 Schlichtungsanträge seit söp-Start am 1. Dezember 2009
Im ersten Jahr ihres Bestehens sind bei der von der EU notifizierten, neutral und unabhängig
arbeitenden Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) über
3300 Beschwerden von Bahn-, Bus-, Flug- und Schiffsreisenden eingegangen. Im Streit
mit ihrem Verkehrsunternehmen hatten die Reisenden keine sie zufriedenstellende
Einigung erzielt. Die söp konnte für Bahnreisende in 91 Prozent dieser Fälle eine einvernehmliche
Lösung erzielen. Die Anliegen von zurzeit knapp 1300 Fluggästen warten
hingegen noch auf die abschließende Streitschlichtung. Trotz intensiver Gespräche mit
Vertretern der Luftfahrt haben sich bisher nur wenige von ihnen bereit erklärt, zur Vermeidung
gerichtlicher Auseinandersetzungen am Schlichtungsverfahren mitzuwirken.
„Wer eine kompetent, effizient und vor allem neutral arbeitende Schlichtungsstelle
im Personenverkehr sucht, ist bei der söp gut aufgehoben. Die bisherige hohe Akzeptanz
bei Reisenden und Verkehrsunternehmen zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg
sind“, sagte Edgar Isermann, Leiter der Schlichtungsstelle und früherer Präsident des
Oberlandesgerichts.
Die Arbeit der Schlichtungsstelle wird von den Reisenden positiv gewürdigt, selbst
in Fällen, in denen sie aufgrund fehlender rechtlicher Grundlagen keine Entschädigung
zugesprochen bekommen. Sie alle begrüßen die professionelle Arbeit der söp-Schlichter
(ausgebildete Volljuristen), die den jeweiligen Sachverhalt klären, die Rechtslage
prüfen und bei ihren Empfehlungen auf den Einzelfall eingehen.
„Die erfolgreiche Arbeit der von Unternehmen und nicht vom Steuerzahler finanzierten,
gleichwohl neutral arbeitenden Schlichtung hat sich bewährt. Das Modell wird sich
in der Praxis weiter durchsetzen“, erklärte Heinz Klewe, Geschäftsführer der söp. „Der
von den Verkehrsunternehmen zunehmend erkannte Nutzen einer bundesweit und
verkehrsträgerübergreifend arbeitenden Schlichtungsstelle wird neue Mitglieder für
die söp gewinnen lassen. Das kommt auch den Reisenden zugute. Wir freuen uns, auch
2011 wieder viel Kundenzufriedenheit zu ‚produzieren‘.“
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
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