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Während die Bahnreisenden mit dem Kauf eines Tickets stets auch die Kosten für Trassen- und Stationspreise bezahlen müssen, gibt es für den Busverkehr noch immer keine Straßenmaut. Foto: Marc Heller |
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Eine nachhaltigere Ausrichtung des europäischen
Verkehrssektors scheitert im Kern
nicht daran, dass die umweltfreundlichen
Verkehrsträger nicht wettbewerbsfähig sind,
sondern dass es eine ganze Reihe von Wettbewerbsverzerrungen
zu deren Lasten gibt.
Eine Korrektur dieses eklatanten
Missstands, der zur Subventionierung
der nicht nachhaltigen
Mobilität durch die Allgemeinheit
führt, kann nur auf europäischer
Ebene erreicht werden, da
dort die Wettbewerbspolitik für
den
europäischen Binnenmarkt
angesiedelt ist.
Der Bericht, den die Generaldirektion
Wettbewerb der
Europäischen Kommission als
zuständige Behörde jährlich vorlegt,
bietet die Gelegenheit zur
Prüfung der aktuellen Wettbewerbssituation.
So legt das Europäische
Parlament auch 2010
einen entsprechenden eigenen
Bericht zur Wettbewerbspolitik
2009 vor, der federführend
vom Wirtschafts- und Währungsausschuss
(ECON) betreut und vom Verkehrsausschuss
(TRAN) mit einer Stellungnahme begleitet
wurde.
Als Verfasser dieser Stellungnahme gelang
es mir im Verkehrsausschuss, bei zentralen
Forderungen die Unterstützung einer
Mehrheit der Abgeordneten für einen faireren
Wettbewerb zu bekommen: So fordert
der Verkehrsausschuss die Kommission auf,
„gleiche Wettbewerbsbedingungen, sowohl
für die verschiedenen Verkehrsträger als
auch für öffentliche und private Unternehmen
ein und desselben Verkehrsträgers zu
gewährleisten.“
Auch einzelne Faktoren der Verzerrung
des Wettbewerbs wie Staatsbeihilfen, Unterschiede
bei den Passagierrechten sowie
diskriminierende Abgaben- und Steuerstrukturen
werden genannt. Namentlich
die zuletzt in Frankreich zu beobachtende
Praxis, inländische Verkehrsunternehmen
durch die Senkung der Gewerbesteuer zu
entlasten und zugleich ausländische Unternehmen
mit einer Abgabe auf das rollende
Material zu belasten, wird kritisiert. Denn so
zahlt die ausländische Konkurrenz doppelt:
Zu Hause die Gewerbesteuer und in Frankreich
auch noch die Abgabe auf das rollende
Material.
Schließlich wird festgehalten, dass Mitgliedstaaten,
die ihre Eisenbahnmärkte öffnen,
entsprechend des Reziprozitätsprinzips
im Gegenzug auch Zugang zu den Märkten
anderer Staaten bekommen müssen. Der
Wirtschafts- und Währungsausschuss hat
diese zentralen Punkte am 1. Dezember
2010 in seiner Abstimmung übernommen.
Nun steht noch die endgültige Abstimmung
im Plenum des Europäischen Parlaments
aus, die voraussichtlich im Januar 2011 stattfindet.
Die bisherigen Wettbewerbsverzerrungen
benachteiligen fast immer die Eisenbahn.
So müssen die Bahnreisenden mit
dem Kauf eines Tickets auch die
Kosten für Trassen- und Stationspreise
bezahlen. Aber für den Busverkehr
gibt es keine Straßenmaut.
Und der Flugverkehr in Europa wird
durch Verzicht auf Kerosin- und
Mehrwertsteuer laut Europäischer
Umweltagentur jährlich mit mehr
als 30 Milliarden Euro subventioniert.
Davon werden 15 Milliarden
vom deutschen Steuerzahler aufgebracht.
Das sind massive Wettbewerbsverzerrungen
zu Lasten
der Eisenbahn.
Die neue Luftverkehrsabgabe
der schwarz-gelben Bundesregierung
reduziert diese Subventionen
gerade einmal um ein
Fünfzehntel. Sie ist deshalb nur
ein kleiner Schritt – aber einer in
die richtige Richtung. Doch nicht einmal
diese minimale Verbesserung hat der rotrote
Senat in Berlin mitgetragen, als er am
26. November im Bundesrat zusammen mit
Rheinland-Pfalz gegen die Abgabe votierte.
Das verstehe, wer will, denn die massiven
Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der
klimafreundlichen Eisenbahn und zu Gunsten
des klimaschädlichen Luftverkehrs
müssen beseitigt und nicht zementiert
werden.
Michael Cramer, MdEP
Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europäischen Parlament
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