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125 Mio. Euro Gewinn wollte die DB 2010 bei der Berliner S-Bahn erzielen. Stattdessen gab es Verluste. Foto/Montage: Holger Mertens |
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Seit dem Beginn der großen S-Bahn-Krise im
Winter 2008/2009 hatte die S-Bahn GmbH
im Oktober 2010 erstmals wieder das von
vielen Fahrgästen geschätzte kostenlose
Fahrplanheft herausgegeben. Zum einen
zeichnete sich ab, dass man für längere
Zeit keine weiteren Hochfahrstufen, also
Angebotsausweitungen auf dem Weg zum
Normalfahrplan, bieten kann. Denn durch
die vielen Fahrzeugprobleme werden auf
absehbare Zeit weiterhin nur gut 400 Viertelzüge
verfügbar sein. Zum anderen war
man sich aber sicher, dieses Angebot auch
über den Winter fahren zu können – welch
ein Irrtum (siehe SIGNAL 6/2010).
Erneut Streckenstilllegungen
Zum Ende des Jahres 2010 wurde der Fahrzeugmangel
derart dramatisch, dass die
S-Bahn GmbH für den Jahresbeginn 2011
drastische Einschnitte beschloss und mit ihrer
Pressemitteilung vom 30. Dezember die
geplagten Fahrgäste erneut schockte:
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Anwohner hatten die Bauarbeiten verzögert. Aber ab 20. Dez. fuhr die U 2 endlich wieder bis Pankow und bot vielen eine Alternative zum unregelmäßigen S-Bahn-Verkehr. Foto: Marc Heller |
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S-Bf Westkreuz und Berliner Kurier am 3. Januar 2011. Für die erneute Streckenstilllegung gab es heftige Kritik. Foto: Marc Heller |
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Im Winter-Notfahrplan (24. Jan. bis 27. Feb.) fuhr die Ringbahn nur noch im 10- statt im 5-Minuten-Takt, aber mit Vollzügen (4 Viertelzüge bzw. 8 Wagen). Die RE 6, hier im Bf Jungfernheide, wurde montags bis freitags von Spandau bis Gesundbrunnen verlängert. Fotos: Heller |
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Kein Winterproblem. Am 26. Feb. fuhren im Pendelverkehr auf der Stadtbahn unverständlicherweise nur 6-Wagen-Züge. Foto: IGEB |
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Das Winterwetter bescherte den Fahrgästen auch Probleme im BVG-Bus- und DB-Fernverkehr. Da erinnerte sich mancher an die Zeiten, als die Deutsche Bundesbahn noch mit Zuverlässigkeit im Winter warb – lange vor den Börsenbahn-Plänen. Fotos: Marc Heller, Florian Müller |
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„Ab Sonntag, 2. Januar 2011, 6 Uhr, können
voraussichtlich nur etwa 200 Viertelzüge
eingesetzt werden. Auf der Ringbahn
fahren die Züge der Linien S 41 und S 42
im 10-Minuten-Takt, auf allen anderen
Linien im 20-Minuten-Takt. (…) Die Streckenabschnitte
Strausberg—Strausberg
Nord, Spandau—Westkreuz, Wartenberg—
Springpfuhl und Hennigsdorf—Schönholz
können ab diesem Zeitpunkt vorübergehend
nicht bedient werden. Zwischen
Hennigsdorf, Tegel und Wilhelmsruh sowie
zwischen Strausberg und Strausberg Nord
wird Busersatzverkehr eingerichtet. DB Regio
und Niederbarnimer Eisenbahn (NEB)
unterstützen mit zusätzlichen
Zügen.“
Erstmals seit dem Herbst
2009 wurden also wieder
Strecken stillgelegt. An Linienstilllegungen
hatten
sich die Fahrgäste ja notgedrungen
längst gewöhnt.
Wer kennt denn noch die
S 45 oder gar die S 85?
Zum Glück für die Fahrgäste
und die S-Bahn-
Mitarbeiter wurde es in der
ersten Januar-Woche deutlich
milder, so dass die stillgelegten
Strecken bereits
ab dem 6. Januar wieder
befahren werden konnten.
Umstritten:
Winter-Notfahrplan
Unter dem Eindruck des Dezember-Schocks
hatte die S-Bahn GmbH Ende 2010 in kürzester
Zeit einen sogenannten Winterfahrplan
erarbeiten lassen, bei dem alle S-Bahn-Züge
nicht schneller als 60 km/h fahren, so dass
die Bremssandkontrollen entfallen können.
Diese hatten sich als ein zentrales Problem
im Winterbetrieb erwiesen.
Obwohl die S-Bahn mit der Einführung
des 60-Stundenkilometer-Fahrplans zum
24. Januar auf vielen Strecken langsamer
und teilweise seltener fuhr und zahlreiche
Umsteigeanschlüsse vor allem im Berliner
Umland verloren gingen, entschloss sich der
Fahrgastverband IGEB, zusammen mit den
Landesverbänden von VCD und DBV, die Einführung
als das kleinere Übel zu befürworten,
und begründete das u.a. in einem Gastbeitrag
für die S-Bahn-Kundenzeitschrift
punkt3:
„Der bisherige Winter hat gezeigt, dass
die S-Bahn im derzeitigen Zustand nur bei
Plusgraden den ohnehin eingeschränkten
Fahrplan stabil fahren kann. Sobald es strengen
Frost oder viel Schnee gibt, besteht die
Gefahr, dass sich das Chaos der ersten Winterwochen
wiederholt. Denn die dann auftretenden
Probleme, vor allem wegen der
eingefrorenen Besandungsanlagen und den
unzähligen Fahrmotorstörungen, lassen sich
nicht kurzfristig lösen. Diese Mängel waren
zwar bekannt – aber welche Auswirkungen
sie auf den S-Bahn-Betrieb haben, war vor
dem Wintereinbruch Anfang Dezember
2010 völlig unterschätzt worden.
Vor dem Hintergrund der jüngsten Erfahrungen
hatten die Verantwortlichen bei
der Berliner S-Bahn für die zweite Hälfte
des Winters nur zwei Möglichkeiten: Sie
konnten entweder darauf vertrauen, dass
die milden Temperaturen von Mitte Januar
anhalten und es bis zum Frühling weder
Frost noch Schnee gibt. Wenn es so käme,
dann wäre die Einführung eines 60-km/h-
Fahrplans überflüssig gewesen. Oder die
S-Bahner konnten in ihre Planung einkalkulieren,
dass Frost und Schnee in diesem
Winter eben doch noch einmal zurückkehren.
Dann bestünde eine realistische Chance,
mit einem auf den Winter zugeschnittenen
Notfahrplan einen erneuten Zusammenbruch
des Gesamtsystems zu vermeiden –
und ein relativ verlässliches Angebot mit
einem zwar teilweise reduzierten, aber eben
vergleichsweise stabilen Fahrplan zu fahren.
Denn wenn ein Teil der Züge wegen der fehlenden
Überprüfung der Bremssandanlagen
oder deren Einfrieren bei Frost nur noch mit
einer Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h
fahren darf, dann bringt es wenig, wenn der
andere Teil der Züge 80 km/h fährt. Einzelne
langsam fahrende Züge reichen dann aus,
den gesamten Fahrplan erneut
durcheinander zu bringen.“
Für diese Unterstützung des
schlechteren, aber verlässlichen
Winter-Notfahrplans wurde die
IGEB von einigen Fahrgästen heftig
kritisiert. Das ist verständlich. Aber
wenn man sich zwischen zwei Varianten
voller Risiken und Nachteile
entscheiden muss, ist Kritik vorprogrammiert.
Interessant und erfreulich
ist, dass kein Kritiker dem Fahrgastverband
vorwarf, überhaupt
eine Position bezogen zu haben.
Denn natürlich hätte die IGEB sich
zurückhalten können – um anschließend
die S-Bahn GmbH für ihre gegebenenfalls
falsche Entscheidung zu kritisieren.
Inzwischen ist der Winter-Notfahrplan beendet.
Seit dem 28. Februar fährt die S-Bahn
wieder im „normalen“ Notfahrplan. Aber ein
eindeutiges Fazit zum Winter-Notfahrplan
ist nicht möglich. Zwar gab es keinen Schnee
mehr, aber viele Frosttage. Hätte der Frost
gereicht, die Fahrzeugverfügbarkeit erheblich
zu beeinträchtigen? Immerhin fuhr die
Berliner S-Bahn während des Winter-Notfahrplans
mit einer Pünktlichkeit von rund
97 Prozent – ein Wert, der schon sehr lange
nicht mehr erreicht worden war.
Börsenbahn-Politik wirkt nach
Der Winter 2010/11 ist vorbei. Es war der dritte
Winter mit umfangreichen Fahrzeugausfällen
bei der Berliner S-Bahn. Erschwerend
für die Berliner Fahrgäste kam hinzu, dass
es auch im BVG-Busverkehr weiterhin Probleme
gibt. Obendrein gab es im Dezember
auch beim DB-Fern- und Regionalverkehr
massive Verspätungen und Zugausfälle. Der
jahrelange Sparkurs, um die DB börsenfähig
zu machen, hat eben nicht nur bei der Berliner
S-Bahn zu nachhaltigen Verschlechterungen
geführt.
Umso wichtiger ist es jetzt, dass der Sommer
2011 genutzt wird, um das Bremssandproblem
bei der Berliner S-Bahn, betroffen
sind die Baureihen 480 und 481, dauerhaft zu
lösen – auch wenn das teuer werden sollte. Einen
vierten Chaos-Winter darf es nicht geben.
Unzureichende Entschuldigung
Aber wie schwer es der Deutschen Bahn fällt,
aus den Ereignissen die richtigen Schlüsse zu
ziehen, zeigt sich bei der nächsten
Entschuldigungsregelung. Die
vorhergehende Entschuldigungsregelung
für das Winterchaos
2009/2010 wurde im November/
Dezember 2010 umgesetzt – mit
begrenzten Vorteilen angesichts
des erneuten Chaos‘ im Dezember.
Hinzu kamen die massiven
Angebotseinschränkungen im
Januar und Februar 2011. Folglich
muss auch die nächste Entschuldigungsregelung
wieder zwei und
nicht nur – wie jetzt beschlossen –
nur einen Monat umfassen. Entsprechend
breit war der Protest
gegen die reduzierte Entschuldigungsregelung.
In den Chor der Kritiker reihte sich auch
der Berliner Senat ein. Doch das ist wenig
glaubwürdig, solange „seine“ BVG sich nicht
endlich auch einmal bei ihren Fahrgästen für
die lang anhaltenden Missstände im Busverkehr
entschuldigt. Berliner Fahrgastverband IGEB
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