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Sachsen-Ticket, Sachsen-Anhalt-Ticket und Thüringen-Ticket gelten jedes in allen drei Ländern. Zusammenstellung: IGEB, nach Angaben der DB |
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Fernreisen mit Nahverkehrszügen sind für viele Reisende eine interessante
und preiswerte Alternative zu ICE und IC. Daher wird der Bahnhofsvorsteher
einige Angebote des Regionalverkehrs näher beleuchten. Den Anfang
machen die Länder-Tickets, die sich gegenwärtig preislich im Wandel befinden
– nicht nur zum Vorteil für die Fahrgäste.
Die Länder-Tickets sind universelle Angebote,
um innerhalb eines Bundeslandes (fast)
den ganzen Tag herumfahren zu können. Sie
sind vor allem für Familien oder kleine Gruppen
von maximal 5 Personen attraktiv, die
einen Tagesausflug mit Regionalzügen (RE,
RB, S-Bahn, Privatbahnen) machen möchten.
Einige Länder-Tickets gelten auch für
ein benachbartes Bundesland oder haben
zumindest eine/mehrere Strecken, die in das
Nachbarbundesland hineinreichen. So gilt
zum Beispiel das Mecklenburg-Vorpommern-
Ticket auf den Strecken nach Bad Wilsnack
(Brandenburg), Lübeck (Schleswig-Holstein)
und nach Hamburg sowie
im gesamten Stadtgebiet
Hamburgs, auch in den öffentlichen
Verkehrsmitteln
des Hamburger Verkehrsverbunds.
Eine Besonderheit
gibt es bei den Mecklenburg-
Vorpommern- sowie
Brandenburg-Berlin-Tickets,
die nicht nur über die
deutsch-polnische Grenze
hinweg bis Szczecin (Stettin)
gelten, sondern auch
im dortigen ÖPNV im Stadtverkehr
Szczecin (Busse und
Straßenbahn der ZDiTM).
Meister im Geltungsbereich
sind die Länder-Tickets von
Sachsen, Sachsen-Anhalt
und Thüringen. Sie gelten
jeweils in allen drei Bundesländern.
Da es für die Länder-
Tickets unterschiedliche
Regelungen gibt, was die
Anschlussstrecken in Nachbarländer
sowie die Nutzung
des ÖPNV in einzelnen
Verkehrsverbünden anbelangt,
sollte sich jeder vor Fahrtantritt bei der
Bahn erkundigen. Fragen Sie gezielt nach
den Info-Faltblättern im Reisezentrum oder
schauen Sie im Internet unter www.bahn.de.
Dort haben Sie zu jedem Länder-Ticket die
aktuellen Regelungen zum Lesen und auch
zum Herunterladen als PDF. Meist ist auch
eine Übersichtskarte vorhanden.
Wer, was und wie viele?
Für fast jedes Bundesland gibt es ein Länder-
Ticket, das meist auch dessen Namen trägt.
Nur Nordrhein-Westfalen macht da eine
Ausnahme und nennt es „SchönerTagTicket
NRW“. Im Ursprungsgedanken waren die
Länder-Tickets Pauschalpreisangebote für
fünf Personen. In einigen Bundesländern
wurden auch Fahrkarten mit dem Namenszusatz
„Single“ für Alleinreisende oder „Nacht“
für Nachtschwärmer (abends hin – morgens
zurück) aufgelegt. Später kamen auch einzelne
1.Klasse-Versionen hinzu. Heute ist die
Bandbreite noch größer.
Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2010
wurde bei einigen Tickets (Mecklenburg-Vorpommern,
Rheinland-Pfalz, Sachsen, Schleswig-
Holstein) eine Preisstaffelung nach Personen
eingeführt. Es gibt dort also nicht mehr
wie bisher nur einen Preis, egal ob zwei oder
fünf Personen reisen. Eine Übersicht über die
vorhandenen Varianten zeigt die Preistabelle.
Aus Sicht der Fahrgäste ist es zu begrüßen,
dass mittlerweile schon in fünf Bundesländern
(seit Juni 2011 nun auch in Niedersachsen)
die Preisstaffelung nach Personenzahl
eingeführt wurde. Nun müssen drei Reisende
nicht mehr das Gleiche wie fünf zahlen. Diese
Angebotsausweitung hat allerdings einen
Haken, denn die Umgestaltung der Preisbildung
wurde für eine drastische Preiserhöhung
genutzt. So zahlen z.B. in Niedersachsen
fünf Reisende über 27 Prozent mehr als
zuvor: statt 29,00 nun 37,00 Euro! Auch für vier
kostet es mit „nur“ 33,00 Euro nun 4,00 Euro
mehr als vorher! Das kann nicht gut geheißen
werden. Bei den vier anderen Länder-Tickets
war es ähnlich: Mecklenburg-Vorpommern
erhöhte für fünf Personen von 26,00 auf
32,00 Euro, Rheinland-Pfalz und Sachsen von
28,00 auf 33,00 Euro und Schleswig-Holstein
von 30,00 auf 38,00 Euro. So wird aus der Idee
der Preisgerechtigkeit eine Ungerechtigkeit.
Der Berliner Fahrgastverband IGEB verurteilt
diese Preispolitik!
Freuen können sich hingegen Eltern und
Großeltern (höchstens 2 Personen pro Fahrkarte),
die ihre eigenen Kinder/Enkel (6 bis 14
Jahre) mitnehmen wollen, denn der namentlich
eingetragene Ticketinhaber darf diese als
sogenannte Familienkinder
kostenfrei mitnehmen (ausgenommen
die klassischen
Singletickets). Neffen, Nichten
usw. und die Freunde
der Kinder zählen weiterhin
als kostenpflichtige Person.
Weiterhin werden auch entgeltpflichtige
Hunde als Person
gezählt und brauchen
nicht, wie früher üblich, eine
Extrafahrkarte zum halben
Normalpreis.
Die hier angegebenen
Preise gelten für den Kauf
am Automaten. Beim personenbedienten
Verkauf
durch ein Reisezentrum,
Reisebüro oder eine DBAgentur
kommen 2,00 Euro
je Ticket hinzu.
Die Komponente Zeit
Wer sich für „Reisen im Regio“
entscheidet, insbesondere
über lange Strecken,
braucht viel Zeit. Grundsätzlich
kann man seine Reise
montags bis freitags ab 9
Uhr und sonnabends, sonntags sowie an gesetzlichen
Feiertagen bereits ab Mitternacht
starten. Bei nicht deutschlandweiten Feiertagen
(montags bis freitags) muss man darauf
achten, ob bei Fahrten vor 9 Uhr in ein anderes
Bundesland auch dort ein Feiertag ist oder
das Ticket analog gilt. So kann man mit dem
Brandenburg-Berlin-Ticket am Reformationstag
(31. Oktober) in Brandenburg bereits vor
9 Uhr fahren, in Berlin jedoch nicht. Die Geltungsdauer
eines „normalen“ Länder-Tickets
(inkl. Singletickets) endet um 3 Uhr nachts
des Folgetages. Die Ländertickets mit dem
Namenszusatz „Nacht“ gelten von 18 Uhr bis
6 Uhr, in Ausnahmefällen auch bis 7 Uhr.
Wichtig ist, dass beim Fahrkartenkauf der
richtige Geltungstag für das Ticket angegeben
wird. Es kann nur an diesem Tag genutzt
werden!
Umtausch und Erstattung
Wer sich beim Fahrkartenkauf im Datum des
Reisetages irrt, oder wem ein Dauerregen
die Ausflugspläne durchkreuzt, der hat das
Nachsehen, denn die Erstattung sowie das
Umtauschen der Länder-Tickets sind sowohl
vor als auch am oder nach dem Geltungstag
der Fahrkarte ausgeschlossen. Kaufen Sie
die Fahrkarte am besten erst am Reisetag,
wenn Sie sicher sind, dass Sie wirklich fahren.
Jenseits von Raum und Zeit
Wenn man die Reise außerhalb des räumlichen
und/oder zeitlichen Geltungsbereiches
beginnt oder beendet, ist für die jeweilige
Strecke eine separate Fahrkarte vorher zum
ersten bzw. hinterher ab dem letzten fahrplanmäßigen
Haltebahnhof innerhalb des
Geltungsbereiches zu lösen. Bahnhöfe die
zwar im Geltungsbereich liegen, wo aber
der Zug (z.B. ein RegionalExpress) nicht hält,
gelten nicht!
Kauft man zwei aneinander grenzende
Länder-Tickets, so gelten diese als direkte
Anschlussfahrscheine. Die Regel des letzten
Haltebahnhofs kann hier außer Acht
gelassen werden. Gleiches gilt auch bei
einigen Länder-Tickets mit angrenzenden
(Verbund-)Zonenkarten, wie zum Beispiel
beim Mecklenburg-Vorpommern-Ticket
in Kombination mit den angrenzenden
Tageskarten/Zeitkarten: VBB-Abo-65plus,
VBB-Freizeitticket, Semestertickets, VBBGesamtnetzkarten.
Dagegen müssen Reisende
mit dem Sachsen-Anhalt-Ticket in
Kombination mit den VBB-Angeboten vom
letzten Bahnhof in Sachsen-Anhalt bis zum
ersten Bahnhof in Brandenburg einen zusätzlichen
Fahrschein lösen.
Wenns mal wieder länger dauert
Bei Verspätungen hat der Fahrgast Rechte.
Erreicht der Reisende aufgrund von Verspätung
oder Zugausfall das Ziel seiner Reise
mind. 60 Minuten verspätet, hat er einen
Anspruch auf Erstattung pro Fahrkarte in
Höhe von 1,50 Euro in der 2. Klasse oder
2,25 Euro bei 1. Klasse-Länder-Tickets. Den
Anspruch kann der Reisende aber grundsätzlich
nur geltend machen, wenn innerhalb
der Geltungsdauer der Fahrkarte ein
Mindestanspruchswert von 4,00 Euro zustande
gekommen ist! Das heißt, dass man
bei Fahrten 2. Klasse mindestens drei Reisen
mit je 1 Stunde Verspätung gemacht
haben muss, um dann 4,50 Euro Entschädigung
zu erhalten – für mindestens drei
Stunden verlorene Zeit! Teilt man die dann
noch durch 5 Reisende hat jeder 30 Cent
Ausgleich pro Stunde erhalten. Die maximale
Entschädigung ist auf 25 % des Fahrkartenpreises
begrenzt.
Die Regelung, dass man ab 20 Minuten
Verspätung auf einen InterCity oder ICE
umsteigen kann, also einen sogenannten
Produktübergang kauft (eine Fahrkarte
mit der Differenz zwischen den Fahrpreisen
der Nahverkehr- und der Fernverkehrsfahrkarte)
und diesen hinterher erstattet
bekommt, gilt nur für normale streckenabhängige
Fahrkarten, nicht für Länder-
Tickets. Genauso gibt es keine höhere Entschädigungsstufe
bei über 120 statt „nur“
60 Minuten Verspätung.
Zahlreiche Ausnahmen
Bei den vielen unterschiedlichen Bestimmungen
gibt es zahlreiche Ausnahmen
und Regelunterschiede, die hier gar nicht
alle aufgeführt werden können. Auch unterliegen
Tarifbestimmungen einem steten
Wandel. Also erfragen Sie bitte immer
beim Fahrkartenkauf die aktuellen! Alle
Angaben ohne Gewähr!
Um die Unsicherheit beim Fahrkartenkauf
und der Nutzung der Ländertickets zu
reduzieren, fordert der Berliner Fahrgastverband
IGEB bundesweit einheitliche Regelungen!
Insbesondere bei der Nutzung
des öffentlichen Nahverkehrs (Bus, Straßenbahn
etc.) sowie bei den verschiedenen
länderabhängigen Preismodellen und
Ticketpaletten (siehe Preistabelle) besteht
Handlungsbedarf. Auf keinen Fall darf es
hierbei zu weiteren Preiserhöhungen wie
bisher kommen. (BfVst) Berliner Fahrgastverband IGEB
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