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Märkische Allgemeine, 7. Mai 2011 |
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Märkische Allgemeine, 7. Mai 2011 |
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In SIGNAL 3/2010 berichteten wir bereits über
die Baumaßnahmen der DB am Cottbuser
Bahnhof. Geplante und bereits realisierte
Maßnahmen: Investitionsvolumen 100 Millionen
Euro, davon 50 bis 70 Millionen Euro für
das elektronische Stellwerk, Inbetriebnahme
November 2010; Restsumme für Verlängerung
des Tunnels (bis 2013) und Herstellung
von Barrierefreiheit, eine Erhöhung der Bahnsteige
sowie eine Teil-Überdachung von
Bahnsteigen (bis 2015).
Man sollte annehmen, dass bei einer Investitionssumme
von 100 Millionen Euro bestehende
Strukturprobleme gleich mit gelöst
werden. Dies sieht die DB offenbar nicht so –
oder: Die DB hat einfach nicht daran gedacht!
Bestehende Strukturprobleme:
- Weit auseinander liegende Gleise als Folge
der Verlagerung des Empfangsgebäudes
von Mittel- in Randlage im Jahr 1978
- Schlechte Anbindung des Nordausgangs
des Bahnhofs an das Stadtzentrum
- Schlechte Anbindung des ÖPNV an den
Bahnhof
Ohne die Strukturprobleme des Bahnhofs,
deren Lösung bereits anlässlich der Bahnhofsumgestaltung
1995 (zur Bundesgartenschau)
diskutiert, aber nicht realisiert wurde, zu berücksichtigen,
hat die DB nun bereits das elektronische
Stellwerk fertig gestellt auf der Basis
des bestehenden Gleisbildes.
Vermutlich ist den Planern die Existenz der
vorhandenen Probleme völlig entgangen.
Man kommt nicht umhin, dies als Fehlplanung
zu qualifizieren.
Ein Grund dafür ist sicherlich, dass für den
Cottbuser Bahnhof überhaupt kein Konzept
für eine zukünftige Gestaltung existiert. Kurioserweise
argumentiert die DB für den zweiten
Teil der Investitionen nun damit, dass ja bereits
das elektronische Stellwerk fertig ist und
deshalb strukturelle Änderungen zu teuer
werden. Die zweite Fehlplanung wird also mit
der ersten begründet! Eine Meisterleistung.
Öffentlichkeitsarbeit der DB
Aufmerksam wurde ProTramCottbus auf das
Problem erst, als die Cottbuser Stadtverwaltung
Ende 2009 Pläne zur Verlängerung des
Fußgängertunnels vorstellte. Zu diesem Zeitpunkt
war der Bau des elektronischen Stellwerks
bereits weit fortgeschritten. Kurzum:
Die Öffentlichkeit wurde hier überhaupt nicht
einbezogen und eine Mitwirkung der Bürger
somit völlig umgangen.
Aber auch jetzt lässt die DB keine Luft an
ihre Planungen. Bereits im Mai 2010 unterbreitete
ProTramCottbus der zuständigen
Bahnhofsmanagerin Alternativvorschläge (in
Signal 3/2010 dargestellt), die allerdings in
keiner Weise berücksichtigt wurden. Dabei
stellte sich weiter heraus, dass die DB für den
Bahnhofsumbau keine Eigenmittel einsetzt,
die Öffentlichkeit also durchaus ein Mitspracherecht
haben sollte!
Die Arroganz der DB kommt insbesondere
in folgender sinngemäßer Äußerung der
Bahnhofsmanagerin zum Ausdruck: „Der
Cottbuser Bahnhof wird in seiner jetzigen
Struktur auch noch in 100 Jahren existieren“.
Die Investitionen für den Cottbuser Bahnhof
sind zweifellos nicht mit denen für den
Stuttgarter Bahnhof vergleichbar. Die Herangehensweise
bei der Planung zeigt jedoch
deutliche Parallelen: Die Öffentlichkeit nicht
oder nur unzureichend informieren und erst
mal planen und bauen!
Seit der Straßenbahndiskussion 2009 weiß
man, dass die Cottbuser Bevölkerung durchaus
zu umfassenden Protestaktionen bereit ist.
Will die DB neben den bereits existierenden
öffentlichkeitswirksamen Diskussionen, z. B.
„Stuttgart 21“oder „BBI-Anbindung“, tatsächlich
eine weitere Diskussion initiieren – also
ein „Klein-Stuttgart“ in Cottbus?
Und die Stadtoberen?
Die verantwortlichen Kommunalpolitiker tun
so, als ob die Sache sie überhaupt nichts anginge.
Sinngemäße Reaktion des Vorsitzenden
des Verkehrsausschusses: „Versuchen Sie
doch, die Angelegenheit mit dem Bahnkundenverband
zu regeln!“. Und die Beigeordnete
für Verkehr zeigt sich in schöner Eintracht
mit der Bahnhofsmanagerin. Möglicherweise
soll die gezeigte Eintracht ja auch davon ablenken,
dass sich die Stadt gegenüber der DB
nicht durchsetzen kann, oder dass eine Abstimmung
der Pläne mit der jeweils anderen
Partei im Sinne einer konstruktiven Zusammenarbeit
überhaupt nicht stattfindet.
In einer Sendung des RBB vom 22. November
2010 wurde behauptet, dass der Cottbuser
anzulasten – was dann aber die Frage nach der
mangelhaften Baustellensicherung aufwirft.
Es bleibt zu hoffen, dass die DB wenigstens
ihr am 29. März bekräftigtes Versprechen einhält:
„Ab Fahrplanwechsel am 12. Dezember
2011 werden die Regional- und Fernverkehrszüge
zwischen Königs Wusterhausen und
Cottbus dann wie vorgesehen mit 160 Kilometern
pro Stunde unterwegs sein.“
Bahnhof der größte in Brandenburg sei. Mag
sein! Ein Bahnkunde merkt davon aber außer
der benutzerunfreundlichen Weitläufigkeit
kaum etwas.
Denn der Cottbuser Bahnhof ist in seiner
jetzigen Gestalt fürwahr kein Aushängeschild.
Jeder Fremde, der Cottbus zum ersten Mal hier
betritt, schlägt die Hände über dem Kopf zusammen
und fragt sich, ob er nun in einer Fast-
Großstadt oder in der Walachei angekommen
ist. Und das soll für die nächsten 100 Jahre so
bleiben? Jedem echten Cottbuser stehen bei
diesem Gedanken die Haare zu Berge! Nur
den Stadtoberen und der DB nicht.
Interessant dürfte es werden, wenn die
Protestwelle sich aufbaut. Wie werden Stadtverwaltung
und Stadtparlament sich wohl
verhalten? Riskieren sie tatsächlich weiteren
Frust gegen sich?
Zusammenarbeit tut not!
Die derzeitigen jeweils einseitigen Planungen
von Stadt und DB ohne Berücksichtigung der
Belange der jeweils anderen Seite sind eher
geeignet, Bahnkunden abzuschrecken und
entfernen Cottbus von der Bedeutung eines
wichtigen Verkehrsknotenpunkts, den unsere
Stadt eigentlich darstellen sollte. Dabei ignorieren
beide Seiten konsequent die positiven
Auswirkungen einer zweckdienlichen Zusammenarbeit.
Eine Zusammenarbeit hinsichtlich
der Bahnhofsgestaltung einerseits und der
Gestaltung des Bahnhofsumfeldes sowie der
Verkehrsanbindung des Bahnhofs andererseits
brächte für beide Seiten Vorteile: für die
Bahn: Kundengewinnung, für die Stadt: Besucher-
und Bürgerfreundlichkeit, attraktive
Stadtgestaltung, Verbesserung der Infrastruktur
und verbesserte touristische Erschließung.
Man kann nicht ausschließen, dass die Lösungsvorschläge
von ProTramCottbus aus guten
Gründen abgelehnt werden. Gegenwärtig
jedoch stehen sie ohne zwingende Gegenargumente
im Raum.
Gesetzt den Fall, DB und Stadt seien lernfähig,
sollten sie die Stuttgarter Erfahrungen
zum Anlass nehmen, mit ProTramCottbus und
anderen interessierten Bahnkunden die Diskussion
zu suchen.
Cottbus steht kurz vor dem Beginn der
Planungsphase. Es besteht also durchaus die
Chance, durch Diskussionsbereitschaft seitens
der DB einen öffentlich ausgetragenen Konflikt
noch zu vermeiden. Sollte dies gelingen,
könnte die Lösung sogar Beispiel gebend für
andere Projekte wirken.
Weitere Infos auf der neu gestalteten Internet-
Seite www.protramcottbus.de ProTramCottbus
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