|
Vor 30 Jahren, am 3. Juli 1980 wurde in Berlin-Charlottenburg der Berliner Fahrgastverband IGEB gegründet. Damit ist die IGEB der älteste aktive Fahrgastverband Deutschlands und inzwischen eine viel beachtete Stimme in der Berliner Verkehrspolitik. Foto und Montage: Raul Stoll |
|
Das IGEB Signet in den 80er Jahren. |
|
1989: IGEB-Vorsitzender Gerhard J. Curth (links) im Gespräch mit Berlins Verkehrssenator Horst Wagner (SPD) bei der Eröffnung des IGEB-Fahrgastzentrums im S-Bf Wedding. Foto: IGEB-Archiv |
|
Vor 30 Jahren, am 3. Juli 1980, wurde der Berliner
Fahrgastverband IGEB gegründet, damals
als Interessengemeinschaft Eisenbahn
Berlin e. V. Anlass für die Gründung waren
die Unzulänglichkeiten im Transitverkehr
zwischen West-Berlin und Westdeutschland.
Niemand im Westen fühlte sich dafür
zuständig, weil der Verkehr von der Deutschen
Reichsbahn (DR) mit Sitz in Ost-Berlin
betrieben wurde.
Impuls von außen
Der IGEB-Gründer und erste Vorsitzende
Gerhard J. Curth kam 1973 aus Bayern nach
Berlin, war also nicht durch die Nachkriegserfahrungen
der West-Berliner mit Luftbrücke,
Berlin-Ultimatum, Mauerbau und
S-Bahn-Boykott geprägt. Er war überzeugt,
Verbesserungen im Transitverkehr nur dann
erreichen zu können, wenn man mit dem
Verantwortlichen spricht. Und das war nun
einmal die Deutsche Reichsbahn der DDR.
Dazu passend war das erste IGEB-Signet ein
Flügelrad.
Als dann im September 1980 die Reichsbahner
in West-Berlin streikten, stellte die
DR auf der Hälfte des S-Bahn-Netzes in
West-Berlin den Verkehr ein. Wichtige Strecken
wie die Ringbahn und die Wannseebahn
wurden nicht mehr befahren. Ab nun
kümmerte sich die IGEB intensiv auch um
die Berliner S-Bahn und zunehmend auch
um das Verkehrsangebot der BVG.
Aufgrund der zusätzlichen Schwerpunkte
wurde der Name 1987 in „Interessengemeinschaft
Eisenbahn, Nahverkehr und
Fahrgastbelange Berlin“ geändert. So ist die
IGEB bis heute im Vereinsregister eingetragen.
Daraus wurde dann in der Öffentlichkeitsarbeit
allmählich der Berliner Fahrgastverband
IGEB.
Unter Beobachtung durch Stasi
und Verfassungsschutz
Die IGEB-Gründung 1980 hat die Verantwortlichen
in Ost und West verunsichert. Irritierend
war zum einen, warum sich ein Verein
für die Interessen der Benutzer öffentlicher
Verkehrsmittel einsetzte. Zum anderen
machte sich die IGEB dadurch verdächtig,
dass sie sich mit der Deutschen Reichsbahn
und ihrem Verkehrsangebot befasste. Die
Staatssicherheit im Osten (Stasi) und der Verfassungsschutz
im Westen waren alarmiert
und beobachteten die IGEB-Aktivitäten und
insbesondere den Vorsitzenden Gerhard J.
Curth schon bald mit großem Misstrauen.
Die deutsche Wiedervereinigung ermöglichte
es, dass die in der DDR angelegte Akte
über die operative Personenkontrolle (OPK)
des IGEB-Vorsitzenden nun einsehbar ist. Sie
dokumentiert eindrucksvoll, wie groß die
Verunsicherung über Motive und Ziele seiner
Vereinsarbeit war, bevor nach vierjähriger intensiver
Überwachung 1986 festgestellt wurde,
„daß der Verdacht der Untergrundtätigkeit
gegen die Deutsche Reichsbahn in Westberlin
bei Gerhard Curth nicht zutreffend ist.“
Ein zeitgeschichtliches Dokument
20 Jahre nach der Wiedervereinigung hält
der heutige IGEB-Vorstand in Absprache mit
seinem damaligen Vorsitzenden Gerhard J.
Curth die Zeit für reif, die interessantesten
Seiten über Anlass und Ergebnis der Überwachung
auf den nachfolgenden Seiten zu
veröffentlichen. Alle wesentlichen Informationen,
die die Inoffiziellen Mitarbeiter
Sicherheit (IMS) der Stasi über die IGEB berichtet
haben, stimmen. So ist die Akte ein
spannendes zeitgeschichtliches Dokument
über das Nachkriegs-Berlin in der Zeit von
Teilung und Kaltem Krieg – und über die
Anfänge und die Arbeitsweise des ältesten
noch heute aktiven Fahrgastverbands
Deutschlands.
Informationen über die „Stasi“ und die auf
den nachfolgenden Seiten verwendeten Abkürzungen
gibt es unter www.bstu.bund.de Berliner Fahrgastverband IGEB
|