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Die S-Bahn nach Velten war Titelthema in SIGNAL 2/2010 |
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Mitte April 2010 wurde eine Kurzfassung
der „Standardisierten Bewertung“ einer
S-Bahn-Verlängerung Hennigsdorf—Velten
der Öffentlichkeit vorgestellt. Demnach ist
mit einem bewerteten Nutzen von 1,35 der
Wiederaufbau der S-Bahn vom heutigen
Hennigsdorf in das nördlich gelegene Velten
wirtschaftlich darstellbar. Der 6,2 km lange
Abschnitt soll sogar einen neuen Zwischenbahnhof
Hennigsdorf Nord erhalten. Die
Anpassung der Signaltechnik und Stromversorgung
soll knapp 14 Millionen Euro kosten.
Das der Untersuchung zugrundeliegende
Betriebskonzept wurde in SIGNAL 2/2010
ausführlich vorgestellt.
Eine Unterschriftenaktion der Stadt Velten
den S-Bahn-Anschluss erbrachte im Mai/Juni
12 366 Unterschriften. Die Unterschriften
wurden von Veltens Bürgermeisterin Ines
Hübner an Ministerpräsident Matthias Platzeck
übergeben.
Die Initiative der Region ist lobenswert.
Denn durch die Untersuchung stehen jetzt
endlich belastbare Zahlen zur Verfügung.
Bisher war es immer so, dass das Verkehrsministerium
in Potsdam (wie bei ähnlichen
Forderungen aus anderen Regionen auch)
behauptete, dass ein Wiederaufbau wirtschaftlich
nicht darstellbar sei.
Leider hängt unmittelbar mit dem Wiederaufbau
der S-Bahn von Hennigsdorf nach
Velten ein weiteres ungelöstes Verkehrsproblem
zusammen: der zweigleisige Wiederaufbau
der Kremmener Bahn für S-Bahn und
Regionalverkehr. Die Landesregierungen
von Berlin und Brandenburg haben es sich
bequem eingerichtet mit dem derzeitigen
Status Quo bei der Linienführung des Regionalverkehrs.
Es funktioniert irgendwie im
jetzigen Zustand. Daran soll möglichst nichts
verändert werden (keine neuen Begehrlichkeiten
wecken!).
Dass der Wiederaufbau der gesamten
Kremmener Bahn – also das Schließen der
S-Bahn-Lücke zwischen Hennigsdorf und
Velten UND der Regionalgleise von Hennigsdorf
nach Gesundbrunnen – sinnvoll
sein kann, wird nicht gesehen. Eine S-Bahn-
Verlängerung würde weitere Autofahrer zum
Umsteigen auf den öffentlichen Verkehr animieren
– das hat die Untersuchung gezeigt.
Wäre die S-Bahn sogar komplett zweigleisig
wieder aufgebaut, könnten die Züge schneller
fahren. Ein weiterer Vorteil für den Regionalverkehr:
Es entfielen die zeitraubenden
und teuren Umwegfahrten über Falkenhagen
(RE 6 und RB 20) und Karow (RE 5). Die
Züge würden den direkten und kürzeren
Weg nehmen können – mit einem enormen
Zeitvorteil von möglicherweise mehr als
10 Minuten. Damit wird deutlich, dass „nichts
verändern“ auch heißt: Nichts verbessern,
keine neuen Fahrgäste gewinnen!
Wie wenig Bereitschaft bei den beiden
beteiligten Ländern zum Schließen der
Schienenlücken vorhanden ist, zeigt der Wiederaufbau
der Regionalverkehrsstrecke zwischen
Wilhelmsruh und Basdorf. Auch hier
gilt: Nichts verändern, alles so lassen, wie es
ist. Forderungen mit dem Hinweis auf dafür
nicht vorhandenes Geld abschmettern. Auch
hier wieder: jahrelanges Prüfen, vertrösten,
relativieren. Wichtig ist, dass alles so bleibt,
wie es ist. Dabei war der Bedarf für diese
Verbindung im vergangenen Jahr deutlich
geworden, als während des S-Bahn-Ausfalls
einige Wochen lang Züge auf Regionalbahngleisen
von Hennigsdorf über die Stettiner
Bahn bis Berlin-Gesundbrunnen fuhren.
Der DBV wünscht sich eine offensivere Herangehensweise
seitens der Landespolitik.
Im Vordergrund sollte die Frage stehen, wie
mehr Fahrgäste für den öffentlichen Verkehr
gewonnen werden können! Die Herstellung
der Infrastruktur für S-Bahn und Regionalbahn
Velten—Hennigsdorf—Tegel—Gesundbrunnen
wäre wegweisend und ein
wichtiges Zeichen für die Region.
Derzeit aber mehren sich die Zeichen, dass
das Land die Kommunalpolitiker wieder einmal
mit der Zuspitzung „entweder S-Bahn
oder Regionalbahn“ lähmen wird. Das führt
regelmäßig zum Streit und am Ende geschieht
gar nichts. Das können sich die Veltener
in Falkensee, Rangsdorf und Teltow/
Kleinmachnow ansehen.
Erschweren kommt hinzu, dass Berlin nur
sein Stadtgebiet betrachtet und deshalb den
Regionalverkehr für in weiten Teilen überflüssig
hält und die Brandenburger Landespolitik
es genau anders herum hält: Hier ist der Regionalverkehr
das wichtigste Verkehrsmittel
und die S-Bahn wird nur „geduldet“.
Deshalb sei nochmals betont: Eine Metropolenregion
wie Berlin-Brandenburg mit
über 4 Millionen Einwohnern kann sehr wohl
auf den wichtigsten Nahverkehrsachsen eine
S-Bahn gebrauchen, die alle zwei bis vier Kilometer
hält und einen schnelleren Regionalverkehr,
der seine Stopps nur auf den wichtigen
Unterwegsbahnhöfen einlegt. Der DBV
sieht solche Potenziale auch für die S-Bahn-
Verlängerung von Hennigsdorf nach Velten
und die direkte Durchbindung des Prignitz-
Expresses von Hennigsdorf über Tegel nach
Berlin-Gesundbrunnen.
20 Jahre nach dem Mauerfall wird immer
noch um die Wiederherstellung des
Schienennetzes gestritten. Dieser Umstand
sagt viel über den Stellenwert der Bahn in
der Tagespolitik aus. Bezeichnend dafür ist,
dass auf dem Landesparteitag der SPD am
12. Juni eine Mehrheit dagegen stimmte, den
S-Bahn-Anschluss von Velten auch nur auf
die Tagesordnung zu setzen. DBV Berlin-Brandenburg
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