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Wer Bahn fährt, der tut etwas für die Umwelt.
Wer fliegt, der tut meistens vor allem etwas
für seinen Geldbeutel. Wer zum Weltklimagipfel
nach Kopenhagen mit der Bahn fuhr,
brauchte nicht nur viel Zeit, sondern auch
viel Geld. Denn der Staat langt beim umweltfreundlichen
Verkehrsträger Bahn ordentlich
zu: Mehrwertsteuer auf Tickets, Abgaben
auf Diesel und Strom – nicht zuletzt
auch für den in Kyoto vereinbarten Emissionshandel.
Kosten, die den Fahrpreis allein
durch die Mehrwertsteuer in Deutschland
um 19 Prozent erhöhen. Wer fliegt, kann das
häufig zu Taxi-Preisen tun. Denn bei internationalen
Flugtickets verzichtet der Staat
großzügig auf die Mehrwertsteuer, Kerosin
ist steuerfrei und vom Emissionshandel sind
die Airlines ausgenommen. Die Branche also,
die als Klimakiller Nummer eins gilt, weil die
CO2-Emissionen in der Luft drei- bis viermal
so schädlich sind wie auf dem Boden, wird
finanzpolitisch gestützt, während die Bahntickets
belastet werden.
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Die massive Benachteiligung der Eisenbahn bei der Besteuerung trägt dazu bei, dass in der EU nur 17 Prozent der Güter auf der Schiene transportiert werden, während es in den USA 40 Prozent sind. Im Bild ein Güterzug auf dem Berliner Außenring. Foto: Christian Schultz |
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Verkehr in Europa ist zu billig, nur der umweltfreundliche
ist zu teuer. Bahnen, Umweltverbände
und auch wir Grünen kritisieren diesen
Zustand seit Jahren. Inzwischen hat diese
Position einen weiteren und durchaus mächtigen
Fürsprecher: den Deutschen Bundesrat.
So heißt es in einem am 18. September 2009
vom Bundesrat einstimmig gefassten Beschluss
(Bundesrats-Drucksache 603/09), die
politischen Rahmenbedingungen führten zu
„einer Benachteiligung der Eisenbahn – dem
umweltverträglichsten Verkehrsmittel“ und
würden „damit dem Ziel der Minderung von
CO2-Emissione entgegenwirken“.
Konkret heißt es da: „Regulierungen wie
die ab 2013 umzusetzende hundertprozentige
Auktionierung der Emissionszertifikate
des Bahnstroms und eine auf 15 Prozent beschränkte
Auktionierung der Luftverkehrsemissionen
(Klimapaket der EU) sowie die
unveränderte energiesteuerliche Befreiung
des Luft- und Schiffsverkehrs stellen eine
Ungleichbehandlung dar, die zu weiteren
Verwerfungen im Verkehrssektor mit ungewollten
Konsequenzen führen kann“.
Die Länderkammer will, dass die EU-Kommission
„Maßnahmen zur Angleichung der
Wettbewerbsbedingungen auf dem Verkehrsmarkt
vorschlägt“. Und das zu Recht,
denn der Verkehr in der EU ist für ein Drittel
aller CO2-Emmissionen verantwortlich. Seit
1990 sind sie um 35 Prozent gestiegen, während
sie zum Beispiel in der Industrie und
bei der Gebäudesanierung um 10 Prozent
gesunken sind. Der Verkehr frisst also doppelt
und dreifach auf, was in anderen
Sektoren mit Milliarden-
Summen unserer Steuergelder
erreicht wurde. Dass der Schadstoffausstoß
im Verkehr steigt,
liegt vor allem am hoch subventionierten
Straßen- und Flugverkehr. Letzterer hat seit
1990 seinen CO2-Ausstoß sogar verdoppelt.
Während in der EU für alle Züge und
auf jedem Schienenkilometer eine in
der Höhe nahezu unbegrenzte Maut
erhoben werden muss, ist die Straßenmaut
eine freiwillige Angelegenheit der
EU-Mitgliedstaaten. Zudem wird sie nur
auf bestimmten Strecken, vornehmlich
Autobahnen, erhoben, ist in der Höhe
gedeckelt und zudem auf große Lkw ab
12 Tonnen begrenzt. Das Ergebnis dieser
Rahmenbedingungen ist deutlich sichtbar:
In der EU werden nur 17 Prozent der
Güter auf der Schiene transportiert – im
Highwayland USA sind es 40 Prozent.
Diese unfairen Rahmenbedingungen zugunsten
der Klimakiller sind der Hintergrund,
auf dem der Bundesrat jetzt in Richtung
EU-Kommission klarstellte, dass es „zur umweltverträglicheren
Ausgestaltung des Verkehrssektors
(…) eines fairen Wettbewerbs“
bedarf. Mahnende Worte an den neuen Verkehrskommissar
Sim Kallas und an die alte
EU-Kommission, die sich immer mehr vom
ökologischen Umbau des Verkehrssektors
verabschiedet hatte.
Jüngstes Beispiel ist die Kommissions-
Mitteilung „Eine nachhaltige Zukunft für
den Verkehr“, auf die der Bundesrat mit
seiner Stellungnahme vom 18. September
2009 reagiert hat. In der Mitteilung wird
nämlich auf ein konkretes Reduktionsziel
der CO2-Emissionen bis 2020 verzichtet. Eine
Zurückhaltung, die die EU in keinem anderen
Sektor an den Tag legt! Der Bundesrat
hat erfreulicherweise auch hier „ein ambitioniertes
Minderungsziel für die verkehrsbedingten
Klimagasemissionen“ gefordert
und hält „minus 20 Prozent bis zum Jahr
2020“ für sachgerecht.
Für den neuen Bundesverkehrsminister
Peter Ramsauer (CSU) haben die deutschen
Länder mit ihrem mutigen Entschluss einen
klaren Leitfaden vorgeben. Der Konsens,
der hier durch die Landesregierungen
von CSU bis Linkspartei ausgedrückt
ist, könnte ihm bei der Durchsetzung von
flächendeckender Lkw-Maut oder einer
EU-weiten Kerosinssteuer den Rücken stärken.
Voraussetzung dafür ist aber, dass der
neue Verkehrsminister seine neue Aufgabe
weniger in der Beschleunigung des bayerischen
Autobahnbaus sieht, als im Beitrag
zur Bewahrung der Schöpfung.
Michael Cramer, MdEP
Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament
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