|
Fernbus nach Dresden des DB-Unternehmens BEX am Flughafen Berlin-Schönefeld. Statt auf der Schiene engagiert sich die Deutsche Bahn jetzt auf der Straße. Die Fernbusse Berlin—Dresden erreichen ähnliche Fahrzeiten wie die EuroCity-Züge in dieser Relation, die Fernbusse Nürnberg—Prag bieten sogar deutlich kürzere Fahrzeiten als die direkten RegionalExpress-Verbindungen. Zugleich werden bei beiden Bahnstrecken Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau der Infrastruktur und damit zur Beschleunigung des Schienenverkehrs unterlassen bzw. verschleppt. Foto: Christian Schultz |
|
Seit dem 9. August 2009 bestehen zwischen
Nürnberg Hbf und dem Bahnhof Praha hl.n.
direkte Express-Fernbusverbindungen. Die
Fahrpreise der Busse sind niedriger und die
Fahrzeiten deutlich geringer als bei den
beiden umsteigefreien RegionalExpress-
Zugpaaren. Unverständlich ist dieser Schritt
auch vor dem Hintergrund, dass die Verbesserungspotenziale
im Schienenverkehr
bisher nicht genutzt wurden. Auf die Straße
zu setzen, sollte für Bahnunternehmen eigentlich
nur eine Notlösung
sein, wenn beispielsweise
am Zielort keine Schienenanbindung
existiert.
Der Expressbus-Verkehr
zwischen Nürnberg und
Prag ist ein Kooperationsprodukt
der Deutschen
Bahn DB und Tschechischen
Bahnen ČD. Pro Tag und
Richtung werden sechs
Busverbindungen im 2-Stunden-Takt angeboten.
Zwischen Nürnberg Hbf und dem
Bahnhof Praha hl.n. gibt es dabei keine planmäßigen
Zwischenhalte. Die Fahrzeiten der
Busse sind mit 3 Stunden 45 Minuten deutlich
geringer als bei den beiden RegionalExpress-
Zugpaaren mit 5 Stunden 15 Minuten.
Die eingesetzten Fernbusse verfügen über
die 1. und 2. Klasse, eine Bordküche mit Kalt und
Heißgetränken sowie kleinen Snacks,
Bord-WC und Steckdosen am Platz.
Außerdem gilt in den Expressbussen auch
das Angebot „Europa-Spezial“. Die einfache
Fahrt von Nürnberg nach Prag ist so bereits
ab 19 Euro erhältlich (allerdings in Abhängigkeit
von der Verfügbarkeit). Die Aktionspreise
müssen jedoch mindestens 3 Tage
vor Reiseantritt gebucht werden. Zum Vergleich:
Das „Prag Spezial“ für das parallele
Schienenangebot kostet 51 Euro pro Person
für die Hin- und Rückfahrt in der 2. Klasse.
Für die Plätze in den Fernbussen besteht
eine Reservierungspflicht. Bei gleichzeitigem
Fahrscheinkauf ist jedoch die Reservierung
im Fahrpreis enthalten – im Gegensatz
zur kostenpflichtigen Platzreservierung für
eine Fahrt im InterCity oder ICE!
Fernzüge Nürnberg—Prag
2004 eingestellt
Nach der Strecke Berlin—Dresden wird nun
also eine weitere Fernbuslinie mit Beteiligung
der Deutschen Bahn angeboten. Unverständlich
ist dies vor allem vor dem Hintergrund,
dass die Attraktivitätssteigerung
und Verbesserung des Schienenverkehrsangebotes
für ein Bahnunternehmen vorrangige
Aufgabe sein müsste. Aber auch nach
dem EU-Beitritt Tschechiens zeigte die Deutsche
Bahn bisher praktisch kein Interesse an
der Weiterentwicklung des Bahnangebots
zwischen Nürnberg und Prag. Im Gegenteil:
Der Fernverkehr wurde zum Fahrplanwechsel
im Dezember 2004 aus kurzsichtigen betriebswirtschaftlichen
Gründen eingestellt.
Daraufhin bestellte erfreulicherweise die
Bayrische Eisenbahngesellschaft (BEG) ersatzweise
Leistungen des Regionalverkehrs
bei DB Regio. Gerade einmal zwei umsteigefreie
RegionalExpress-Verbindungen
werden so in dieser Relation im laufenden
Fahrplanjahr angeboten, zwei weitere direkte
Zugpaare verkehren zwischen München
und Prag. Das Angebot ist damit weit entfernt
von einem attraktiven Taktfahrplan.
Die Züge benötigen angesichts häufiger
Halte – Hauptaufgabe ist schließlich die regionale
Erschließung – für die Strecke Nürnberg—
Prag eine mit 5 Stunden 15 Minuten
deutlich längere
Fahrzeit als die
Expressbusse
und sind zudem
noch teurer.
Entsprechend
einer Bestellung
der BEG und des
Ministeriums
für Verkehr der
Tschechischen
Republik wird
es ab dem Fahrplanwechsel
im
Dezember 2009
zwar auch Verbesserungen
im Schienenverkehr
geben,
die derzeitigen
Fernbus-Fahrzeiten
werden damit jedoch nicht annähernd
erreicht. Ab benanntem Zeitpunkt
wird nunmehr die Vogtlandbahn GmbH
im deutschen Abschnitt die Zugleistungen
Nürnberg—Prag unter dem Produkt „alex“
übernehmen. Die alex-Dieselloks werden
künftig bei allen Zügen grenzüberschreitend
bis Pilsen eingesetzt, wodurch der
zeitraubende Lokwechsel in Furth im Wald
entfällt. Die Fahrzeiten verkürzen sich dadurch
um rund 20 Minuten. DB Regio hat
die entsprechenden Leistungen damit an
die Vogtlandbahn GmbH verloren, der ersatzweise
Einsatz von Fernbussen durch die
Deutsche Bahn ist jedoch Konkurrenz an
falscher Stelle.
Es geht auch anders: RE 100
|
Die Linie RE 100 Dresden—Wrocław (hier in Legnica) als Vorbild: Kurze Fahrzeiten, moderne Fahrzeuge und spezielle Tarifangebote machen diese internationale Verbindung attraktiv. Foto: Florian Müller |
|
Dass es durch koordinierte Abstimmung
des Angebotes auch anders geht, beweist
die seit dem 1. März 2009 bestehende RegionalExpesslinie
100 Dresden—Görlitz—
Wrocław (Breslau). Für den Einsatz auf dem
polnischen Schienennetz umgebaute, klimatisierte
Dieseltriebwagen (Baureihe 642),
Fahrzeitverkürzungen und die Einführung
des Tarifangebots „Dresden-Wrocław Regio
Spezial“, verbunden mit guter Werbung,
führten in dieser Relation zu einer erfreulichen
Attraktivitätssteigerung des Zugangebotes.
In der Relation Nürnberg—Prag
wären u. a. durch konsequente Trennung
der regionalen und überregionalen Erschließung
mit entsprechenden Angeboten des
Schienenverkehrs und nicht zuletzt durch
(allerdings nur langfristig möglichen) Ausbau
bzw. Elektrifizierung der Infrastruktur
deutliche Verbesserungen möglich. Und:
Warum gibt es zwischen Nürnberg und Prag
bzw. auch München und Prag eigentlich bis
heute kein Angebot analog dem „Berlin-
Warszawa-Express“? Deutscher Bahnkunden-Verband
|