Aktuell

Regionalnetze im Land Brandenburg -

Die Zukunft des Schienenverkehrs in den ländlichen Entwicklungsräumen

Der Deutsche Bahnkunden-Verband Pro Bahn Brandenburg legt ein umfassendes Themenpapier zum Erhalt und Ausbau des Personen- und Güterverkehrs in den strukturschwachen Regionen Brandenburgs vor:

Der Anlaß

Seit zwei Jahren zieht sich die Deutsche Bahn AG mehr und mehr aus der Fläche im Land Brandenburg zurück. Wurden ab 1994 zunehmend Ginertarifpunkte geschlossen und Anschlußbahnverträge gekündigt, erfolgte 1995 auf 157 Kilometern Strecke die Einstellung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV). Das gleiche Schicksal droht 1996 Bahnlinien mit insgesamt 264 km Streckenlänge. Die entstehenden Netzlücken gefährden den sinnvollen Weiterbetrieb benachbarter Bahnen. Das scheinbar unwiderlegbare Argument der DB AG ist Umwirtschaftlichkeit - allerdings eine eigenverantwortete! Die für abgrenzbare Nebennnetze vollkommen ungeeigneten Organisations - und Produktionsstrukturen des Konzerns in Form von unabhängigen Geschäftsbereichen schließen notwendige Synergieeffekte zwischen Personen- und Güterverkehr sowie Netzbetrieb aus, schufen einen aufgeblähten Verwaltungsmittelbau und zerstörten das Gemeinschaftsgefühl aufeinander angewiesener Eisenbahner.

Im folgenden wird deshalb der Nachweis erbracht, durch den Aufbau von regionalen Bahngesellschaften die Nebenbahnnetze im Land Brandenburg wiederzubeleben. Die Ergebnisse - Verdopplung des SPNV-Angebotes bei gleichzeitiger Defizitminderung von bis zu 55 Millionen DM pro Jahr - lassen wohl kaum Alternativen zu.

Aus den Gesetzen zur Bahnreform

Mit dem Beginn der Regionalisierung des SPNV am 1 Januar 1996 wird in Deutschland das Besteller-Ersteller-Prinzip eingeführt und somit die EG-Verordnung 1893/91 umgesetzt. Durch das Eisenbahnneuordnungsgesetz des Bundes erhalten zu diesem Zeitpunkt die Bundesländer die Zuständigkeit für die Organisation, Regie und Finanzierung des Schienennahverkehrs auf ihrem Gebiet. Zur Bewältigung der Aufgaben wird der Bund jährlich die Länder mit Mitteln aus dem Mineralölsteueraufkommen ausstatten.

Nach § 26 des Artikels 1 des Gesetzes zur Zusammenführung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen ist eine kostenfreie Übergabe derjenigen Liegenschaften, die für den weiteren Bahnbetrieb direkt bzw. indirekt notwendig sind, von der DBA G an Gebietskörperschaften möglich, wenn der jeweilige Aufgabenträger die SPNV-Nutzung für 15 Jahre und die lnfrastrukturvorhaltung für 30 Jahre zusagt. Dies gilt allerdings nur für Strecken, wo die DB AG selbst kein Betriebsinteresse mehr hat, d. h. ein Stillegungsverfahren durch die DBAG angestrebt bzw. aufgenommen wird.

Die endgültige Stillegung von Eisenbahninfrastruktur ist laut §11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) nunmehr erst möglich, wenn Übernahmeverhandlungen mit sogenannten Dritten (nach Auslegung des Bundeseisenbahnamtes die betroffenen Gebietskörperschaften, vor Ort bestehende NE-Bahnen und Güterverlader) gescheitert sind.

Das ÖPNV-Gesetz des Landes

Um die EU-Vorgaben und die Regionalisierung in Landesrecht umzusetzen, wurde am 11. Oktober 1995 auch im Land Brandenburg ein ÖPNV-Gesetz verabschiedet.

Das Gesetz enthält für den SPNV folgende Schlüsselpassagen:

  • Das Eisenbahnnetz soll nachfrage- und bedarfsgerecht sowie leistungsfähig erhalten und ausgebaut werden
  • Die Sicherstellung der SPNV-Bedienungist Aufgabe des Landes
  • Das Land kann den SPNV auf Nebenstrecken beantragenden Landkreisen als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung übertragen. Dies geschieht per Vereinbarung zwischen Land und Landkreis(en) auf der Grundlage einer zu erlassenden Rechtsverordnung.
  • Bis zum 30.6.96 ist der Nahverkehrsplan für den SPNV aufzustellen
  • Das Land finanziert mit den Mitteln gemäß §8 Abs. 1 und 2, GVFG-Mitteln sowie originären Landesmitteln den SPNV

Wer fährt auf welchem Netz?

Mit der Bahnreform ist die Öffnung des Schienennetzes der DBAG bzw. anderer Schienennetzbetreiber für alle Anbieter von Eisenbahnverkehrsleistungen (Eisenbahnverkehrsunternehmen) geregelt. Der DBAG-Netzbereich gab dazu z. B. einen Trassenpreiskatalog zur internen Verrechnung mit den DB-Verkehrsbereichen bzw. für Dritte heraus, die auf dem DB-Netz Personen- oder Güterverkehr durchführen. Durch Übemahme, Übertragung nach §26 ENeuG oder Kauf ist auch ein Schienennetzbetrieb durch Dritte (regionale Bahngesellschaften. NE-Bahnen) grundsätzlich möglich.

Somit ergeben sich folgende Varianten:

  1. DBAG-Verkehrsbereiche fahren auf DB AG-Netz
  2. Weitere Eisenbahnverkehrsunternehmen befahren DBAG-Netz
  3. DBAG-Verkehrsbereiche befahren Netz weiterer Eisenbahninfrastrukturunternehmen
  4. Weitere Eisenbahnverkehrsunternehmen betreiben eigene Infrastruktur, d. h.
    • unternehmerische Einheit von Betrieb und Netz
    • Netzausbau ergibt sich direkt aus Betriebskonzept

Das „Zielnetz 2000" - ein entwicklungsbedürftiges Grundgerüst

Im Mai 1994 gab die Projektgruppe Regionalbahn (LEG Brandenburg, DR/DBAG) den Schlußbericht zum „Zielnetz 2000" heraus. Das Zielnetz wurde im August 1995 vom Landeskabinett als Arbeitsgrundlage bestätigt. Obwohl der Projektauftrag lediglich die Anbindung der Regionalen Entwicklungszentren an den Ballungsraum Berlin/Potsdam vorsah, gilt dieses Konzept heute als einziges Regionalverkehrskonzept des Landes Brandenburg. Das Ziel der Landesentwicklung, die strukturschwachen Räume Brandenburgs durch eine leistungsfähige Binnen-Infrastruktur zu stärken, wird durch das Zielnetz 2000 keineswegs erreicht.

ln den Kapiteln Fahrzeuge, Organisation und Finanzierung wurden vorerst Varianten aufgeführt und Rahmenempfehlungen gegeben, Das Liniennetz des Regionalverkehrs umfaßt vier Regionalexpreß- und 12 StadtExpreß-Linien, die sternförmig auf den Hauptstrecken von und nach Berlin ausgerichtet sind sowie 4 Regionalbahnlinien.

Nachteile des „Zielnetzes 2000":

  • Nebennetze werden zerrissen, keine Synergieeffekte durch Netzbildung
  • Vernachlässigung der SPNV-Verbindungen zwischen den zentralen Orten laut Landesentwicklungsplan (Wittenberge - Perleberg - Pritzwalk, Templin - Prenzlau, Jüterbog - Zossen)
  • kostspielige Fahrzeuganschaffungen wegen Kopplung von langen Zugläufen auf elektrischen Hauptstrecken mit kurzen Abschnitten auf Nebenbahnen
  • lnfrastrukturplanung vorerst ohne Güterverkehr, Weiternutzung von SPNV-freien Strecken durch Güterverkehr zu teuer

Die Lösung: Grundnetz + Regionalnetze

  • sternförmiges Grundnetz von und nach Berlin mit schnellen, elektrischen Triebzügen auf den Hauptstrecken
  • regionale Nebennetze (Regionalnetze) zwischen den Achsen mit leichten, kostengünstigen Dieseltriebwagen
  • Verknüpfung zwischen Grundnetz und Regionalnetzen an Knotenbahnhöfen (abgestimmte Fahrpläne: Integraler Taktfahrplan)
  • optimale Verbindung der regionalen Zentren, Berücksichtigung von Relationen innerhalb der Landkreise und Nahverkehrsräume
  • teilweise Durchbindung von Zügen von den Regionalnetzen in das Grundnetz

Grundsätze des Bahnbetriebes auf den Regionalnetzen

  • Ertüchtigung der Nebenbahnen auf eine grundsätzliche Höchstgeschwindigkeit von 80 bis 100 km/h
  • Anpassung der Infrastruktur an einen ins Netz eingebundenen SPNV-Taktfahrplan (Festlegung Kreuzungshalte, Bahnsteigbelegung, Streckenausbau)
  • Rationalisierter Betriebsablauf durch Einsatz effektiver Technik (Ausrüstung der Kreuzungshalte für den Personen- und Güterverkehr mit Rückfallweichen, weitestgehende Einführung von Funkleitbetrieb)
  • Umwandlung von aufkommensschwachen Zugangsstellen in Bedarfshalte, Einrichtung neuer Haltepunkte an potentialer-schließenden Stellen
  • SPNV-Bedienung im Stundentakt, bei Bedarf im Halbstundentakt
  • moderne Leichttriebwagen im Einmannbetrieb, kurzkuppelbar, einheitlicher Fuhrpark, Konzentration der Betriebswerkstätten und Wagenbehandlung
  • Mehrfachqualifizierung des Betriebspersonals (Tfz-Führer, Instandhaltung, Service)
  • Optimierung der Betriebsabläufe des Regionalen Schienengüterverkehrs (RSGV)

Unternehmerische Voraussetzungen für die Regionalnetze

Für die Regionalnetze mit vorgenannten Grundsätzen zu organisieren, bietet sich im Land Brandenburg der Aufbau regionaler Bahngesellschaften mit folgenden Eigenschaften an:

  • zusammenhängendes Streckennetz mit leistungsfähiger Netzgröße
    • effektiver und flexibler Einsatz von Personal und Betriebsmittel
    • betriebswirtschaftlicher Ausgleich zwischen „starken" und „schwachen“ Strecken
  • regionales und eigenverantwortliches Netzund Betriebsmanagement
    • direkter Kontakt zu Landkreisen, Kommunen und Kunden, regionale Identität
  • maßgeblicher Verkehrsanbieter ist zugleich Netzbetreiber
    • direkter Einfluß der Berriebskonzepte des SPNV und RSGV auf den Ausbau und die Sanierung der Infrastruktur
  • keine unternehmerische Trennung von Personen- und Güterverkehr
    • gemeinsamer Personal- und Betriebsmittelpool
    • Beteiligung des RSGV an den Fahrwegkosten, d. h. Entlastung des SPNV

Wege zu regionalen Bahngesellschaften

Um die aufgeführten regionalen Bahngesellschaften zu erhalten, sind grundsätzlich vier verschiedene Wege möglich:

  • Netzbetrieb und Verkehrserbringung durch bestehende NE-Bahnen
    • Beispiel: Niederbamimer Eisenbahn AG (Regionalnetz Niederbarnim)
  • Wiedergründung bis 1945/49 bestandener privatrechtlicher Bahnen bei gleichzeitiger Rückübertragung der Liegenschaften an die alten Eigentümer
    • Beispiel: Brandenburgische Städtebahn, Ruppiner Eisenbahn
  • Neugründung von nichtbundeseigenen Eisenbahnen (NE-Bahnen)
    • Verselbständigung ehemaliger und bestehender Anschluß- oder Werkbahnen
    • Gründung im Zuge des Aufbaus der Regionalnetze auf
      • a) privater,
      • b) kommunaler Basis oder
      • c) Mischformen („public private partnership")
    • Anteilseigner könnten sein:
      • a) Unternehmen der ver- und entladenden Wirtschaft, regionale Handels- und Logistikuntemehmen, projektentwickelnde und -begleitende Consulter, Privatpersonen
      • b) kommunale Zweckverbände (Land, Landkreis, Kommunen), Landkreise, kreisfreie Städte, Landes- oder kommunale Entwicklungsgesellschaften
  • Ausgliederung aus den DBAG-Geschäftsbereichen als DB-Tochter (Beispiele: S- Bahn Berlin GmbH, Usedomer Bäderbahn)

Daß bis heute in Brandenburg kaum NE-Bahnen bestehen, die in der Lage sind, in absehbarer Zeit Verkehrs- oder Fahrwegleistungen anzubieten, hat mehrere Ursachen:

  • das Verkehrssystem Eisenbahn wird aufgrund des Bildes der DR/DBAG in der Fläche als unflexibel, unwirtschaftlich und damit untemehmerisch nicht handhabbar angesehen
  • die Landkreise und Kommunen gehen irrtümlich davon aus, daß sie bei einer weiteren Regionalisierung des SPNV die Betriebsdefizite übemehmen müssen
  • das Land Brandenburg hat bis auf verbale Bekenntnisse zum Wettbewerb auf der Schiene bisher kaum Aktivitäten, um diesen zu fördern, erkennen lassen

Rahmenaufgaben der SPNV-Regieebene beim Land

Das Land Brandenburg als zukünftiger Aufgabenträger des SPNV steht besonders in der Pflicht, die Etablierung von regionalen Bahngesellschaften voranzutreiben, Nicht zuletzt aus eigenem Interesse - um die gewünschten Effekte der regionalen Bahngesellschaften für das Land (Steigerung der SPNV-Leistung bei gleichem absoluten Zuschußbedarf, Wiederbelebung des Schienengüterverkehrs, Erhalt von Dauerarbeitsplätzen in strukturschwachen Gebieten,Bildung von Gewerbesteueraufkommen im Land) zu erreichen, sollte die Zuweisung von folgenden Rahmenaufgaben an die im Zuge der Regionalisierung zu bildende SPNV-Regieebene des Landes erfolgen:

a) Startaufgaben:

  • SPNV-Leistungsvergabe durch Ausschreibungen
  • Vorgaben zu vertiefenden Konzeptionen zu Betriebsführung, Finanzen und Organisation

b) langfristige Aufgaben:

  • Aufbau eines Fahrzeug-, Betriebsmittel- und Personalpools für die Bahnbetreiber
  • zentrale Fahrzeugbeschaffung für die NE-Bahnen (Mengenrabatt !)
  • Fördermittelakquirierung und -management
  • Koordinierung der Zusammenarbeit mit der DBAG, dem Land und dem Verkehrsverbund
  • gemeinsame Marketing- und Verbundstrategien

Ist eine solche Entwicklung beim Land nicht absehbar, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, daß die regionalen Bahngesellschaften sämtliche Aufgaben (ausgenommen der hoheitlichen) auf einen eigenen Querschnittsdienstleister übertragen. In Form einer privatrechtlichen Gesellschaft mit den regionalen Bahngescllschaften als Teilhaber bzw. als unabhängiges Untemehmen (z, B. Deutsche Regionalbahn GmbH) kann diese Firma landesweit Aufbau- und Servicearbeit leisten.

Die „strategische Allianz"

Dieser Begriff wurde in letzter Zeit durch den VDV geprägt und umfaßt die Zusammenarbeit zwischen den NE-Bahnen und der DBAG. Kernpunkte sind dabei:

  • NE-Bahnen sind Voraussetzung für den Wettbewerb auf der Schiene
  • Ohne Nebennetze fehlen der DBAG auf den Hauptstrecken die Fahrgäste und Güterkunden der regionalen Räume
  • Regionale Bahngesellschaften sind oft besser in der Lage, in den Regionen neue Bahnkunden zu gewinnen, die erst dann auch neue Nutzer der DBAG werden
  • zum beiderseitigen Vorteil sind die Schnittstellen und deren Logistik zu optimieren

Regionalnetze in Brandenburg

Aufgrund ihrer ausgeprägten regionalen Netzstruktur, dem Vorhandensein von betrieblichen Knotenbahnhöfen und der Möglichkeit der Integration an Verknüpfungspunkten stellten sich im Land Brandenburg fünf Regionalnetze heraus, die untersucht wurden (Tabelle 1).

Weiterhin gehören zu jedem Regionalnetz jeweils einige Bahnstrecken, die heute ausschließlich durch den Güterverkehr genutzt werden oder durch die Deutsche Bahn AG stillgelegt werden sollen.

Die nebenstehende Tabelle zeigt das Verhältnis zwischen dem heutigen und dem zukünftigen SPNV-Angebot, wenn auf den Strecken der Regionalnetze ein Stundentakt (in Einzelfällen ein Halbstundentakt) zugrundegelegt wird (Tabelle 2).

Als sechstes Regionalnetz in der Region Berlin/Brandenburg kann das gleichstrombetriebene Berliner S-Bahn-Netz angesehen werden. Hier liegt seit 1.1.1995 die Betriebsführung der heute 247 km umfassenden Linien bei der S-Bahn-Berlin GmbH, einer eigen wirtschaftlichen und einhundertprozentigen Tochter der DBAG, Die Infrastruktur und deren Bewirtschaftung blieb weiterhin beim DBAG-Netzbereich.

Der Umfang der aufgeführten fünf Regionalnetze in Brandenburg soll zunächst eine Startstruktur darstellen, Damit sind etwa 80 Prozent des Nebenbahnnetzes in Brandenburg abgedeckt.

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Bildunterschrift Foto: Fotograf
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Die übrigen Nebenbahnen sind bisher Bestandteil des „Zielnetzes 2000“ (Brandenburgische Städtebahn, Rheinsberg) oder sollten in Vorortverkehre eingebunden werden (Berlin - Zossen - Jüterbog, Cottbus - Forst - Weißwasser).

Die Erweiterung der Regionalnetze ist deshalb begrenzt. Eher möglich ist die Ausweitung der Betriebsbereiche der Regionalen Bahngesellschaften, z. B, auf dem weiteren Netzt der DBAG oder Anschlußbahnen der Region.

Umsetzung - wer unternimmt welche Schritte

das Land Brandenburg

  • Antragsteller nach §26 ENeuOG, Art. 1 zur kostenfreien Infrastrukturübertragung
  • lnvestitionshilfen für Fahrzeuge und Infrastruktur
  • schnellstmögliche Einrichtung der SPNV-Regieebene mit geschilderten Rahmenaufgaben (nachzulesen im Kapitel 3 des Konzeptes)
  • Bereitstellung von Betriebskostenzuschüssen aus Regionalisierungsmitteln
  • schnelle Genehmigung von Zulassungsträgen für NE-Bahnen als Eisenbahnverkehrs- und/oder lnfrastrukturunternehmen nach §6 AEG

die Landkreise

  • Gründung von kommunalen Zweckverbänden bei öffentlichen Beteiligungen an den regionalen Bahngesellschaften
  • verkehrliche und organisatorische Verknüpfung Bahn/Bus
    • Abschaffung von echtem Parallelverkehr Bahn/Bus
    • Einrichtung von Schnittstellen Bahn/Buszubringer, Fahrplanabstimmungen
  • Steuerung der Ansiedlung von Gewerbe und Wohnungsbau in Schienennähe
  • Festlegung und Ausgestaltung von SPNV/RSGV-Kompetenzen in den Kreisverwaltungen

die Ämter und Kommunen

  • Pflege und Wartung der kleineren Zugangsstelle
  • Nutzung von Bahnhofsgebäuden für kommunale Zwecke, Bahnhofsumfeldgestaltung
  • Steuerung der Ansiedlung von Gewerbe und Wohnungsbau in Schienennähe
  • Flächenfreihaltung für neue Haltepunkte und Gleisanschlüsse
  • Beantragung von Fördermitteln für Infrastruktur-lnvestitionen (GA-Mittel)
  • Öffentlichkeitsarbeit für die Bahnangebote (Schaukasten, Lokalblätter, Ortsfeste)
  • attraktive Gestaltung und Ausschilderung der Zugänge und Zufahrten der Zugangsstellen

Gleicher Preis - dreimal mehr Leistung als heute

Die finanzielle Ausstattung
lm Vorfeld der Regionalisierung kamen der Bund und die Länder überein, daß sich die Transferzahlungen vom Bund an die Länder für die Finanzierung des SPNV in „Status-Quo"-Mittel und zusätzliche Mittel (Regionalisierungsgesetz §3 Abs. 1 und 2) aufteilen. Den größeren Teil werden vorerst ab 1996 die Mittel zur Aufrechterhaltung des sogenannten „Status quo" ausmachen. Als Grundlage dazu wurden die Verkehrsleistungen der DR/ DBAG im Fahrplanjahr 1993/94, länderweise ausgewiesen, vorgesehen. Für Brandenburg fixe Größe wurden dabei DM 17,17 für 1996 und DM 17,37 für 1997 an Zuschußbedarf pro DB-Zugkilometer vereinbart. Dies bedeutet bei etwa 28 Mio. Zugkilometer pro Jahr im Regionalverkehr einen Sockelbetrag von 480 Mio. DM (1996).

Bedenkt man, daß in diesem von der DB eingeforderten Zuschußbedarf auch die Kosten für den vollkommen ineffizienten Betrieb auf den meist maroden Nebenstrecken mit veralteten Fahrzeugen und einen enorm hohen Personalaufwand im Verwaltungsapparat und Betriebsdienst enthalten sind, ist zu erahnen, welche Leistungssteigerung für die gleichen Kosten durch Regionale Bahngesellschaften mit oben aufgeführten Kriterien erreichbar ist. Wie unfähig die Deutsche Bahn AG ist, in Zukunft kostengünstiger zu produzieren, beweist klar die Erhöhung des Zuschußbedarfes bei gleicher SPNV-Leistung zwischen 1996 und 1997.

Für die fünf benannten Regionalnetze heißt dies konkret, daß die Finanzmittel für die jährlich bei der DBAG vorgesehenen bzw. möglichen Zugleistungen (laut Vereinbarung Land - DBAG) auf die neuen Betreiber umgelegt werden müssen. Dies entspräche beim Fahrplanstand 1995/96 bei allen fünf Regionalnetzen etwa 114,5 Mio, DM (letzte Spalte in Tabelle 2).

Kommt es zu einem Wechsel der Aufgabenträgerschaft des SPNV vom Land an die Landkreise, sind dementsprechend die für die Strecken „gebundenen" Regionalisierungsmittel auch zweckgebunden für den SPNV vom Land an die Landkreise weiterzureichen. Nutzung von Förderprogrammen des Landes

  1. Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur
  2. Existenzgründungszuschuß
  3. Programm zur Liquiditätssicherung
  4. Investitionsförderung in benachteiligten Regionen
  5. „Brachenrichtlinie“ des MSWV, ab 1.1.96

Nebenleistungen der Regionalen Bahngesellschaften

Durch vielfältige Dienst- und Serviceleistungen der Regionalbahnen ist neben dem Erhalt und Ausbau des Kundenstammes vor allem auch eine nicht unerhebliche Steigerung der Eigeneinnahmen möglich.

Diese Leistungen sollten deshalb von Beginn an konsequent angeboten werden:

a) bahnnahe Leistungen

  • nationaler und internationaler Fahrkartenverkauf als DB-Agentur
  • Reisegepäcklogistik
  • Management des Güterumsehlages Schiene / Straße
  • Werkstatt- und Instandhaltungsleistungen für Dritte (Bahnbetreiber, Einzelkunden)
  • Trasseneinnahmen bei Nutzung durch Fremdbetreiber (Sonder-/Durchgangszüge)

b) Leistungen im Bahnumfeld

  • Verkauf von Reisebedarf in größeren Bahnhöfen und in den Zügen
  • bahneigene Spedition für Güterverteilung
  • konzessionierterStadt-undAmtsbusbetrieb, Sonderfahrten
  • günstige Verpachtung von Räumen und Gebäuden für kommunale, touristische und gastronomische Zwecke

Der finanzielle Bedarf

In diesem Rahmen soll vorerst eine grobe Abschätzung der zu erwartenden Kosten und Erlöse des Fahrwegbetriebes und der Verkehrsleistungen auf den Regionalnetzen vorgenommen werden, Dabei soll vor allen deutlich werden, daß mit den gleichen finanziellen Mitteln, die bisher für den SPNV bereitstanden, zukünftig auf den Regionalnetzen eine weitaus höhere Leistung erwartet werden kann.

Sämtliche aufgeführten Kosten sind Angaben, die auf Durchschnittswerte der VDV-Betriebe, Erfahrungen von nichtbundeseigenen Bahnen oder Betriebskonzepte von Gutachtern zurückzuführen sind. Bei abweichenden Angaben wurdederjeweils höhere Kostensatz verwendet.

Die Kosten für den Fahrweg der Regionalnetze wurden grundsätzlich nach dem Prinzip der Eigenbewirtschaftung errechnet. Der Trassenpreis bei Nutzung des DB-Streckennetzes ist mit 8,70 DM pro Zug-Kilometer angesetzt, dem heutigen - allerdings unangemessen hohem - Durschnittswert, den die Deutsche Bahn AG für die Netzbefahrung im SPNV im Trassenpreiskatalog ausweist. Eine SPNV-Kostensenkung ist möglich, wenn innerhalb des gleichen Unternehmens

  • durch die Mitnutzung des Fahrweges der Fahrwegartteil des SPNV gesenkt wird,
  • durch einen von RSGV und SPNV gemeinsam genutzten Betriebsmittel- und Fahrzeugpool, gemeinsame Betriebs- und Werkstätten sowie eine einheitliche Unternemensführung derAllgemeinkostemmreil des SPNV gesenkt wird.

In der Startphase der regionalen Bahngesellschaften ist allerdings zu erwarten, daß durch hohe Rationalisierungsinvestitionen im RSGV (moderne Fahrzeuge, Wagen, Leittechnik, immobile Logistik) sowie durch ein massives Anschubmarketing weder Überschüsse noch hohe Anteile des RSGV an Fahrweg- und Allgemeinkosten zu erwarten sind. Mittel- und langfristig zahlen sich diese Investitionen jedoch und vor allem zugunsten des SPNV aus, so daß es in den ersten Jahren sinnvoll ist, die Fahrweg- und Allgemeinkosten zum ganz überwiegenden Teil dem SPNV anzulasten.

Grundlage der Prognose für die Erlöse aus Fahrgeldem bilden die Fahrgastzählungen der Deutschen Bahn im Fahrplanjahr 1993/94. Durch die Einführung des Stundentaktes, die schnelleren Fahrzeiten, den Einsatz moderner Fahrzeuge und den gehobenen Service wurde ein Steigerungsfaktor ermittelt.

Da regional vergleichbar, aber in der Höhe nach Art der Investition und durch alljährliche Rahmenprogramme schwer festlegbar, wird hier von einem Investitionsmittelanteil aus den beschriebenen Förderprogrammen der öffentlichen Hand von vorerst 20 Prozent ausgegangen. Dieser Wert ist erfahrungsgemäß die untere Grenze, zur Zeit sind je nach Fördergebiet und Schnelligkeit der Antragstellung weitaus höhere Quoten möglich.

Pro Bahn, Brandenburg e.V.

aus SIGNAL 9-10/1995 (Januar 1996), Seite 6-9

 

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