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lm vorangegangenen Artikel wurde versucht, zu verdeutlichen,
welche große Bedeutung die „kIeinen" Betriebe am Rande der
Stadt haben und welch großen Beitrag sie zur Entlastung der
innerstädtischen Infrastruktur leisten können. Es stellt sich zwangsläufig
die Frage: kann nicht auch an anderer Stelle durch Einrichtung
solcher Bahnbetriebe eine Verbesserung der Berliner Verkehrsverhältnisse erreicht werden?
Der komplette Neubau von
Gleisnetzen samt der dazugehörigen Infrastruktur wird wohl an den
Hürden der Finanzierung scheitern. Es lohnt sich aber, einige Ziele
zu betrachten, die unter Nutzung vorhandener Anlagen bei geringfügiger
Ergänzung mit Schienenfahrzeugen (in welcher Betriebsform und mit welchem
Antrieb auch immer) erreichbarsein können.
Ein Beispiel hierzu: Sehr oft von sich reden machte in jüngster
Zeit die Gemeinde Waltersdorf, südlich von Berlin gelegen. In der
Nachwendezeit gelang es Investoren und Gemeindevertretern, hier
einen der monströsen Einkautsparks zu installieren, die ein rotes
Tuch für eine ernsthafte Stadtplanung darstellen, wie am Beispiel
Strausberg dargestellt. Klassische Innenstadtbereiche drohen zu
veröden, zusätzliche Verkehrsprobleme entstehen. Die Abwanderung
der Kundenströme in solche Parks dient manchen Geschäftsleuten
als willkommener Anlaß, zum Beispiel gegen Parkraumbewirtschaftung
oder ÖPNV-Ausbau zu wettern, die eigentlichen
Ursachen für das Ausbleiben der Kunden ignorierend. Ist eigentlich
schon jemand auf die Idee gekommen, die sich im Segen der
Steuergelder rekelnden Bauherren solcher Parks für die Belastung
der verkehrlichen Infrastruktur in die Pflicht zu nehmen?
Aber unabhängig von aller stadt- und Iandschaftsplanerischen
Scheltez diese Parks sind Realität, werden angenommen und erzeugen
Verkehr, hauptsächlich privaten PKW-Verkehr. Und hier
sollte mit alternativen Angeboten angesetzt werden, um die Kundenströme
zumindest auf andere Verkehrsmittel zu lenken. Solche
Ansätze zu ignorieren, wäre kein Weg zur Lösung der entstandenen
Folgen.
lm Falle von Waltersdorf bietet es sich zum Beispiel an, das
vorhandene FIughaten AnschIußgIeis von Grünau nach Diepensee
zu nutzen, um einen Schienenanschluß herzustellen. Es wäre eine
Ergänzungsstrecke von etwa zwei Kilometern neu zu bauen, sonst
liegen schon Gleise. Betriebsformen wären alternativ denkbar. Das
einfachste, aber unattraktivste wäre ein Inselbetrieb mit Diesel-oder
Akkutriebwagen. Eine Verknüpfung mit den bestehenden
Nahverkehrsnetzen wäre erstrebenswert. So könnte durchaus die
S-Bahn von Grünau hier einen Abstecher machen. Ebenso wäre
eine Verbindung zur Straßenbahn in Grünau denkbar. Diese Variante
wäre sogar die interessantere. Der Anschluß unter Passage der
Eisenbahnunterführung in Grünau ist zwar problematisch, aber
Lösungen gibt es für alles. Insbesondere mit einer derartigen
Verbindung wäre eine Entkrampfung der VerkehrsverhäItnisse gerade im Berliner Südosten denkbar.
Mit den Eröftnungstagen immer neuer Filialen in Waltersdorf
entstanden im gesamten Berliner Süden jedesmal chaotische Zustände,
die auch den ÖPNV völlig zusammenbrechen ließen. Hier
müssen Alternativen angeboten werden. Neben Überlegungen zur
Steigerung der Attraktivität der Innenstadtbereiche können es eben
auch unkonventionelle Angebote zum Erreichen jener Märkte sein.
Eine direkte Verknüpfung mit dem Köpenicker Subzentrum wäre für
die dortige Handelsstruktur belebend, da die Zahl der Alternativen
für Kaufentscheidungen jedweder Art durch eine direkte Verkehrsverbindung steigen würde.
Zugleich bietet sich das Modell Straßenbahn nach Waltersdorf
zur Herstellung eines tatsächlichen Marktes von Anbietern auch im
Straßenbahnbereich an. Man muß als Betreiber nicht unbedingt die
BVG in die Pflicht nehmen. Zu überlegen wäre, hier versuchsweise
einen eigenständigen Betrieb zu installieren. Es könnte für einige
BVG-Kreise gewiß heilsam sein, sich einem Wettbewerber gegenüber zu
sehen, der zeigt, wie es besser geht. Oder dem man
natürlich zeigen kann, wie es besser geht. So etwas fehlt im
Moment.
Ivo Köhler
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