Was lange währt, wird endlich gut. Das gilt
zumindest in den wesentlichen Punkten für
die im September 2010 begonnene Neufassung
des Ersten Eisenbahnpakets, das
sogenannte „Recast“ (siehe u. a. SIGNAL 5-6/2011 ). Effektive und unabhängige Regulierung,
fairer Zugang zu den Netzen
und Serviceeinrichtungen sowie Anreize
zur Lärmreduzierung an der Quelle und
zum Einsatz des europäischen Zugsicherungssystems
ERTMS – das sind die wichtigsten
Fortschritte.
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Güterzug in Bad Schandau. Die Kehrseite der für die Umwelt dringend erforderlichen Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene ist der Lärm entlang der Bahnstrecken. Deshalb ist es gut, dass die EU ihren Mitgliedsstaaten ermöglichen wird, lärmabhängige Trassenpreise einzuführen und damit Anreize zum Einsatz leiser Güterwaggons zugeben. Foto: Christian Schultz |
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Am 19. Juni 2012 einigten sich Parlament
und Rat auf ein Kompromisspaket, das wesentliche
grüne Forderungen aufnimmt.
Der wichtigste Fortschritt für die Schaffung
eines Einheitlichen Europäischen Eisenbahnraums
ist die Verschärfung der Regulierungsvorgaben.
So müssen die nationalen
Regulierer in Zukunft unabhängig sein, mit
ausreichenden Ressourcen und Personal
ausgestattet werden und Beschwerden im
Regelfall innerhalb von 6 Wochen bearbeiten.
Damit können Entscheidungen nicht
mehr unbegrenzt unter dem Vorwand nicht
erfüllter Formalitäten hinausgezögert werden.
Spätestens nach 16 Wochen muss der
Regulierer in jedem Fall eine Entscheidung
treffen.
Damit die nationalen Aufsichtsbehörden
auf europäischer Ebene zusammenarbeiten,
die Regeln einheitlich anwenden und grenzüberschreitende
Probleme schneller gelöst
werden,
soll auf Druck des Parlaments ein
EU-Netzwerk der Regulierungsbehörden
geschaffen werden, dessen Arbeit die Europäische
Kommission koordinieren wird. Die
Erfahrungen aus dieser Kooperation werden
zeigen, ob die Schaffung einer europäischen
Regulierungsinstanz in Zukunft nötig sein
wird.
Ein Erfolg ist ebenfalls, dass auf grüne
Initiative das Thema Bahnlärm angegangen
wird. So können die Mitgliedsstaaten
lärmabhängige Trassenpreise einführen
und damit Anreize zum Einsatz leiser Güterwaggons
geben. Außerdem sollen öffentliche
Mittel der EU und ihrer Mitgliedstaaten
Anreize zur Reduzierung des Lärms durch
die Nachrüstung von Güterwaggons mit
Flüsterbremsen geben.
Schließlich wird auch die Diskriminierung
beim Bahnstrom angegangen, indem
für alle Unternehmen gleiche Preise verlangt
werden müssen. Zugleich wird den
Eisenbahnunternehmen die freie Wahl des
Energieversorgers zugesichert, weil in der
Vergangenheit private Wettbewerber über
höhere Strompreise oftmals diskriminiert
wurden.
Das EU-Parlament hat die erreichte Einigung
am 3. Juli 2012 angenommen, nun
muss noch der EU-Ministerrat formal zustimmen.
Anschließend haben die Mitgliedsstaaten
maximal 30 Monate Zeit, die Regeln in
nationales Recht zu übertragen. Michael Cramer, MdEP
Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europäischen Parlament
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