... daß von der neuen Verkehrspolitik in
Berlin bisher sehr viel mehr zu hören
als zu sehen ist. Diesen Eindruck vermittelte Finanzsenator Dr. Norbert
Meisner in seinem Vortrag und bei der
anschließenden Diskussion am 19. Oktober. Er erläuterte die finanziellen
Voraussetzungen für den erheblich intensivierten S- und U-Bahn-Ausbau.
Möglich wurde dies durch das Strukturhilfegesetz. Anders als vom CDU/
F.D.P.-Senat geplant, sollen nun die gesamten Berlin zustehenden Mittel, das
sind 10 Jahre lang 72 Mio. DM pro
Jahr, für den Bahnbau ausgegeben und
außerdem um jährlich 98 Mio. DM aus
dem Berliner Landeshaushalt aufgestockt werden. Zusammen mit den
GVFG-Mitteln von rund 170 Mio. DM
stehen damit in den nächsten 10 Jahren
jeweils 340 Mio. DM zur Verfügung.
Auskunft über die Aufteilung der Gelder konnte der Finanzsenator nicht
geben. Dies sei die Aufgabe der Bau- und
der Verkehrsverwaltung. Die verbreitete Einschätzung, er sei der heimliche
Verkehrssenator, wies Senator Meisner
zurück. Er mische sich nicht in die Verkehrspolitik ein, achte jedoch auf eine
rationelle Verwendung der Mittel. Unter diesem Aspekt seien die geplanten
hohen Investitionen in das befahrene
71-km-Netz in Frage zu stellen. Er teile
hier den Unmut der Verkehrsinitiativen
über unnütze und kostenträchtige Maßnahmen wie z.B. die Vergrößerung des
Gleismittenabstandes bei der S-Bahn auf 4,0 m.
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Finanzsenator Dr. Norbert Meisner (SPD) im Gespräch mit den Besuchern der Berliner Schienenverkehrs-Wochen. Foto: Th. Staeck |
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Eine weitere Einsparungsmöglichkeit
sieht Herr Meisner im Verzicht auf die
geplante S-Bahn-"Hauptwerkstatt" an
der Oderstraße. Diese Investition sei
nicht nötig, wenn wie bisher Berliner
Firmen die Hauptuntersuchung der S-Bahn-Fahrzeuge durchführten. Auch
beim Ausbau des S-Bahn-Südringes
sollte kritisch geprüft werden, welche
Maßnahmen entfallen bzw. zurückgestellt werden könnten. Die S-Bahn-Strecke
nach Spandau müsse zusammen mit dem Ausbau der
Eisenbahnstrecke nach Hannover gebaut werden,
um einen kostengünstigen Bauablauf zu
gewährleisten.
Auf überwiegende Ablehnung stieß die
Haltung des Finanzsenators zur sofortigen U8-Verlängerung in das Märkische
Viertel (MV) hinein. Ungeachtet des
Grundsatzes, daß solche Entscheidungen vom Verkehrssenator zu treffen
seien (s.o.), hielte Herr Meisner es für
einen Schildbürgerstreich, die U8-Nord
am S-Bf Wittenau (Nordbahn) enden
zu lassen. Man könne nicht einen Kilometer vor einer Großsiedlung aufhören.
Auch ein Zurückstellen der zugegebenermaßen teuren U-Bahn-Verlängerung
komme nicht in Frage, da ein Abbruch der Arbeiten und eine spätere
Wiederaufnahme noch teurer würde.
Dem Einwand, die U8-Verlängerung
würde beim standardisierten gewertungsverfahren schlecht abschneiden,
entgegnete Herr Meisner, dies sei bei
Verlängerungen im Randbereich generell so, wenn nicht die gesamte Linie
betrachtet werde. Ebenfalls nicht akzeptabel fand er den Einwand, daß das
ringförmig angelegte MV durch eine U-Bahn ins Zentrum nur ungenügend
erschlossen werde. Nach Meisners Ansicht könnten ruhig längere Fußwege
zur U-Bahn eingeplant werden.
Trotz der Auseinandersetzung über die
U8-Nord zeigte der Abend daß Berlin
endlich einen Finanzsenator mit Sachkenntnis und viel Verständnis für den
öffentlichen Personenverkehr hat. IGEB
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