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Michael Cramer, Kandidat für das Abgeordnetenhaus von Berlin der Alternativen Liste (AL) |
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Dr. Norbert Meißner, MdA und Mitglied im SPD-Schattenkabinett für ein Ressort Umwelt und Verkehr |
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Axel Kammholz , MdA und verkehrspolitischer Sprecher der F.D.P.-Fraktion im Abgeordnetenhaus |
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1. Berlin erhält in den nächsten 10 Jahren 72 Mio. DM pro Jahr an "Strukturförderungsmitteln”, von denen
nach Aussage des Finanzsenators ungefähr die Hälfte für die S-Bahn ausgegeben werden soll. Für welche
Maßnahmen bei der S·Bahn sollten diese Gelder eingesetzt werden?
Axel Kammholz (F.D.P.): Die F.D.P.
geht davon aus, daß die Mittel des
Strukturförderungsgesetzes in erster
Linie zu einer Beschleunigung der Wiederaufnahme des Verkehrs auf dem Südring führen.
2. Welche S-Bahn-Strecke sollte als
erste auf welchem Abschnitt bis zu welchem Jahr wieder in Betrieb genommen werden?
Axel Kammholz (F.D.P.): Die F.D.P.
hat sich intensiv dafür eingesetzt, insbesondere die Kurzstrecken der
S-Bahn nach Lichterfelde Süd und die
Westbahn vorrangig wieder in Betrieb
zu nehmen. Wir sind dabei davon
ausgegangen, daß eine solche Wiederinbetriebnahme mit nur geringfügigen
Kosten bei einem erheblich erweiterten
Fahrgastaufkommen möglich sein müßte. Inzwischen ist dem Land Berlin
aufgegeben, über die Wiederinbetriebnahme von S-Bahn-Strecken bzw. den
Neubau von U-Bahn-Strecken auf der
Grundlage eines objektiven Bewertungsverfahrens zu entscheiden. Mit der
Erweiterung des Streckennetzes muß
eine Erhöhung des Fahrgastaufkommens erreicht werden, um so die
Ausbaukosten der BVG auszugleichen bzw.
zu minimieren. Die F.D.P. akzeptiert
diese Verfahren und geht daher von
aus, daß der Südring etwa 1992 wieder
befahren werden kann.
3. Sollte der Südring am S-Bf. Sonnenallee oder in Köllnische Heide enden?
Axel Kammholz (F.D.P.): Der Südring
wird am Bahnhof Sonnenallee enden
müssen, sofern es zu einer Verknüpfung mit der U-Bahn kommt. Sollte die
U-Bahn-Verknüpfung im Bereich Hermannstraße nicht erfolgen, plädiert die
F.D.P. für das Befahren des Südringes
bis Köllnische Heide, weil auf diese
Art und Weise ein größeres Wohngebiet zusätzlich für die S-Bahn
erschlossen werden kann.
Michael Cramer (AL): (Zu Frage 1 bis
3) Nach den Prognosen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)
werden im Jahr 2000 - bei Fortsetztung der bisherigen Verkehrspolitik - die Zahl der
Kfz von jetzt
650.000 auf ca. 950.000 um 50 % gestiegen, die Zahl der BVG-Benutzerlnnen
jedoch von 500 Mio. pro Jahr um 25 %
auf unter 400 Mio. gefallen sein. Da
mittlerweile der überwiegenden
Mehrheit der Berlinerlnnen kar ist,
daß die immer unerträglicher werdenden Verkehrsprobleme von heute mit
den gescheiterten Methoden von gestern gerade in dieser eingemauerten
Stadt nicht zu lösen sind, ist eine andere Verkehrspolitik - und zwar der
offensive Ausbau des ÖPNV - das ökonomische und ökologische Gebot der
Stunde.
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S-Bf Lichterfelde Süd: Hier werden vielleicht nie wieder S-Bahn-Züge fahren. Auch Herr Kammholz (F.D.P.) befürwortet die Pläne einer U9-Verlängerung auf der S-Bahn-Trasse von Südende bis Lichterfelde Süd. |
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Als erste Maßnahme - und damit
komme ich zu den ersten drei Fragen
- sollten die brachliegenden ca. 70 km
S-Bahn-Strecken so schnell wie möglich
wieder in Betrieb genommen werden,
da das die preisgünstige Attraktivitätssteigerung der BVG darstellt. Diese
Maßnahme ist aus deutschlandpolitischen, ökologischen, verkehrlichen,
sozialen und historischen Gründen
wünschenswert, und bei notwendigem
politischen Willen könnte auch ein Finanzierungmodus gefunden werden,
der die "Strukturförderungsmittel"
u.a. mit einbezieht. Der ebenfalls von
der AL geforderte Verzicht auf die
Westtangente, die BAB-Verlägerung
in Neukölln und die B 101 in Steglitz
würden allein den Verkehrshaushalt in
den nächsten Jahren um ca. 3 Mrd.
DM entlasten.
Diese Investitionen sind im übrigen
Investitionen zur Haushaltsstabilisierung in naher Zukunft. So ist es zum
Beispiel den Züricher Verkehrsbetrieben durch einen offensiven Ausbau des
ÖPNV gelungen, den Kostendeckungsgrad auf 68% !!! (BVG 37 %)
zu erhöhen. Für Berlin würde das eine
Haushaltseinsparung von ca, 350 Mio.
DM jährlich bedeuten.
Dr. Norbert Milsner (SPD): (Zu Frage
1 bis 3) Ob Berlin tatsächlich die
genannten Beträge aus dem "Strukturfonds" erhält, ist unter anderem
davon abhängig, ob das Bundesland Hessen mit seiner Klage vor dem
Bundesverfassungsgericht Erfolg hat. Umso
wichtiger ist die politische Verpflichtung der Berliner SPD, in den nächsten
10 jahren insgesamt 4,2 Mrd. DM für
die Förderung des Schienennahverkehrs zur Verfügung zu stellen. Eine
solche Verpflichtung ist bisher keine
andere poltische Partei in unserer
Stadt eingegangen.
Die SPD-Fraktion hat dem Abgeordnetenhaus hierzu ihr Investitions- und
Finanzierungkonzept zur Beschlußfassung vorgelegt. Priorität hat dabei die
Inbetriebnahme der Ringbahn, daß
heißt die Inbetriebnahme des Südrings
(Halensee - Köllnische Heide) bis zum
Jahre 1992, des Nordrings (Gesundbrunnen - Jungfernheide - Halensee)
bis 1994. Die Strecken Westkreuz -
Spandau und Priesterweg - Lichterfelde Süd sollen bis 1997 und die Strecke
Spandau - Staaken bis 1999 in Betrieb
genommen werden. Bedauerlicherweise
hat die Mehrheit von CDU und F.D.P.
bei Enthaltung der AL unseren Vorschlag abgelrehnt. Berlin bleibt also
weiter ohne Konzept für den öffentlichen Schienennahverkehr.
4. Sollte der Flughafen Tegel durch
eine neue U-Bahn-Linie 5 (wle blsher
geplant), durch einen Abzwelg von
der U 7, durch eine Flughafen-S-Bahn
oder weiterhin durch die Buslinien 8
und 9 erschlossen werden?
Michael Cramer (AL): Der Bahnanschluß des Flughafens, der prinzipiell
wünschenswert ist, sollte erst nach der
abgeschlossenen Integration von bestendem U- und S-Bahn-System in
Angriff genommen werden. Bis dahin
sollten die Buslinien 8 und 9 unter anderem durch Busspuren und busfreundliche
Ampelsteuerung beschleunigt werden.
Dr. Norbert Meisner (SPD):
Die Anbindung des Fughafens Tegel an as
Schienenverkehrsnetz halte ich für von
untergeordneter Bedeutung. Wichtig
ist erst einmal, durch die Wiederinbetriebnahme der stillgelegten
S-Bahn-Strecken und die Arrondierung des
vorhandenen U-Bahn-Netzes die Attraktivtät des ÖPNV in unserer Stadt zu
erhöhen. Erst wenn dies geschehen ist,
kann die Befriedigung bestimmter Zielverkehre - wie sie die Anbindung des
Flughafens Tegel darstellen würde erfolgen.
Axel Kammholz (F.D.P.): Die F.D.P.
wünscht eine Bahnanbindung des Flughafens Tegel. Ob diese Anbindung
über die vorhandene S-Bahn-Trasse erfolgen sollte oder ggf. auch durch eine
Magnetbahn auf der S-Bahn oder einer
geringfügig geänderten Trase bedarf
noch weiterer Untersuchungen.
5. Halten Sie es erstens unter verkehrlichen und zweitens unter
deutschlandpolitischen Gesichtspunkten
für sinnvoll, dle U-Bahn-Linie 9 auf
der Trasse der Anhalter Bahn bis Lichterfelde Süd zu verlängern?
Michael Cramer (AL): Weder aus
deutschlandpolitischen noch aus verkehrlichen Gesichtspunkten sollte die
U9 auf S-Bahn-Gleisen fahren. Nach
Inbetriebnahme der S 6 nach Lichterfelde Süd und einer Verlängerung der
U 9 entstünde in Lankwitz ein attraktiver Umsteigebahnhof. N.B. Der Bau
der U 9 nach Lankwitz sollte erst nach
Inbetriebnahme der S·Bahn erfolgen,
da 1 km U-Bahn soviel kostet wie 10
km S-Bahn.
Dr. Norbert Meisner (SPD): Die SPD-
Fraktion hat sich in dem bereits genannten "Investitions- und
Finanzierungskonzept" sowohl für die Wiederinbetriebnahme der S-Bahn·Strecke
nach Lichterfelde Süd als auch für den U-Bahn-Bau nach Lankwitz/Kirche
ausgesprochen. Diese Festlegung
schließt eine Trassenführung der U-Bahn auf der S-Bahn-Trasse nach
Lichterfelde Süd aus.
Axel Kammholz (F.D.P.): Lichterfelde
Süd ist ein völlig unterversorgtes Gebiet im Hinblick auf öffentliche
Nahverkehrsmittel. Es kommt darauf an,
diese Benachteiligung schnellstmöglich
zu beheben. Die Verlängerung der
U-Bahn-Linie 9 scheint dazu geeignet.
Siehe aber die Bemerkungen zu Frage 2.
6. Die Probleme durch die Autos werden besonders in der Innenstadt immer
größer. Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die von den Verkehrsplanern
des Bezirksamtes Schöneberg erhobene Forderung, endlich
die U-Bahn-Linien 3 und 4 zu verknüpfen?
Michael Cramer (AL): Die Verknüpfung der U3 und U4 bringt zwar
verkehrliche Pluspunkte, ist wegen des
teuren U-Bahn-Baus (siehe oben) aber
finanzpolitisch unattraktiv. Der Attraktivitätsgewinn der U3 könnte
durch Inbetriebnahme der alten Strecke
über den U-Bahnhof Bülowstraße zum
Gleisdreieck und/oder Verlängerung
bis Potsdamer Platz einerseits und
Adenauerplatz andererseits hergestellt
werden. Wenn man an die Vereinbarungen bezüglich des Autoverkehrs
denkt, müßten Verbesserungen im
ÖPNV bei entsprechendem politischen
Willen ebenfalls in Verhandlungen mit
der DDR erreichbar sein. Als Sofortmaßnahme sollte auf allen - also auch
und gerade auf der U3 und U4 - auch
außerhalb des Berufsverkehrs der 5
Minuten-Takt eingeführt werden.
Dr. Norbert Meisner (SPD): Die Verknüpfung vorhandener
Schnellbahnlinien macht grundsätzlich immer einen
Sinn. Auswirkungen auf den Autoverkehr haben sie jedoch nur dann,
wenn insgesamt in der Stadt ein sinnvoll
verknüpftes Schienenverkehrs· und
Busnetz mit vernünftigen Fahrttakten
vorhanden ist. In dem Verkehrskonzept der Berliner SPD haben daher der
S- und U-Bahn-Ausbau sowie die Wiederherstellung eines vernünftigen und
attraktiven Busverkehrs Vorrang.
Axel Kammholz (F.D.P.): Die dem
Land Berlin für den öffentlichen Nahverkehr zur Verfügung stehenden
Finanmittel sind beschränkt. Sie können
nur einmal ausgegeben werden. Viele
Forderungen im Bereich des ÖPNV
sind vorstellbar und ihre Realisierung
scheint wünschenswert. Dennoch sind
solche Fordenmgen nur real, wenn
gleichzeitig gesagt wird, wie sie zu finanzieren sind oder welche Vorhaben
dafür nach hinten gestellt werden solen.
7. Nach Ansicht vieler Verkehrsfachleute sind ergänzend zum Ausbau
der öffentlichen Verkehrsmittel Einschränkungen für die Autofahrer
unvermeidlich, damit die Städte nicht im
Autoverkehr ersticken. Welche Einschränken müssen die Berliner
Autofahrer nach lhrer Ansicht zukünftig akzeptieren?
Michael Cramer (AL): Der Autoverkehr hat Fußgängerlnnen, Fahrradfahrerlnnen und
die Straßenbahnen von
der Straße vertrieben, ohne daß ein
flüssiger Autoverkehr erreicht worden
ist. Der Autoverkehr steht sich nur
noch selbst im Wege, weshalb eine
Einschränkung unerläßlich ist: Verzicht
auf eine Erweiterung des Straßennetzes, Tempo 30 als Reglegeschwindigkeit
auf allen Stadtstraßen, Erweiterung verkehrsberuhigter Zonen,
Parkplatzreduzierung und Abbau von
öffentlichen Subventionen für den Autoverkehr, um nur einige Stichpunkte
zu benennen. Eine volkswirtschaftliche
Berechnung des Autoverkehrs ist unerläßlich. Nach dem Verursacherprinzip
müßte der Liter Benzin nämlich 5,--
DM kosten. Nach Angaben von Lutz
Wicke (CDU) vom Umweltbundesamt,
gibt Berlin (West) jedes Jahr alleine 2
Milliarden DM (!) aus, um Schäden zu
beheben, die das Auto verursacht.
Dr. Norbert Meisner (SPD): Zuerst
einmal werden die Berliner Autofahrer
akzeptieren müssen, daß sie nicht zu
jeder Zeit jeden beliebigen Ort in unserer Stadt mit dem Pkw werden
erreichen können. Unsere Politik zielt darauf, den bisherigen Vorrang des
Autoverkehrs in einen Vorrang für die anderen Verkehrsarten (BVG, Fahrrad,
Fußgänger) umzukehren und den Straßenraum entstprechend anders zu
verteilen. So wir das von uns geforderte
Netz von Busspuren in der Stadt selbstverständlich nicht anzulegen sein,
ohne den Verkehrsraum zu Lasten
des Kraftfahrzeugverkehrs in Anspruch
zu nehmen. Dies gilt selbstverständlich
auch für die Anlage von Velorouten
und Fahrradstraßen. Radwege auf
Gehwegen wird es unter einem SPD-
Senat nicht mehr geben. Die Straße
muß aber auch wieder von einem reinen "Verkehrsweg" zu einem
Kommunikationsort werden. Dies setzt die
Umgestaltung des Straßenraumes zugunsten von Wohnumfeldverbesserungen voraus.
Axel Kammholz (F.D.P.): Die Berliner
Autofahrer werden zunehmend hinnehmen müssen, daß sie in weiten Teilen
der Stadt, in Wohnbereichen, nur
noch mit geminderter Geschwindigkeit
ihr Auto bewegen können. Sie werden
ferner akzeptieren müssen, daß das
Parken in zentralen Bereichen nur noch
eingeschränkt und erheblich teurer sein
wird.
8. Wie bewerten Sie dle Forderungen
der BVG nach zusätzlichen Busspuren
und Haltestellenkaps?
Michael Cramer (AL): Busspuren und
Haltestellenkaps sind überfällig. Während Paris zum Beispiel über fast 400
km Busspuren verfügt, gibt es in dem
sich so geme "Weltmetropole" nennenden Berlin (West) gerade mal 5 km
davon. Daß die Kaps zusätzliche Auto-Parkplätze schaffen, ist sicherlich auch
ausschlaggebend dafür, daß (Auto)-
Verkehrssenator Wronski einige Kaps
anlegen ließ.
Dr. Norbert Meisner (SPD): Wie ich
bereits erwähnt habe, ist die Anlage
eines Netzes von Busspuren in der
Stadt eine Forderung er SPD-Verkehrspolitik. Haltestellenkaps sind
ebenso wie Busschleusen an Ampelanlagen geeignet, den Busverkehr zu
beschleunigen und seine Attraktivität gegenüber dem Auto zu erhöhen. Sie
sind daher seit geraumer Zeit Bestandteil des SPD-Programms zur Erhöhung
der Attraktivität der BVG.
Axel Kammholz (F.D.P.): Diese Forderungen sind berechtigt. Die F.D.P. hat
einen diesbezüglichen Antrag im Abgeordnetenhaus eingebracht. Dieser
Antrag ist angenommen worden. Es liegt
nunmehr in der Verantwortung des Senats, sich gegenüber zahlreichen in
den Bezirken vorhandenen Widerständen durchzusetzen.
9. Ist es sinnvoll, ein Gebiet möglichst flächendeckend mit mehreren
Buslinien im 20 Minuten-Takt zu erschließen, oder ist es besser, weniger
Buslinien anzubieten, die dafür mindestens im 10 Minuten-Takt verkehren?
Michael Cramer (AL): Der 20 Minuten-Takt beim Bus ist unattraktiv und
unerträglich. Die AL fordert deshalb
für alle Busse eine Verkürzung der
Taktzeiten auf maximal 10 Minuten. In
Zürich fahren die Busse zum Beispiel
auch um Mitternacht noch alle 6 Minuten. Das Gesamtsystem ist nämlich so
attraktiv wie das schlechteste Glied.
Dr. Norbert Meisner (SPD): Die Aufgabe des Busverkehrs ist es, die Fläche
für den ÖPNV zu erschließen. Diese
Aufgabe kann er nur erfüllen, wenn der
Bus von potentiellen Fahrgästen möglichst schnell erreicht werden kann und
dieser in einem akzeptablen Fahrttakt
verkehrt. Wie viele Buslinien in einem
bestimmten Bereich erforderlich sind,
wird von Fall zu Fall verschieden zu
beurteilen sein. Ein Fahrttakt von 20
Minuten ist nach meiner Auffassung
jedoch nur in den späten Abend- und
Nachtstunden veretbar. Tagsüber ist
ein 10 Minuten-Takt das absolute Muß
für einen attraktiven Busverkehr.
Axel Kammholz (F.D.P.): Parallel-Verkehr von Buslinien ist nach
Möglichkeit zu verhindern. Er wird sich dennoch nicht ganz vermeiden lassen, wenn
man die Notwendigkeit des Umsteigens auf ein Mindestmaß beschränken
will.
10. Zur Verbesserung des Eisenbahnverkehrs zwischen Berlin (West) und
Westdeutschland Ist eine Hochgeschwindigkeitstrecke nach Hannover
geplant. Werden dadurch andere Transitstrecken überflüssig? Wenn nein,
welche Verbesserungen halten Sle auf
den anderen Strecken für erforderlich?
Wie und wann sollten diese realisiert
werden?
Michael Cramer (AL): Der Attraktivitätsgewinn der
Hochgeschwindigkeitszüge nach Hannover wird frühestens
in der zweiten Hälfte der 90er Jahre
spürbar. Die Schließung der ElektrifizirungsIücken auf allen Südstrecken
ist deshalb nach wie vor überfällig Die
Strecke nach Hamburg sollte über
Stendal - Uelzen geführt werden, um
u.a. das "Berliner Freizeitparadies" Lüchow-Dannenberg durch die Eisenbahn
anzubinden. Statt neuer Autobahnen
für den Transit sollten neue Eisenbahnstrecken in Betrieb genommen
werden (z.B. im Harz).
Als Sofortmaßnahme zur Verbesserung
des Eisenbahnverkehrs schlägt die AL
vor: eine drastische Preissenk (vor
allem für Familien), die Verdoppelung der täglichen Verbindungen ins
Bundesgebiet im Taktverkehr, die
weitgehende Gewährung der lntercity-
Geschwindigkeit für Berlin-Züge innerhalb des Bundesgebietes und die
Anhebung des Eisenbahnkomforts durch
die Ausstattung aller Züge mit Speise- und Gepäckwagen (Fahrradmitnahmel!).
Auch der Berlin-Verkehr sollte
in das Tarifsystem der DB gleichberechtigt einbezogen werden.
Dr. Norbert Meisner (SPD): ,Die Berliner SPD hat sich bereits in den
vergangenen Jahren für den Bau einer
Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen
Berlin und Hannover ausgesprochen.
Sie hat die Forderung aber immer mit
der nach zusätzlichen Verbesserungen
auf den anderen Strecken verbunden.
Die Forderung nach der Lückenschließung im Elektrifizierungsbereich auf
dem Territorium der DDR insbesondere im Bereich der Südstrecke ist seit
Jahren Bestandteil des SPD-Fernverkehrsprogramms. Die Vorschläge der
IGEB für Verbesserungen im Eisenbahnverkehr von und nach Berlin
(West) haben immer die Unterstützung der Berliner SPD gefunden.
Axel Kammholz (F.D.P.): Die F.D.P.
hat immer daraufhin hingewiesen, daß die
Verbesserung des Eisenbahnverkehrs
zwischen Berlin und Hannover nicht zu
einem weiteren Rückfall der übrigen
Transitstrecken führen darf. Verbesserungen im Komfort der Züge und auch
in der Geschwindigkeit des Verkehrs
sind eingeleitet. Das von der Bundesbahn entwickelte Konzept für die
Attraktivitätssteigerung in kurz- und mittelfristiger Zeit sollte umgehend umgesetzt werden.
Bereits für 1989 erwartet die F.D.P. wesentliche Verbesserungen.
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Einer Meinung sind die drei Parteienvertreter beim Fernbahnhof Zoo: Er muß der Hauptbahnhof von Berlin (West) bleiben. |
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11. Der Bahnhof Zoologischer Garten
ist heute der "Hauptbahnhof" von Berlin (West). Soll er es bleiben?
Michael Cramer (AL): Der Bahnhof
Zoo ist "Hauptbahnhof" von Berlin
(West) und soll es bleiben. Aufgrund
öffentlichen Drucks und der 750-Jahr-Feier haben sich sein Aussehen
und seine Funktionstüchtigkeit erheblich verbessert. Die neuerliche
Diskussion um einen "Hauptbahnhof Westkreuz" wird von Umweltsenator
Starnick doch nur deshalb entfacht, um der
Betonlobby, die seiner F.D,P. - und natürlich auch der CDU - den
Wahlkampf finanziert und die Gedächtnislücken pflegt, den Bart zu kraulen.
Dr. Norbert Meisner (SPD): Ja. Dafür
sprechen schon die hohen Investitionen,
die in den letzten Monaten zur Renovierung dieses Bahnhofes endlich
getätigt wurden.
Axel Kammholz (F.D.P.): Ja. Es erscheint wenig zweckmäßig, derzeit in
Berlin an die Konzipierung eines neuen Hauptbahnhofes heranzugehen.
12. Sollen die Hochgeschwindigkeitszüge zwischen Berlin und Hannover
zur "FeinverteiIung” am Rathaus Spandau halten?
Michael Cramer (AL): Die Züge Paris - Moskau sollten nicht in Spandau
halten. Die Zubringer-Züge Berlin - Hannover sollten dort halten, um die
Attraktivität zu steigern.
Dr. Norbert Meisner (SPD): Dies wäre
nicht unbedingt notwendig, wenn nach
dem von der SPD-Fraktion vorgelegten
lnvestitions- und Finanzierungskonzept
die S-Bahn-Strecke nach Spandau wieder in Betrieb genommen ist.
Axel Kammholz (F.D.P.): Mit dem Begriff eines Hochgeschwindigkeitszuges
ist es nicht von vornherein zu vereinbaren, daß er am Rathaus Spandau halten muß.
Eine solche Forderung kann nur erhoben werden, wenn Untersuchungen ergeben, daß ein erhebliches
Ein- und Austeigen auf einem solchen
Bahnhof erfolgen würde.
13. Der Stadtentwicklungssenator betrachtet Eisenbahnflächen in Berlin
(West) immer häufiger als Baulandreserve. Unter welchen
Voraussetzungen würden Sie das für gerechtfertigt
halten? Welche Flächen müssen aber
auf jeden Fall für die Bahn erhalten
bleiben? Wie bewerten Sie insbesondere Überlegungen, auf die für die
Wagenbehandlung vorgesehenen Flächen
des Hamburger und Lehrter Güterbahnhofes zugunsten anderer
Nutzungen zu verzichten?
Michael Cramer (AL): Die gute alte
Eisenbahn von gestern wird das ökonomisch und ökologisch attraktive
Verkehrsmittel von morgen sein. Deshalb wäre es sehr leichtfertig,
irgendein Bahngelände aufzugeben. Schon
gar nicht die Flächen des Hamburger
und Lehrter Güterbahnhofs, da der
Güterverkehr von den Brummis wieder
auf die Bahn verlagert werden muß.
Dr. Norbert Meisner (SPD): Die SPD
tritt dafür ein, den Anteil der Schiene
am Güterverkehr deutlich zu erhöhen.
Es ist daher zwingend erforderlich,
die hierfür notwendigen Bahnflächen
vorzuhalten. Darüberhinaus muß eine
Untersuchung darüber angestellt werden, welche anderen Bahnstrecken für
eine Feinverteilung innerhalb des
Stadtgebietes sinnvoll genutzt werden
können. Nur unter diesen Voraussetzungen kann daran gedacht werden,
Eisenbahnflächen umzuwidmen und
anderen Zwecken zuzuführen. Dafür
kommen natürlich auch andere als
bauliche Nutzungen in Betracht (Beispiel: Schöneberger Südgelände). Ich
bezweifle sehr, daß unter den von mir
genannten Voraussetzungen eine
Umnutzung der Flächen des Hamburger und Lehrter Güterbahnhofes begründbar wäre.
Axel Kammholz (F.D.P.): Der Senator
für Stadtentwicklung und Umweltschutz hat keine Zugriffsmöglichkeit
auf Eisenbahnflächen, wenn diese im
Flächennutzungsplan als solche ausgewiesen sind. Die Probleme des
Eisenbahnverkehrs liegen nicht in fehlenden
Flächen. Auch eine wesentlich verbesserte Durchführung des
Eisenbahnverkehrs sowohl im Personen- als auch im
Güterbereich erscheint auf den vorhandenen Flächen möglich.
14. Was kann der Senat tun, um den
Anteil der Eisenbahn am Güterverkehr
entscheidend zu erhöhen?
Michael Cramer (AL): Der Anteil der
Eisenbahn am Güterverkehr kann zum
einen erhöht werden durch die Streckenverbesserungen, wie sie oben für
den Personenfernverkehr beschrieben
sind. Zum anderen kann die Geschwindigkeit erhöht werden: durch
Wegfall von langwierigen Rangierbehandlungen in der DDR, kurzfristig
einsetzbare Nachfragereserve von Güterspezialwagen in Berlin (West),
Kürzung bzw. Wegfall der Grenzaufenthalte, durch Erledigung der
Grenzformalitäten am Abgangsort, Integration
von Berlin (West) in das lnterCargo-Netz der DB, Möglichkeit der
Güterbeförderung im Nachtsprung u.a. Die
Attraktivität der Eisenbahn wird auch
durch umweltpolitisch gewollten Verzicht auf Verbesserungen im
Lkw-Verkehr erhöht: z.B. durch die Festlegung
der EG-Norm von Höchstbelastungen
beim Lkw - statt einer Erhöhung auf
40 t/Lkw sollte sie wie in der Schweiz
auf 28 t eingefroren werden.
Dr. Norbert Meisner (SPD): Der Eisenbahngüterverkehr ist das Stiefkind
der derzeitigen Senatspolitik. Der Senat unternimmt keinerlei Anstrergungen, die Güterfrachtanteile
der Bahn
gegenüber anderen Verkehrsträgem zu
steigern. Es existiert keinerlei Konzept,
wie der Güterfernverkehr von und
nach Berlin entwickelt werden soll.
Ein SPD-geführter Senat würde die
Entwicklung eines solchen Konzepts
unverzüglich in Angriff nehmen. Durch
die Einrichtung einer "Rollenden Landstraße”, die Awicklung des Güterverkehrs
(ausgenommen Ganzzüge, Containerverkehr und "Rollende Landstraße") auf zwei neu zu schaffenden
Güterbahnhöfen und die Einrichtung
eines Frachtenverteilzentrums außerhalb der Stadt oder im Bereich des
Bahnhofes Grunewald sowie durch
eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Deutscher Bundesbahn und
Deutscher Reichsbahn kann hier einiges erreicht werden. Es bedarf nur des
politischen Willens, hier wirklich etwas
in Bewegung setzen zu wollen.
Axel Kammholz (F.D.P.): Die Eisenbahn braucht im Berlin-Verkehr im
Verhältnis zum Lkw eine bessere
Ausgangssituation. Dazu gehört vor
allem ein durchgerechneter Tarif mit
einer entsprechenden Frachtendegression, der es der Bahn ermöglicht,
über die Gesamtstrecke durchgerechnete Frachtensätze im Wettbewerb anbieten zu können.
Ferner bedarf es
einer Verbesserung der Frachtenzugverbindungen durch Direktzüge sowie
einer Verringerung der langen Aufenthaltszeiten auf den Grenzbahnhöfen. IGEB
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