Fernverkehr

Bahnverkehr wieder Opfer des Wahlkampfes?

Wie von uns befürchtet (vgl. SIGNAL 9/88), werden die von Bundesverkehrsminister Warnke am 25. Oktober 1988 angekündigten Verbesserungen im Eisenbahn-Reiseverkehr mit Berlin (West) leider nicht voll spürbar sein. Die vorzeitige Preisgabe von Verhandlungspositionen führte zur Belastung der Verhandlungen mit der Deutschen Reichsbahn. Offenbar hatten die Vertreter der DR bei den Verhandlungen die Positionen der westlichen Verhandlungsseite zuerst aus der Presse erfahren. Ähnliches geschah im Wahlkampf 1985, als der damalige Bundessenator Rupert Scholz kurzfristige Verbesserungen des Transitverkehrs durch den Einsatz des DB-Triebzuges 601 versprach, obwohl dies überhaupt nicht mit der DR abgesprochen war und dann natürlich auch nicht eingeführt wurde.

Übriggeblieben sind als Folge der (gestörten) DB/DR-Verhandlungen in Frankfurt (Oder) nur folgende Änderungen: Verbessert werden soll, was allem auf Bundesbahn-Strecken möglich ist. So werden seit einiger Zeit auch die Hamburger Züge wieder von der DB gereinigt. Deutliche Verbesserungen gibt es aber nur auf der Strecke über Hannover - wo sonst, Hier wird ab Fahrplanwechsel am 28. Mai 1989 hinter Hannover bis zum Ruhrgebiet die Streckenhöchstgeschwindigkeit von 200 km/h auch von drei Zugpaaren des Berlin-Verkehres ausgefahren. Die vielen kleinen Unterwegshalte, wie z. B, Bad Oeynhausen oder Herford, werden jedoch erhalten bleiben, weshalb die Zeitersparnis insgesamt nur gering sein wird. Gleichzeitig mit dieser guten Mitteilung ist aber auch eine schlechte zuverkünden, Im D 346/347 wird der letzte DSG-Speisewagen im Berlin-Verkehr zwar beibehalten und auf dem entsprechenden Stück mit 200 km/h geführt. Der im D 348/349 zur Zeit mitgeführte, umgebaute und von der DB stark propagierte Gesellschaftswagen wird ab Ende März jedoch wieder vermietet und deshalb im Berlin-Zug gestrichen. Er wird zum Fahrplanwechsel durch einen Mitropa-Speisewagen ersetzt, Dieser Wagen ist jedoch nur für 160 km/h zugelassen und muß deshalb in Hannover abgehängt werden. Ebenso wird es den Mitroga-Speisewagen und den rollstuhlgerechten Sitz-/Gepäckwagen im D 246/247 ergehen. Der Deutschen Reichsbahn empfiehlt die IGEB daher dringend, die entsprechenden Wagen mit der für 200 km/h nötigen Bremsausrüstung auszustatten, damit eine vernünftige Versorgung auf dem gesamten Zuglauf gewährleistet werden kann.

Das Fahrplanangebot wurde nur ge· ringfügig verbessert. So werden die morgendliche Fahrplanlücke ab Hannover sowie die nachmittägliche ab Berlin dadurch etwas verringert, daß der erste Zug ab Hannover etwas früher und der letzte Zug ab Berlin etwas später als bisher fahren werden (Zugpaar D 342/343). Den vom Bundesverkehrsminister schon für 1989 zugesagten Zwei-Stunden-Rhythmus wird es aber nicht geben. Ebenso gescheitert ist die bedarfsgerechte Verlegung der Abfahrtzeit des Zuges D 307 von Berlin nach Nürnberg. Anstatt solch wichtige Alltagsprobleme zu lösen, bemüht man sich um eine Führung des Nostalgie- Orient-Expresses und des TUI-Ferien-Expresses über Berlin (West)... Berliner Wahlkämpfe erzeugen im Bereich des Schienenverkehrs offenbar immer einen starken Realitätsverlust bei den Politikern.

IGEB

aus SIGNAL 1/1989 (Januar 1989), Seite 16

 

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