Edmund Wronski,
Senator für Verkehr und Betriebe:
Sehr geehrter Herr Ubbelohde,
zum Beschluß Nr. 839 der BVV vom
16. September 1988 nehme ich wie folgt
Stellung:
Im Nahverkehrskonzept des Senats ist
als Zielplanung vorgesehen, über das
zur Zeit betriebene S-Bahn-Netz hinaus
weitere S-Bahn-Strecken (Ringbahn,
S-Bahn-Strecken nach Staaken und
Lichterfelde Süd) in Betrieb zu nehmen. Im Bezirk Charlottenburg befinden sich Teilstrecken sowohl der
Ringbahn als auch der S-Bahn-Strecke nach
Staaken (sogenannte Westbahn). Aufgrund der finanziellen Rahmenbedingungen ist es leider nicht
möglich, das noch stilliegende S-Bahn-Netz kurzfristig zu reaktivieren. Nach wie vor gilt
die u. a. im Bericht über die Inbetriebnahme weiterer S-Bahn-Strecken (veröffentlicht in den
Mitteilungen Nr. 162
des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 28. April 1987,
Drucksache 10/1478) dargelegte Aussage, daß die Inbetriebnahme weiterer
S-Bahn-Strecken nur allmählich und
langfristig möglich ist, wenn nur die
zur Zeit jährlich im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes
(GVFG) nach Berlin fließenden Mittel
zur Verfügung stehen.
Da diese Mittel vorerst für das betriebene 71 km-Netz der S-Bahn sowie für
die laufenden Maßnahmen im U-Bahn-Bau benötigt werden, ist bereits die Finanzierung einer
weiteren S-Bahn-Strecke mit großen Problemen verbunden.
Wie in dem obengenannten Bericht beschrieben, steht die Ringbahn (erst
Südring, dann Nordring) in der Dringlichkeit an erster Stelle. Erst danach
käme die Wiederinbetriebnahme der
S-Bahn-Strecke von Westkreuz nach
Spandau in Frage.
Auch die geforderte Teilstrecke Westkreuz - Pichelsberg ist verkehrlich
durchaus sinnvoll und wäre z. B. für
Sportveranstaltungen sicher sehr nützlich. Allerding sind die hohen Investitionen in S-Bahn-Strecken
und -Wagen für eine ständige, gleichmäßig
hohe Nachfrage wesentlich besser angelegt als für eine schwächere Regelnachfrage in Verbindung
mit gelegentlichem und unregelmäßigem Veranstaltungsverkehr.
Zur Uberprüfung und Ergänzung der
bisherigen Untersuchungen zur
Schnellbahnplanung ließ der Senat in
diesem Jahr für verschiedene Schnellbahnaltemativen des vom Bundesminister für Verkehr (BMV) zum
Nachweis ausreichender Wirtschaftlichkeit
entwickelte standardisierte Bewertungsverfahren von ÖPNV-Investitionen durchführen. Dieses
Bewertungsverfahren kam irn Bundesgebiet
bereits zur Anwendung und wird nun
vom BMV für alle neuen Berliner
Schnellbahnprojekte verlangt. Die
Untersuchungen nach dem standardisierten Bewertungsverfahren führten
ebenfalls zu dem Ergebnis, daß der
Ringbahn die höchste Priorität zukommt.
Vor dem Hintergrund der - auch im
Vergleich zu Bundesprojekten - sehr
guten Bewertungsergebnisse strebt der
Senat deshalb an, sobald wie möglich
mit der Reaktivierung des S-Bahn·Südringes zu beginnen. Unter Berücksichtigung der
unbedingt erforderlichen und
nicht verschiebbaren Maßnahmen im
betriebenen S-Bahn-Netz und des laufenden Baus der U-Bahn-Linie 8 wären
GVFG-Investitionen in den Südring ab
1991 möglich. Dies könnte nur unter
Inkaufnahme stark reduzierter Ausbaumöglichkeiten im betriebenen 71 km-Netz erfolgen.
Die erforderlichen bau- und finanztechnischen Klärungen (incl. der Antragstellung beim Bundesminister für
Verkehr) sind gegenwärtig noch nicht
abgeschlossen. Überprüft wird zur Zeit
auch, ob über die GVFG-Mittel hinaus
weitere Mittel dem Schnellbahnbau zur
Verfügung gestellt werden können.
Wenn neue Erkenntnisse über die Realisierungsmöglichkeiten weiterer
Schnellbahnstrecken vorliegen, werde
ich dem Bezirksamt Charlottenburg
entsprechende Informationen zuleiten.
Bezirksamt Charlottenburg:
2. Zwischenbericht
Der Senator für Verkehr und Betriebe ist mit Schreiben vom 6. Oktober
1988 gebeten worden, zu dem Beschluß
Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme vom 5. November 1988 ist am 29. November eingegangen.
Darin wird mitgeteilt, daß "es auf
Grund der finanziellen Rahmenbedingungen leider nicht möglich ist, das
noch stilliegende S-Bahn-Netz kurzfristig zu reaktivieren. Nach wie vor gilt
die u. a. im ‘Bericht über die Inbetriebnahme weiterer S-Bahn·Strecken’
(veröffentlicht in den Mitteilungen Nr.
162 des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 28. April 1987,
Drucksache 10/1478) dargelegte Aussage, daß die Inbetriebnahme weiterer
S-Bahn-Strecken nur allmählich und
langfristig möglich ist, wenn nur
die zur Zeit jährlich im Rahmen
des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) nach Berlin fließenden Mittel zur Verfügung stehen."
Diese Aussage wird in dem Schreiben
begründet.
Im übrigen hat das Bezirksamt
Charlottenburg in seiner Stellungnahme zur Rat-der-Bürgermeister
Vorlage Nr. 651/88 "Stadtentwicklungsplan ‘Verkehr (Netze)"’ vom
18.10.88 gefordert, "da die Planung
des Senators für Verkehr und Betriebe
insofern geändert wird, daß als erste
Strecke die von Westkreuz nach Staaken wiederhergestellt und in Betrieb
genommen wird." Der Senat hat bisher darauf nicht reagiert.
Das Bezirksamt wird sich auch weiterhin wirksam und beharrlich für das
Bürgerbegehren bzw. den Beschluß der
BVV einsetzen und über seine Bemühungen laufend berichten.
IGEB
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