|
Egal, welche Regierung wir hier in
Berlin bekommen, ob große Koalition,
ob rot-grünes Bündnis. Sicher ist: auf
vielen Politikfeldern wird sich einiges
ändern - unter einem SPD-CDU-Senat etwas weniger, mit Regierungsbeteiligung der AL einiges mehr.
Beispiel: Verkehrspolitik. Nötig, weil
überfällig, sind Änderungen dort allemal. Die Stadt erstickt bald am privaten Autoverkehr,
der öffentliche Nahverkehr wird allzu stiefmütterlich behandelt. Das muß sich ändern! Sicher
nicht von heute auf morgen, das erfordert ein langfristiges Konzept. Allein
die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs - also Busspuren, BVG·Umweltkarte,
Ausbau der S-Bahn etc. - das allein reicht für eine wirklich ökologisch
orientierte Verkehrsplanung noch nicht
aus. Wer von einer neuen, einer umweltbewußten Verkehrspolitik überzeugt ist, der muß auch den Mut
haben, den privaten motorisierten Individualverkehr einzuschränken. Anders
ausgedrückt: das Fahren mit dem Auto
in der Stadt muß unattraktiver werden.
"Der öffentliche Nahverkehr sei ein
Faß ohne Boden" - so die landläufige
Betrachtungsweise. Aber das ist eine
Milchmädchenrechnung. Wenn man
nämlich alle Kosten des Individualverkehrs, auch die indirekten Folgekosten
- wie Umweltschäden oder Kosten von
Verkehrsunfällen - mitrechnet, dann
kosten Autofahrer den Steuerzahler
mehr Geld als der öffentliche Nahverkehr.
Auch im Fernverkehr muß und wird
sich hoffentlich einiges ändem. Der alte
Senat hat beim Flugverkehr die falschen Signale gesetzt. Der Ausbau des
innerstätischen Flughafens Tegel, die
drastische Ausweitung der Fluverbindungen: sie müssen zurückgenommen
werden! Einen großen Erfolg erzielten
jetzt die Initiatoren der Bürgerbegehren in Reinickendorf und in Spandau.
Insgesamt 77.000 Bürger - weit mehr
als erforderlich - unterschrieben das
Bürgerbegehren gegen Fluglärm und
Flughafenausbau. Sie können sich
durch den Berliner Wahlausgang berechtigte Hoffnungen machen, daß
ihre Vorschläge und Bitten künftig Gehör finden im Rathaus Schöneberg -
zumal sich ja Klagen über chaotische
Zustände am Fliegerhimmel, über
Verspätungen und über schlecht ausgelastete Flugzeuge immer mehr häufen.
Eine Kooperation mit dem Flughafen
Schönefeld muß unbedingt angestrebt
werden, und - das Dauerthema seit
Jahren, aber es passiert ja kaum etwas
- die Schienenwege ins Bundesgebiet
müssen ausgebaut werden, und zwar
alle, nicht nur der nach Hannover.
Das sind die verkehrspolitischen Prioritäten für diese Stadt. Deren Umsetzung wird jetzt leichter fallen.
Schließlich votierte die Mehrheit der Berliner für eine neue Politik. (SFB-Mittagskommentar vom
11. Februar 1989)
Dieter van Helt, Sender Freies Berlin
|