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Der zeitliche Aspekt
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FS 17.05.1990 |
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FS 17.05.1990 |
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S-Bf. Steglitz im Oktober 88. Der zweite Behelfsbahnsteig ist im Bau. Im Mai 90 wurde er schon wieder abgerissen. Hier war das Geld da, aber am S-Bf.. Bornholmer Straße soll auf einen provisorischen Bahnsteig, der vielen Fahgästen ab 1991 das Umsteigen ermöglichen würde, verzichtet werden. Foto: M. Hirsch |
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Links der alte S-Bf. Bornholmer Straße, an dem die S-Bahn-Züge der BVG halten sollen, rechts die S-Bahn-Gleise der DR und die von einem Bahnsteig Bornholmer Straße Ost betroffene Häuser. In der Mitte die Fernbahngleise, die erneuert und elektrifiziert werden. Foto: F. Böhnke |
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Die derzeitige Situation: Die S-Bahn-Züge der BVG im Westen und der DR im Osten fahren aneinander vorbei. Es gibt keine Umsteigemöglichkeit. Zeichnung: IGEB |
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Das wäre kurzfristig realisierbar: Es gibt einen Bahnsteig Bornholmer Straße West (den vorhandenen) und einen provisorischen Bahnsteig Ost. Viele tausend Fahrgäste könnten Umsteigen. Zeichnung: IGEB |
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So muß es werden. Doch die Vernetzung der S-Bahn im Berliner Norden ist aufwendig und teuer und deshalb nicht vertretbar, solange viele S-Bahn-Strecken stillgelegt sind. Zeichnung: IGEB |
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Die Gegner eines provisorischen Bahnsteiges “Bornholmer Straße Ost" begründen dies u.a.
mit dem Umsteigeweg von ca. 60 Metern, wobei zwei
Treppen zu überwinden sind. Sie fordern deshalb die “große Lösung”, bei
der die Strecken so verknüpft werden,
daß ein Umsteigen am Bahnsteig möglich ist. Doch die “große Lösung" erfordert ein
Gesamtkonzept, daß den S-Bahnhof Gesundbrunnen und die Fernbahn einschließt und bis zu
dessen Vorlage und Abstimmung sicher noch ein
bis zwei Jahre vergehen werden. Erst
danach könnte mit den mehrjährigen
Bauarbeiten begonnen werden, falls die
benötigten Gelder zur Verfügung stehen. Spätestens daran aber wird, ja
muß eine schnelle Realisierung scheitern.
Die IGEB hat einmal untersucht, wie
eine “große Lösung” aussehen könnte,
bei der im Bereich Bornholmer Straße,
Gesundbrunnen und Schönhauser Allee
mit S-Bahn- und Fernzügen zukünftig
aus allen in alle Richtungen gefahren
werden kann und bei der ausreichend
leistungsfähige Strecken und Bahnhöfe
zur Verfügung stehen. Der im Zerrplan
auf S.7 dargestellte IGEB-Vorschlag
berücksichtigt alle diese Anforderungen. Das ist sicherlich nicht die einzig
denkbare Lösung, doch jede, die die
hier dargestellten Möglichkeiten im
Endzustand nicht bietet oder gar verbaut, wäre unakzeptabel. Andererseits
wird die gezeigte und jede andere vernünftige Lösung sicher schon in der ersten
Ausbaustufe über 100 Mio DM erfordern, um in Bornholmer Straße am
Bahnsteig umsteigen zu können, ohne
damit aber zugleich z.B. auf die Linienführung von Bornholmer Straße nach
Schönhauser Allee zu verzichten. Angesichts zahlreicher stillgelegter Strecken
ist eine solch große Investition kurzfristig nicht vorstellbar.
Deshalb würde der Verzicht auf den
provisorischen Bahnsteig “Bornholmer
Straße Ost” zugunsten einer “großen
Lösung" bedeuten, daß täglich tausende von Fahrgästen der BVG und der
Reichsbahn durch das Fehlen der Umsteigemöglichkeit noch viele Jahre lang
Umwege fahren müssen. Der Zeitaufwand für diese Umwegfahrten ist mit
Sicherheit deutlich höher, als der (im
Vergleich zu anderen Berliner Umsteigebahnhöfen keineswegs überdurchschnittliche)
Zeitaufwand für den Umsteigeweg bei einer provisorischen Lösung in Bornholmer Straße.
Der finanzielle Aspekt
Der provisorische Bahnsteig wird höchstens 3 bis 5 Mio DM kosten. Da - wie
vorstehend gezeigt - absehbar ist, daß
der angestrebte große Umbau in den
nächsten Jahren nicht möglich sein
wird, während die provisorische Lösung
vielen Fahrgästen Umwege und lange
Fahrzeiten erspart und innerhalb eines
Jahres realisierbar ist, wären die Gelder
dafür keineswegs vergeudet. Es drängt
sich hier wie auch an anderer Stelle
(z.B. bei der Diskussion um Straßenbahn- und U-Bahn-Bau) der Verdacht
auf, daß die Ablehnung von einfachen
bzw. provisorischen Maßnahmen nicht
nur einem in West und Ost zu findenden Perfektíonsdrang entspringt, sondern bei Ost-Berliner
Politikern, Planern und Bürgern auch auf eine Überschätzung der neuen finanziellen
Möglichkeiten zurückzuführen ist.
Die Geringschätzung der Fahrgastinteressen
Es kann nicht hingenommen werden,
daß Geld für einen provisorischen
Bahnsteig vorhanden ist, sobald es um
bautechnische Belange geht, z.B. um
die Durchfahrtshöhe auf der Albrechtstraße unter dem S-Bahnhof Steglitz
anzuheben, daß aber kein Geld für einen provisorischen Bahnsteig zur Verfügung gestellt
wird, wenn es um die
Belange von tausenden von Fahrgästen
geht. Deshalb fordert die IGEB Senat
und Deutsche Reichsbahn auf, zusammen mit der für 1990/91 geplanten
Wiederherstellung des S-Bahnhofes
“Bornholmer Straße West” für die
BVG-Züge sofort auch einen provisorischen Bahnsteig “Ost” für die S-Bahn-Züge der
Reichsbahn zu bauen.
Die angebliche Berücksichtigung
von Anwohnerinteressen
Direkt am geplanten provisorischen
Bahnsteig gibt es - je nach Lage des
Bahnsteiges - gar keine oder nur wenige Anwohner. Diese Anwohner würden
bei einer südlichen Lage des provisorischen Bahnsteiges sicherlich durch den
Bahnhofsbetrie belastet, doch diese
Belastung wäre zeitlich befristet. Aber
auch ohne Bahnsteig werden viele S-Bahn- und Fernzüge - wie bisher schon
- vor ihren Wohnungen entlang fahren.
Mit einem Bahnsteig “Bornholmer
Straße Ost” haben die Anwohner aber
nicht mehr nur den Nachteil der
Fahrgeräusche, sondern auch den Vorteil einer nahegelegenen Zustiegsmöglichkeit. Und
Ost-Berliner Planer und
Politiker, die jetzt mit der Umweltbelastung der Anwohner gegen das Provisorium argumentieren,
machen sich unglaubwürdig, solange sie diesen Anwohnern eine neue überörtliche
Hauptverkehrsstraße von der Granitz- zur
Eberswalder Straße vor die Fenster
bauen wollen. Entsprechende Pläne
werden zur Zeit in Pankow öffentlich
ausgestellt (Berliner Straße 100, geöffnet dienstags von 16 bis 19 Uhr).
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