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Was vor Jahresfrist undenkbar schien,
ist an der Drei-Länder-Ecke zwischen
Hessen, Niedersachsen und Thüringen
seit Wochen Alltag: Eisenbahner in der
Uniform der Deutschen Reichsbahn
laufen durch den westdeutschen Bahnhof Eichenberg, Westdeutsche Gleisbauunternehmen
bevölkern den ostdeutschen Bahnhof Arenshausen. Seit
dem 9. November 1989 liegen beide
wieder 3,5 km voneinander entfernt, bis
dahin war es eine Tagesreise; denn die
direkte Verbindung war seit Kriegsende
unterbrochen. Vom 27. Mai an werden
zunächst fünf Schnellzugpaare und etliche Güterzüge Ost und) West wieder
miteinander verbinden: Der erste
deutsch-deutsche Bahnbau läuft auf
Hochtouren und kommt zügig voran.
Eichenberg liegt an der Nord-Süd-Strecke von Hannover nach Würzburg
und Frankfurt, hier mündet auch die
Strecke von Kassel über Hannoversch
Münden ein. Früher führte diese
Strecke am anderen Ende des Bahnhofs
weiter in östlicher Richtung, über Heiligenstadt im Eichsfeld und Nordhausen
nach Halle und Berlin.
Als Bundesbahn und Reichsbahn im
November 1989 in Essen vereinbarten,
ihre beiden Streckennetze zwischen Eichenberg und Arenshausen wieder miteinander
zu verbinden, mußte alles
ganz schnell gehen; denn gut ein halbes
Jahr später sollten bereits die ersten
Züge rollen. Doch bevor die Gleisbauer
anrücken konnten, mußten Forstarbeiter
mit Motorsägen den Aufwuchs beseitigen, der in viereinhalb Jahrzehnten
hochgewachsen war. Der Grenzgraben
mußte aufgefüllt und der alte Oberbau
völlig abgetragen werden, um ein neues
Planum rnit der nötigen Tiefenentwässerung herstellen zu können. Hier arbeitet
die Deutsche Reichsbahn mit eigenen Kräften und ihren Baumaschinen,
während der neue Oberbau von
westdeutschen Gleisbauunternehmen
hergestellt wird. Mitte April hatte von
östlicher Seite her das erste Gleis bereits die Grenze in Richtung Eichenberg
überschritten, am Planum für das
Zweite Gleis wird gearbeitet, obwohl es
vorerst noch nicht durchgehend angeschlossen zu werden braucht.
Neu gebaut werden in Eichenberg die
Bahnsteige für die neue Richtung und
der Anschluß an die Bahnsteigunterführung. Ganz am nordöstlichen Rand
des Bahnhofs laufen die Gleisbauarbeiten. Bis Mitte Mai soll der Lückenschluß vollzogen,
die alte Verbindung
völlig neu wiederhergestellt sein. Insgesamt werden dann 476 m Bahnsteig neu
gebaut, 2800 m neue Gleise und 9 Weichen auf 13.500 Tonnen Planum und
11.500 Tonnen Schotter verlegt sein.
Die Baukosten auf bundesdeutscher
Seite sind mit 13,3 Millionen DM veranschlagt.
Während durch Eichenberg im Abstand
von wenigen Minuten EC-, IC-, IR-, D-,
Eil- und Güterzüge rollen, herrscht auf
dem Bahnhof Arenshausen jenseits der
Grenze Zugstille. Der Verkehr wurde
Mitte Februar völlig ein estellt, jetzt ist
hier eine riesige Baustelle. Neben dem
Bahnhofsgebäude stehen mehrere große Container mit Fenstern zur Gleisseite hin; hier
wird das von der Bundesbahn als Überbrückungshilfe zur Verfügung gestellte
Gleisbildstellwerk der
modernen Bauart SpDrS60 untergebracht. Bis Ende Mai wird es angeschlossen
und den Fahrdienstleitern der
Reichsbahn vertraut sein.
Für Eichenberg, wo der Eisenbahnverkehr nie aufgehört hatte zu rollen, vervollständigt
sich das Verkehrskreuz
wieder in Richtung Osten. In Arenshausen dagegen öffnen sich völlig neue
Perspektiven, nachdem hier beinahe ein
halbes Jahrhundert lang die Welt zu
Ende war. Denn Ort und Bahnhof lagen im Sperrgebiet an der Grenze, für
Fremde nicht zugänglich und wo sich
selbst die Einheimischen kaum frei bewegen konnten.
(Auszug aus BMV-Verkehrsnachrichten, Heft 5/90)
Bundesministerium für Verkehr
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