|
|
Abb. 12: Vereinfachtes Ablaufschema zum Genehmigungsverfahren für den Bau der neuen Bahnstrecken. Abbildung aus: Ernst Rudolph, Eisenbahn auf neuen Wegen, Hestra, Darmstadt 1989. |
|
Abb. 13: Vergleich der Schallbelastung heute und nach dem Streckenausbau. Aus: Eisenabahn auf neuen Wegen. |
|
Legende zu den Abbildungen 6 bis 9 in SIGNAL 6/90. |
|
Tabelle mit Teilstreckenlängen der Varianten 1 bis 4. |
|
Abb. 16: Durchquerungszeiten-Vergleich Griebnitzsee - Erkner und Staaken - Erkner |
|
Abb. 18: Entwurf einer Bewertung nach dem Rangfolge-Prinzip. |
|
Abb. 17: Gesamtübericht der Kriterien zur Bewertung der vier Varianten. |
|
Abb 19: Tunnelquerschnitte für gerades und gekrümmtes Doppelgleis. aus: Eisenbahn auf neuen Wegen, Hestra |
|
Abb. 20: Tabelle des Investitionsbedarfs für die Varianten 1 bis 4. |
|
Abb. 21: Preisstände französischer, japanischer und deutscher Neubaustrecken-Projekte. aus: Eisenbahn auf neuen Wegen, Hestra |
|
Abb. 22: Ist-Stand der Fahrgastzahlen und Einnahmen und Überschüsse (zur Deckung der DB-Betriebskosten sowie DDR-Anteile). In Abweichung von üblichen Darstellungsarten wird bei dieser Statistik der einzelne Zug und nicht das Zugpaar als Basis genommen. |
|
Abb. 23: Prognose der Fahrgastzahlen, Erlöse und Überschüsse (5% von den Brutto-Erlösen zur Amortisation des Kapitals). Die Erlöse - bezogen auf die Entwicklung von 1990 bis 2010 (linear, mit einem Durchschnittserlös von 200 DM pro Fahrkarte, bei den drei Zugarten IR, IC und ICE zur besseren Verständlichkeit standardisiert) rund 3 Mrd. DM betragen, die zur Verfügung stehenden Überschüsse zur Verzinsung und Rückführung des investierten Kapitals rund 150 Mio DM pro Jahr. In 20 Jahren ergäben sich annähernd 3 Mrd. DM an überschüssigen Mitteln für die Amortisation, wobei den Mindereinnahmen der zweiten 10-Jahres-Dekade Mehreinnahmen der 3. Dekade gegenüberstehen. Die 1. Dekade wird zeitlich für den Bau und die Inbetriebnahme der Strecken benötigt. |
|
4. Abwägung der Realisierungsbedingungen nach
dem Stand der Flächennutzungsplanung
Der für Berlin (West) geltende Flächennutzungsplan
“FNP 84” wurde in den Jahren
1984 bis 1988, also noch unter dem CDU/F.D.P.-Senat,
aufgestellt. Ziel der Planer
war es, durch Beachtung vorhandener und
möglicher Verflechtungen der Halbstadt
mit ihrem Umland künftige Entwicklungsmöglichkeiten
der gesamten Stadtregion
Berlin nicht zu verbauen. Dennoch ist dieser
Plan an vielen Stellen durch ein "Inseldenken"
geprägt. So enden die aus dem Süden kommenden
Bahntrassen der Anhalter
Bahn südlich der Yorckstraße in einem Gewerbe- und die
der Potsdamer Bahn in einem Mischgebiet.
Das klassische Gelände am Gleisdreieck
zwischen Landwehrkanal (Nordrand), Möckernstraße
(Ostrand), Yorckstraße (Südrand) und dem Straßenzug
Kulmer-Dennewitz-Flottwellstraße im Westen beherbergte
einst auf etwa 68 ha folgende Verkehrsanlagen:
- Die Anlagen des Anhalter Güterbahnhofes
(größte örtliche Güter- und Stückgutumschlaganlage Berlins);
- Die Ferndurchfahrtgleise zum Anhalter
Personenbahnhof (Kopfbahnhof) nördlich
des Landwehrkanals (7 Bahnsteige in der Halle);
- Das Betriebswerk des Anhalter Personenbahnhofes
(Gelände des heutigen Museums
für Verkehr- und Technik, 1. Bauabschnitt);
- Die Aufstellgleise für Personenzug- und
D-Zug-Garnituren des Anhalter Personenbahnhofes
mit den seinerzeit neuerbauten
Triebwagenschuppen für die Díeseltriebzüge nach
Südwestdeutschland;
- Die Anlagen des Paketpostamtes an der
Luckenwalder Straße mit einem Verbindungsgleis zu
den südlichen Bahnsteigköpfen des Anhalter Personenbahnhofes mit
der benachbarten Expreßgutabfertigung und
dem Briefpostamt an der Möckernstraße - ein im Europa der 30er
Jahre einmaliger Verbund im Postbrief- und
Kleingutverkehr mit
täglich zweimaliger Zustellung zu allen deutschen Submetropolen;
Emissionsbilanz im
Gleisdreieck: Elektrokarrenverkehr in unterirdischen
Verbindungstunneln, keine Brennkraftmotoren, zwei beinahe
umweltfreundliche 3-achsige Dampfloks für die Postwagenbeistellung
von und zu den Fernzügen;
- Die Anlagen des Potsdamer Güterbahnhofes;
- Die Ferndurchfahrtgleise zum nördlichen
Potsdamer Bahnhof am Potsdamer Platz;
- Die Abstell- und Aufstellgleisgruppen für
die Personenzug- und Fernzuggarnituren bei
starkem Vorortverkehr von und nach Potsdam
- Das Betriebswerk mit Lokrundschuppen und
Drehscheibe;
- Die S-Bahn-Gleise
der Wannsee-Bahn (mit
den schnellen “Bankierszügen”) und dem
Ringbahnanschluß (2 Flügelbahnhöfe am Potsdamer).
Soweit die Anlagen in
der Verkehrsebene +1.
Die fischbauchähnliche
Gesamtanlage von ca.
1,2 km Länge (Nord-Süd) und 0,5 km Breite (Ost-West), die etwa
68 ha Fläche beansprucht, wies an ihrer
breitesten Stelle etwa
60 parallel liegende
Gleise auf (in der Breite vergleichbar dem
in jener Zeit größten deutschen Verschiebebahnhof
Hamm/Westfalen am Ostausgang
des Ruhrgebietes). Die Verkehrsanlagen in
der Ebene +2 werden von den Hochbahnen U1 und U2 belegt, die
sich in Gleisdreieck kreuzen. In der Ebene -2 liegen die S-Bahnen
S1 und S2 mit der Station Anhalter
S-Bahnhof.
Die Anlagen der eigentlichen Kopfbahnhöfe
lagen nördlich, in Richtung Stadtmitte,
außerhalb des Gleisdreiecks. Dazu mußten
der Landwehrkanal und die parallel in Ebene 0 verlaufenden
Uferstraßen überbrückt
werden. Ein zu jener Zeit weltweit bestauntes
Verkehrswege-Ensemble war das 5-Ebebnen-Bauwerk in
der Fernbahneinfädelung
zum Anhalter Personenbahnhof:
Ebene -2: Nord-Süd-S-Bahn, Ebene -1:
Schiffahrtslinie des Landwehrkanals, Ebene
0: Kanaluferstraßen, Ebene +1: Fernbahn-
und Vorortbahnzufahrt zum Anhalter Bf.
(viergleisig), Ebene +2: Hochbahn von
Warschauer Brücke über Gleisdreieck in
Richtung Uhlandstraße/Innsbrucker Platz.
Eine weitere wichtige innerstädtische Linie
wurde mit der U7 von Rudow nach Spandau an
dieser Stelle in den 60er/70er Jahren
in der Ebene -1,5 gebaut, die bei einer evtl.
unterirdischen Trassierung der Nord-Süd-Fernbahn über
den Anhalter Bf. am Südkopf eine weitere Anbindung des
ÖPNV-Netzes an die Fernbahn technisch nahelegt.
Alle diese Einrichtungen lagen bis zur im
FNP 84 vorgenommenen Umwidmung auf
Bahngelände. Die Bahntrassen, obwohl seit
1952 ungenutzt, waren Bestandteil dieser
abwartenden Haltung, die freilich durch die
alliierten Vorbehaltsrechte im Kern gestützt
wurde. Die politischen Veränderungen des
letzten Jahres könnten nun zu einem
Glücksfall für die weitere Bahnplanung werden,
allerdings nur dann, wenn sich die Planungsbehörden
nach Fortfall der alliierten
Vorbehaltsrechte im Rahmen der 2+4-Verhandlungen
an dem Grundsatz einer abwägenden Entscheidungsphilosophie, die auch
den Wert des historischen Ortes und einer
ökologisch vorteilhaften Lage in Bezug auf
kurze innerstädtische Transportwege für
Personen und Güter in Betracht zieht,
orientieren und nicht vorschnell und einseitig
Entscheidungen fällen oder Festlegungen
treffen, die vernünftige sachgerechte
Planungen auf Jahrzehnte blockieren.
5. Entwurf einer Erfassung baulicher Gegebenheiten
Als quantitative Bemessungsgrundlage für
die Herstellungskosten der Teilstrecken zwischen
Abtauch- und Auftauchpunkt im innerstädtischen
Bereich mögen behelfsweise
die Streckenlängen nach Maßgabe des Planes 1:10.000 dienen.
Als Nullmeridian jeder
Teilstrecke wurden die Gleiskopfenden in
den ehemaligen Kopfbahnhöfen Lehrter,
Potsdamer und Anhalter Personenbahnhof
ausgewählt, so wie sie in den Originalgleisplänen
dargestellt sind. Die seinerzeit nicht
interessierenden verbindenden Teilstrecken
wurden nunmehr hinzugefügt, und erstmals
im Zeichnungsmaßstab kilometriert. Die
gefundenen Werte wurden mit einem topographischen
Index gekennzeichnet
und tabellarisch entsprechend ihrer
Netzlage eingefügt. Jede Variante läßt
sich in Teilstrecken untergliedern.
5.1 Methodik des Vergleiches
Es wurde zwischen der “Stammstrecke”
einer Variante und ihren sinngebenden
“Ergänzungs-Teilstrecken" unterschieden.
Als quantitative Bemessungsgrundlage für
die Herstellungskosten konnten
behelfsweise die Streckenlängen nach
Maßgabe des Planes 1:l0.000 herangezogen werden.
Als Nullmeridian wurden
Jeweils die Gleisköpfe in den ehemaligen
Endbahnhöfen Lerther und Anhalter
ausgewählt, wie es in den überlieferten
Gleisplänen angegeben wird. In den
maßstäblichen Skizzen (SIGNAL 6/90 , Abbildungen 6 bis 9)
erfolgt die Kilometrierung bei 0,00 beginnend in nördlicher
Richtung am Lehrter, in südlicher Richtung
am Anhalter und Potsdamer und in östlicher
Richtung am Anhalter Bahnhof bis
zum Auftauchpunkt (ATP).
5.2 Übergeordnete Kriterien als Ursachen
für Trassenüberdeckungen
Der Lehrter Bahnhof wird bemerkenswerter
Weise von allen Trassenvarianten auf
der Nord-Süd-Ferntrasse durchfahren. Die
den Fernbahnhofsbereich kreuzende Invalidenstraße
ist eine nördliche Tangente des
Zentralen Bereiches, beide Verkehrs-Trassen
schmiegen sich an, und die Nähe des
Lehrter Bahnhofs zum Reichstag sollte
doch bewußt für die leichte Erreichbarkeit
des künftig gesamtdeutschen Hohen Hauses
für seine Mitglieder planerisch genutzt werden.
Ein anderer wichtiger übergeordneter
Aspekt ist die Dauer der Fahrzeiten ab
Stadtgrenze bis zu den diskutierten Bahnhofsstandorten,
wobei zur Wahrung der polyzentrischen
Stadtstruktur zu vorgegebenen
Oberzentren je ein Fernbahnhof zugeordnet
werden sollte. Eine natürliche Strukturkomponente
ist die Vernetzung mit den bereits
vorhandenen ÖPNV-Linien - je weniger
Umsteigevorgänge, umso besser für das
Rad-Schiene-System als Verbundreisemedium der
Zukunft. Die kurvenreiche Stadtbahn nicht als
Dauerlangsamfahrstelle für
den Hochgeschwindigkeitsverkehr, sondern
als S-Bahn- und Regionalbahntrasse - konzeptionell
ist eine Umgehung möglich.
5.2.1 Besonderheiten der 1. Tunnelvariante
Gesundbrunnen - Papestraße
Aus den verkehrspolitisch engagierten Kreisen
der AL kam erstmals die öffentliche
Bekundung zur Notwendigkeit einer eisenbahntechnischen
Nord-Süd-Durchquerung
des Berliner Stadtraumes. Als Vorgabe werden
lediglich zwei Punkte genannt: Im
Norden der Bahnhof Gesundbrunnen, im
Süden Berlins der S-Bf, Papestraße, Kreuzungspunkt
der Anhaltischen Fernbahntrasse in Parallellage
zur S-Bahn Sl und dem
Berliner Süd-(Innen-)Ring. Die besondere
Wirksamkeit dieses konzeptionellen Entwurfes
liegt in der räumlich weitgreifenden
Durchquerug des Stadtinnenraumes unter
Inkaufnahme mehrerer Untervarianten in
der Trassenführung. Die Spannweite umfaßt
alle Verlaufsmöglichkeiten westlich des
Potsdamer Platzes und kreiert einen Auftauchpunkt
im südlichen Gleisdreieck, der
dann von Ebene -2 (unter dem Landwehrkanal)
auf Ebene +1 (über der Yorckstraße) planerisch
anzusteuern ist. Die Kürze
der verfügbaren Entfernungen bedingt eine
ungewohnt steile Entwicklung der Gradiente (bis zu 3,0-3,5%).
Ein positiver Aspekt
liegt im Flächenvorrat im Bereich des Bahnhofsgeländes
Gesundbrunnen.
5.2.2 Besonderheiten der 2. Tunnelvariante Lehrter
Bahnhof - Potsdamer Platz
Wenn die auf der Planung der Hochbahngesellschaft
fußenden Varianten schon im Jahre 1909 an einer
möglichst kurzen Unterquerung des Innenbereiches
interessiert waren, dann profitiert diese Variante von jener
betagten Erkenntnis. Sie ist mit 2 km die
kürzeste Verbindung der obengenannten
zwei innerstädtischen Punkte. Als Nachteil
kann die bestehende Überfüllung des Bereiches
um den Westrand des Potsdamer Platzes mit der Anlagen
von U2 und S1 angeführt werden. Ein weiteres Ausweichen in
Richtung Westen wird durch die Interessenlage
von Daimler-Benz zwischen Link- und
neuer Potsdamer Straße begrenzt, die westlich
von der Baumasse der Staatsbibliothek
flankiert wird. Im weiteren Verlauf ergeben
sich für die dort befindlichen Anlieger zahlreiche
Einspruchsmöglichkeiten, besonders
in südlicher Richtung durch die anhörpflichtigen
Betroffenen. Die sich einem Planfeststellungsbeschluß
entgegenstellenden Einspruchsmöglichkeiten können zu
jahrelangen Verzögerungen führen.
5.2.3 Besonderheiten der 3. Tunnelvariante
Lehrter Bf. - Gleisdreieck - Papestraße
Diese Variante bemüht sich darum, die
Nachteile der 2. Variante zu vermeiden,
ohne auf einige der 4. Variante zu verzichten.
Die Lage des Lehrter Bahnhofs wird
nördlich der Stadtbahnbögen vorgesehen,
die Trasse unterquert in einem nach Süden
ausweichenden S-Bogen die Spree und nähert
sich in einer Untervariante dem Potsdamer Platz,
ohne einen Halt einzulegen,
und unterquert danach den Landwehrkanal.
Der Auftauchpunkt wird über eine unverhältnismäßig
steile Rampe noch nördlich
der Yorckstraße angepeilt, um danach in
einen hier zwischen S1, S2 und U7 sich erstreckenden
Oberflächenbahnhof einzumünden, - Eine andere Untervariante
berührt und hält am Potsdamer Platz, allerdings
wegen der Platzenge in Gestalt eines
Haltepunktes, mit naheliegenden Übergangsmöglichkeiten
zur S1 und Wiederaufzubauenden U2, die in dem Verbindungsstück
zum Hochbahnhof im Gleisdreieck
bislang von der 1,6 km langen M-Bahn-Referenzstrecke
belegt wird. - Südlich des
Landwehrkanals werden Postbahnhof und
Freianlagen des Museums für Verkehr und
Technik geschickt umgangen.
Als betrieblich nicht ganz unproblematisch
muß die weitere Trassenführung zwischen
Landwehrkanal und Yorckstraße angesehen
werden, da einmal der Höhenunterschied
von Ebene -2 (unter dem Landwehrkanal)
zur Ebene +1 (über die Yorckstraße) überwunden
werden muß, und dabei wegen der
kurzen räumlichen Entwicklungslänge die
Gradiente ein Steigungsmaß von 3,0-4,0%
erreicht; zum andern gilt es vor Erreichen
der Yorckstraße, die S 1 und 2, die hier bereits
auseinanderdriften, in Ebene +1 an
die Fernbahn anzubinden und außerdem in
Ebene -l die diagonal den Anlagenkomplex
unterschneidende U-Bahn-Linie U7 einzubeziehen.
Es sollte auch bedacht werden,
daß InterCity-Expreß-Züge in der in Auftrag
gegebenen Fahrzeugkombination von
zwei Triebköpfen und 14 Zwischenwagen
mit einer Wagenlånge von 26,4 m ("LÜP")
eine Zuglänge von ca. 420 m erreichen werden
und dazugehörige Bahnsteige dann eine
in der Horizontalen verlaufende Ausdehung
von mindestens korrespondierender Länge
haben sollten. - Verwunderlich erscheint
noch eine Unterlassung beim Entwurf des
Lehrter Bahnhofes, dessen südliche Bahnsteigköpfe der
Kongresshalle zugewendet
sind, während es sinnvoller wäre, der Nähe
zum Reichstag den Vorrang zu geben.
5.2.4 Besonderheiten der 4. Tunnelvariante
Lehrter - Anhalter Bahnhof
Die Variante 4 bietet eine Aufgabenteilung
zwischen dem Lehrter Bahnhof als Tor zum
Nordwesten und dem Anhalter Bahnhof als
Tor zum Süden - entsprechend der polyzentrischen
Stadtstruktur Berlins. Eine von den
Fachleuten der Verkehrsplanung noch nicht
ausreichend in ihrem Ideengehalt verifizierte
zusätzliche Ausbaumöglichkeit als Ferperspektive ist
die unterirdische Verbindung mit Berlins Tor nach dem Osten - in
der vorletzten Namensgebung als “Ostbahnhof"
funktionsgemäß zutreffend bezeichnet.
Der Lehrter Bf. bietet zudem noch eine innere
Unterteilung in den bereits bestehenden und
aktiv genutzten Güterbereich - er
beinhaltet in Parallellage zu Berlins Nord-Süd-Straßenachse
das einzige Container-Terminal in der westlichen Stadthälfte. Die
östlich der 2 km langen Heidestraße gelegenen
Doppelachsen der ebenso langgestreckten
Güterschuppen mit Gleisanschluß werden
zum Leidwesen aller Ökologen nicht
per Schiene, sondern per Straße gefüllt und
geleert (dezentral strukturiertes Spediteurs-
Verteilzentrum).
Auch der Anhalter Bf. verfügt südlich des
Landwehrkanals entlang der Möckernstraße
über zwei etwa 500 m lange Güterschuppenachsen,
die in analoger Weise von Spediteuren angemietet
und als Verteilzentren mittels Straßengüterverkehr betrieben werden
(von wenigen Wagenladungsverkehren über
die ebenfalls aktive Schienenanbindung abgesehen).
Es muß allerdings aus sachlicher
Kenntnis der Zusammenhänge angemerkt
werden, daß das im markt-wirtschaftlichen
Kaufmannswarenverkehr unentbehrliche
Erfordemis nach einem raschen Warenumschlag
(Stichwort “Just in time“) bei grotesker Verzerrung
der Transportzeiten auf der
Schiene zum Vorteil der Straße eine andere
Bewirtschaftung untragbar werden ließ. Die
maßgebliche Ursache war bis zum 9.11.1989
die überzogene sicherheitspolizeiliche Abfertigungsprozedur
und die nachrangige Beförderung der West-Güterwagen auf den
heruntergewirtschafteten West- und Süd-westmagistralen
des DDR-Schienennetzes
4 Stunden Straßentransport zwischen Drewitz
und Helmstedt standen 4 Tage auf der
Schiene zwischen Seelze und Seddin gegenüber.
Nach diesem Exkurs über die bemerkenswerte
Nähe von Ortsgüteranlagen zu den
Verbrauchenentren - die von der maßgebenden
Planungsinstanz des West-Berliner
Senats ebenso beurteilt wird - nun zur Anbindung
des ÖPNV. Der Lehner Bf verfügt
über die sehr wichtige und sehr schnelle S-Bahn-Anbindung
in Ebene +1 auf der Ost-West-Magistrale der Stadtbahn. Früher von
erheblicher Bedeutung war der Vorortverkehr
nach dem Westen und Nordwesten
(Dampfbetrieb bis zur Einstellung 1952). In
Planung befindlich ist eine unterirdische
Vollendung der Linie S2 ab Potsdamer in
Richtung Lehrter und weiter zum Nordring
mit Einbindung in Höhe Putlitzstraße. Es
gab auch schon Stimmen, die eine Verlängerung
über Putlitzstraße bis in den Innenhof
des Flughafens Tegel (Tieflage) in Erwägung zogen.
Der Anhalter Bf. ist bei geeigneter Planung
auf Grund seiner Nord-Südlage ein idealer
Verknüpfungspunkt zwischen Fern- und S-Bahn, sobald die
Fernbahn in Tieflage an die parallelliegende S-Bahn
herangeführt wird. Ebenengleiches
Umsteigen in die S1 und die S2 ist infolge
bestehender, starkfrequentiener Verbindungen
bequem möglich. Am Südkopf
quert die U7 in Ebene -1,2 eine in Tieflage
befindliche Fernbahn, darüber in Ebene +2
fährt die ebenfalls starkfrequentierte U1,
die durch Rolltreppen oder großräumig
Lifte in dichter Folge (Paris, Centre Pompidou)
verknüpft werden könnte.
Ein weiterer, im Hinblick auf die betrieblichen
Belange des Mischbetriebes von ICE-,
IC- und IR-Zuggarnituren wichtiger Vorteil
der Variante 4 ist eine Trassierung, die in
allen Rampenbereichen eine Steigung von
weniger als 0,8% technisch zuläßt. Im Gegensatz
dazu wird es bei der Variante 3 an
den oben beschriebenen Stellen, wie auch
zwischen dem Südkopf des Lehrter Bahnhofs
und dem Landwehrkanalboden sehr
eng. - Die früher einmal sehr bedeutsame
enge innerbetriebliche Verknüpfung zwischen
dem Anhalter Bf. und dem Briefpostamt
“SW 11” an der Möckernstraße sowie
dem Paketpostamt “SW 77" an der Luckenwalder Straße,
seinerzeit mit den modernsten Sortieranlagen
in mechanisierter Fördertechnik ausgerüstet, erhoben Berlin zu
einer Kultstätte der Kommunikation - eine
neue Bundesbahnstrategie entkoppelt in einem
Großprojekt soeben den Kleingütverkehr von
dem schnellen Personenverkehr,
um die - angeblich permanenten - IC-Verspätungen
durch die Old-time-Umschlagvorgänge an den
Post- und Packwagen abzustellen.
Es gibt Kritiker dieser Vorgehensweise und
Verfahrensvorschläge, die den
Berliner Verkehrsbedürfnissen durchaus in
einem Pilotprojekt wieder Geltung zu verschaffen
vermöchten, und auch die Bundespost übt
Kritik an der jetzigen "Neuerung".
Ein in der Planungsdiskussion der vergangenen
Jahre, aber auch in den fachbezogenen
Erörterungen der jüngeren Zeit unterdrückter
Gesichtspunkt ist die stadtplanerische
Einbeziehung von Verkehrsanlagen in das
historische Stadtbild und ihre Einbettung in
die gewachsenen und durch frühere Generationen
gestalteten Standorte. Wenn auch
die bauhistorischen und stadtplanerischen
Experten des Urhebers der Variante 4, der
Förderverein Anhalter und Lehrter Bahnhof Berlin,
eine gewisse Meinungsführerschaft erreicht
haben, so hat dies unabhängig davon zur
Folge, daß sich auch in den
anderen Bürgerinitiativen und Planungsgruppen,
die sich aus östlicher Provenienz
zu Worte melden, mehr und deutlich vernehmbarer
die Meinung nach Bewahrung
vorhandener und behutsamer Wiedererstellung
“ausradierter" Bausubstanz kundtut.
Die von dem Schriftsteller und über die
Grenzen der Stadt bekannten Feuilletonisten
Wolf Jobst Siedler beklagte “gemordete Stadt"
ist immer noch viel mehr als nur
eine Baugrube, in welcher zwei (und nunmehr 3,4)
Millionen Menschen leben. Neue
Bauwerke sollten in bestehende Bauensembles
eingefügt werden, sie dürfen nicht zum
stilbrechenden Selbstzweck werden.
Orte, an welchen viele Menschen zusammenkommen
und wieder auseinandergehen,
sollten innerhalb eines Gemeinwesens über
leistungsfähige Straßenanbindungen verfügen.
Bahnhöfe sollten nicht ohne einen
zwingenden Grund aus dem historisch gewachsenen
Straßennetz herausgerissen und
an andere beliebige, nur durch technokratische
Gegebenheiten zufälliger Faktorenkombinationen
geprägte kommunale “Betriebsstätten” umgepflanzt werden dürfen.
Hinzu kommt das Erfordernis der stadtbildprägenden
Identität historischer Fassaden
und ihrer die Baufluchten bestimmenden
Traufenhöhen.
Der Stadt- und Verkehrsraum nördlich des
Landwehrkanals zwischen Möckern- und
Schöneberger Straße ist in dieser Weise in
ein historisch gewachsenes Straßennetz eingebettet
und bedarf im Vergleich zu einem
nordwestlich der Yorckbrücken gelegenen
verkehrlich unerschlossenen Gelände keiner
weiteren infrastukurellen Aufbereitung. Die
stadtgeogaphisch vorgegebene 8-spurige
Kanaluferstraße zu beiden Seiten des Landwehrkanals
gebietet die Beibehaltung des
Standortes eines Fernbahnhofes, der durch
die historisch gewachsene Einbettung in
vier ÖPNV-Linien an diesen Ort fixiert ist.
5.3 Gegenüberstellung der Durchquerungszeiten zwischen
den Ein- und Ausfahrpunkten
Die einzige Vergleichsmöglichkeit bietet die
Variante 4 unter Berücksichtigung der Option
zwischen Anhalter und Ostbahnhof.
Alle anderen Varianten bedienen nur Teilstrecken,
für die zum gegenwärtigen Zeitpunkt Vergleichsmöglichkeiten
nicht bestehen. (Die Ein- und Ausfahrpunkte G
riebnitzsee - Erkner (Großberlin) und der Plan-Variante
4 Staaken über Lehrter, Anhalter
und Ostbahnhof nach Erkner s. Abb. 16).
Es wurden die gegenwärtigen fahrplanmäßigen
Ankunftzeiten des IR-/D 359 mit Kurswagen aus
Basel eingesetzt und mit einer
Ausfahrgeschwindigkeit von 100 km/h ohne
Halt am Ausfahrpunkt Erkner ergänzt, d.h.
bis Ostbahnhof entsprechen die Zeiten exakt
dem am 22.9.1990 geltenden Fahrplan.
Die Zeiten eines InterCity-Express wurden
nach Auskünften der mit der Planung befaßten Stellen
errechnet, wobei die Entfernung Staaken - Beusselstraße mit 160 km/h
in Beharrungsfahrt, die Entfernung
Beusselstraße - Putlitzbrücke in Verzögerungsfahrt
auf 60 km/h und die Einfahrt in den Lehrter Bf,
als Verzögerungsfahrt mit Punktzielbremsung
ermittelt wurde. Der Aufenthalt
in den Bahnhöfen Lehrter, Anhalter-Nordkurve und
Ostbahnhof wurde entsprechend
den Aufenthaltszeiten der IC-Fahrpläne mit
vier Minuten angesetzt. Die Ausfahrgeschwindigkeit
aus dem Stadtraum Großberlin am Ausfahrpunkt Erkner
beträgt - analog der Einfahrgeschwindigkeit - 1600 km/h.
Eine Beschleunigung auf die ICE-Plangeschwindigkeit
von 250 km/h findet also erst
nach Passieren der Stadtgrenze von Großberlin statt.
Die Einsparung an Reisaeit
mit 60 Minuten bei 52 km wirkt maßstabssetzend.
Führt man den ICE über die Stadtbahn, bringt dies
lediglich Einsparungen
von 30 Minuten.
5.4 Versuch einer Bewertung der Varianten nach ihrer Eignung
Im ersten Teil wurde entwurfsweise ein
Schema mit Anforderungen an die Tunnelvarianten
aufgestellt. Es soll nun versucht
werden, aus den vorangegangenen Beschreibungen
eine Darstellung der Eigenschaften
zur Lösung der verkehrlichen und städtebaulichen
Anforderungen zu entwickeln
und auch die finanziellen Mittel für die
Bauvorhaben einzubeziehen. Dabei kommt
erschwerend hinzu, daß die Schnittstellen
zwischen den Vorhaben eines ökologischen
Stadtumbaus und den hier betrachteten
Vorhaben nicht leicht zu bestimmen sind.
Um ein Beispiel zu nennen: Die - nicht unmittelbar
einsichtige - Verlagerung einer
Schienenfernverkehrsanlage vom Standort
Askanischer Platz zum Standort Großgörschen-/Yorckstraße
dürfte an infrastrukturellen Maßnahmen des Umbaus eines
umfangreichen Quartiers im südlichen Gleisdreieck
allein eine halbe Milliarde verschlingen - wobei
unbeantwortet bleibt,
worin der Nutzen der Verknüpfung von drei
Linien des ÖPNV an der Yorckstraße gegenüber
der Verbindung von vier Linien
des ÖPNV am Landwehrkanal zu sehen ist.
Fehlende Plausibilität ruft nach objektivierender Transparenz.
Bei Verdichtung der Angaben in Abb. 17
ergibt sich hinsichtlich der Eignung der Varianten
für den vorgesehenen Zweck die in
Abb. 18 angegebene Rangfolge. Von der
Gewichtung gemeinsamer Eigenschaften -
wie Verzicht auf zentrale Funktionen, überregionale
Einbindungen usw. - wurde abgesehen.
Der Versuch einer Quantifizierung berücksichtigt
vorhandene oder verifizierte Gegebenheiten
mit 1 Punkt, mögliche oder durch
planerische Maßnahmen herbeiführbare Eigenschaften
mit 0,5 Punkten und nicht vorgesehene oder
baulich unmögliche mit 0
Punkten. Unter "baulich unmöglich" werden
hier Baumaßnahmen verstanden, die in
einem erheblichen Umfang oder gänzlich
unwirtschaftlich sind.
Auch ohne die verdeutlichende Punkteliste
wird jedoch erkennbar, daß der Variante 4
als eine Folge ihrer historisch begünstigten
Lage und der Linienführung der Stadtbahn
in Tieflage parallel zur S-Bahn - diese von
zwei Linien befahren, eine weitere in der
Planung - eine hervorgehobene Deutung zufällt.
Ihr folgt die Vanante 3 gewissermaßen
auf den Schienen des ÖPNV. Die Variante
2 besitzt ein gewisses Handicap ihrer westlichen
Vorbeiführung am Potsdamer Platz,
wobei selbst bei schmalster Anordnung eine
zumindest teilweise Unterfahrung des von
Daimler-Benz beanspruchten Areals nahezu
unvermeidbar ist. Die Variante 1 kann dagegen
-in unterschiedlicher Ausbildung einiger Subvarianten -
wahlweise in die Variante 3 oder 4 einbezogen werden.
6. Mittelbedarf, Finanzierung, Amortisation
Diese Fragen sollten von der Überlegung
einer längerfristigen und generationenbezogenen
Perspektive ausgehen und nicht so
sehr den augenblicklichen Stand der Staatsfinanzen
als Popanz aufzeigen - ginge es allein danach,
träte übermorgen der finanzielle Kältetod,
Bruder des prophezeiten Wärmetodes und
Vollender der kosmischen
Entropie, ein. Doch zum Glück meldet das
kürzlich als vorgeschobener Beobachter der
Menschheit in eine Umlaufbahn um die
Erde beförderte Hubble-Teleskop, daß es in
einigen Ecken des Universums erst gerade
so richtig los geht - und damit kann die aufwühlende
Frage junger Menschen unserer
Zeit, ob wir überhaupt noch eine Eisenbahn
oder gar einen Tunnel in unserer Stadt und
dazu noch alle möglichen Bauwerke benötigen,
wo doch die Bahn schon so viel "kostet", schlicht
mit JA beantwortet werden.
Zur Sache selbst ist zu bemerken, daß auch
skeptische Planungen in dieser Stadt von
rasch zunehmenden Passagierzahlen ausgehen
und zur Nutzung dieses Marktpotentials Maßnahmen
eiligst geboten sind.
6.1 Schätzung des Mittelbedarfs, nach
Bauvarianten unterschieden
In Analogie zur Streckengliederung in Kapital 5, Abschnitt 5.1,
ergeben sich - in Abhängigkeit von der jeweiligen Ausbaustufe -
folgende Planschätzgrößen für den Finanzbedarf
“Rohausbau bis Planum” ohne
Gleisverlegung und ohne Elektrifzierung,
jeweils Standardspezifikation vorausgesetzt.
Als Bautechnologie wird bei der Deutschen
Bundesbahn - der mutmaßlichen Bauherrin
und Eigentümerin der Trassen nach Beendigung
der Alliierten Vorbehaltsrechte ab
3.10.90 - die langjährig im Wasserkraftwerksbau
erprobte “Neue Österreichische
Tunnelbauweise“ (NÖT) zur Anwendung
gelangen. Eine Alternative dazu stellt das
Schildvortriebsverfahren dar, welches beim
Bau des Eurotunnels zum Einsatz gelag.
NÖT hat eine in Abhängigkeit von der Gesteinsdichte
und der Wasserführung variierende Vortriebsleistung
von 5 bis 13 m je
Tag bei einem Tunnelquerschnitt von 104
qm im geraden und 145 qm im gekrümmten
Doppelgleis.
Die unter Hoheit der Bundesbahn angefallenen
Baukosten je Tunnel-km liegen erheblich unter
den in Berlin heim U-Bahn-Bau üblichen.
In der hier erstellten Kostenübersicht wurde
von den am Standort Berlin derzeit geltenden
Kalkulationen des U-Bahn-Baus ausgegangen,
wobei zu bemerken ist, daß die U-Bahn-Querschnitte
enger sind, obwohl sich
die Baukosten umgekehrt proportional verhalten.
Sie wurden mit einem Standard-Durchschnittswert
von 160 Mio. DM pro
km in die Kalkulation auf der Basis der ermittelten
Streckenlängen eingesetzt. Die
Streckenanteile bei offener Rampe in Trogform
wurden dabei mit 50% des Vollaushubes veranschlagt,
die Streckenteile auf Ebene 0 in offener Bauweise mit 10 Millionen
DM /km. Näherungsweise kann bei baulicher Realisierung
der Gradiente in Rampenfühnıngen mit 2,5% Steigung von ca.
350 m Auftauchlänge je Ebene bei einer
durchschnittlichen Planhöhe von 8 m ausgegangen
werden, Bei der bei der Bundesbahn
üblichen und bevorzugten Steigung von nur
1,25% ist mit einer Auftauchlänge von ca.
700 m je Ebene zu rechnen. Die Baukosten
für solche Teilabschnitte wurden mit 80
Millionen DM/km veranschlagt. Bei den
Stammstrecken jeder Variante wurden diese
Kostenminderungen in der Teilsumme 1 be-
rücksichtigt, bei den anderen (Ergänzungs-)
Teilstrecken einzeln ausgewiesen (Abb. 0).
In Abb. 21 werden die Kilometer-Kosten im
internationalen Vergleich genannt, wobei
durch ebene Strecken die Kosten der Brückenbauwerke
und Tunnelabschnitte nivelliert,
das heißt nach unten gezogen werden.
Insofern ist ein direkter Vergleich nicht
möglich.
6.2 Skizze einer Amortisation
Grundlage auch einer langfristigen Investition
sollte ihre Wirtschaftlichkeit sein. Anlagen des
Verkehrs erfüllen in der Regel
mehrere Zwecke, und die Jahrzehnte währende
Unterdeckung bei nahezu allen Bahnverwaltungen hat zu
Erweiterungen und
Vertiefungen der Theorie geführt, um über
die Rentabilitätsberechnungen der betriebswirtschaftlichen
Einsatzfaktoren hinaus
auch die volkswirtschaftlichen und umweltwirtschaftlichen
Einflußgrößen in quantifizierende Betrachtungen einbeziehen zu
können.
Kern der Analyse bleiben zunächst die einzelwirtschaftlichen
Daten. Im Personenfernverkehr sind dies die Leistungskennzahlen
der Personen-km, und sie sind direkt proponional
den beförderten Passagieren,
wenn die Randgrößen des Gepäckverkehrs
unberücksichtigt bleiben - jeder Passagier
darf ohnehin Objekte, die er in zwei Händen tragen
kann, als mit der Fahrkarte bezahlt betrachten.
Prognosen gehen inzwischen von einem Anwachsen
der Passagierströme von und nach Berlin in Größenordnungen
von 30 bis 40 Mio./Jahr bis 2010
aus.
Diese Passagierzahlen pro Jahr erscheinen
aus heutiger Sicht sehr hoch, sind jedoch
plausibel, wenn man einen 20-jährigen Zeitraum
zugrundelegt, in welchem sich der
Reiseverkehr von und nach Berlin allmählich wieder
auf die Schiene zurückverlagern
wird. Eine Busreise von München oder
Stuttgart oder Frankfurt am Main war sicherlich
in den schweren Zeiten der Teilung
ein begrüßenswerter Ersatz für die fehlenden
oder unzulänglichen oder auch relativ
teueren anderen Verkehrsmittel. Bei Einführung
des ICE-Verkehrs schrumpfen jedoch die
Reisezeiten von 12 Stunden im relativ
engen Bus auf 4 Stunden in einem bequem
ausgestatteten ICE-Wagen, in dem
man sich während der Fahrt frei bewegen
und Speise- oder Bistro-Wagen aufsuchen
kann. Auch ein Flug wird darm nicht sehr
viel schneller vonstatten gehen, wenn man
ehrlicherweise die Anmarschwege und Wartezeiten
vor dem Abflug und die Umsteigewege vom
Flugzeug in den Vorfeldbus und
wieder hinaus zum Gepäckband und weiter
mit dem Gepäck zur Taxe und dann im Verkehrsstau
über die Stadtautobahn zum Hotel einmal zusammenzählt.
Die Fahrkarte
wird dann etwas teurer sein, als der Busfahrschein über Land,
aber nicht teurer als 25% der Flugkarte.
Zwei Beispiele mögen die Prognose untermauern: Im Hauptbahrthof
Frankfurt am
Main werden werktäglich 150.000 Passagiere gezählt.
An fünf Werktagen sind dies
750.000, im Monatsdurchschnitt drei Millionen, im
Jahr 36 Mio, Passagiere. Im Vergleich dazu werden auf dem Frankfurter
Flughafen, Nr. 2 in Europa, 1990 rund 25
Mio. gezählt werden. Berlin zählte vor dem
Kriege allein im Schienenfernverkehr 100
Mio. Reisende im Jahr.
Zur Rentabilität des Fernreiseverkehrs bei
den Französischen Staatsbahnen (SNCF)
auf der vom TGV befahrenen Route Paris -
Lyon ist festzustellen, daß die Schnelligkeit
der Amortisation des eingesetzten Kapitals
alle Erwartungen übertroffen hat und fünf
Jahre vor dem günstigsten Zeitpunkt die
Tilgung beendet werden konnte. Es herrscht
die erfreuliche Situation, daß mit dem zurückgewonnenen
Geld bereits die Route
Transatlantique vorfinanziert werden konnte und
nun die Überschüsse der Paris-Lyon-Marseille-Relation die
Amortisation der
Route nach Bordeaux wirksam in Gang setzen und
abermals beschleunigen werden.
Die Flugroute Paris - Lyon dagegen ist stark
rückläufig.
7. Ausblick
Der Stein ist ins Rollen gekommen, Endlich
scheint auch in Berlin Eisenbahnplanung als
Zukunftsaufgabe begriffen zu werden.
Wenn dieser Aufsatz als Beitrag zur Erörtenrung der
Zukunftsplanung erscheint, dann
stehen allerorten Diskussionweranstaltungen bevor.
So hat der Magistrat von Ost-Berlin mit Unterstützung des Senats von
West-Berlin einen Planungskongreß zum 24.
und 25. Oktober d.J. im Berliner Congress-Center am
Märkischen Ufer einbenrufen, an
dem 350 Architekten und Planer teilnehmen
werden. Während des Symposiums werden
Entwicklungsmodelle für Berlin vorgestellt,
die während einer Tagung im Bauhaus Dessau
von Planern und Architekten erarbeitet
worden sind. Bereits am 20. Oktober d.J.
findet ein Schienenverkehrsforum der SPD
im ehemaligen Hamburger Bahnhof statt
(13.00 bis 17.00 Uhr). Und nach dem Ost-Berliner Symposium
soll bereits zwei Tage
später ein Colloquium der Senatsverwaltung
für Arbeit, Verkehr und Betriebe im Logenhaus in
der Emser Straße stattfinden, das
vom Fortbildungszentrum Gesundheits- und
Umweltschutz e.V. (FGU) durchgeführt
wird in Zusammenwirkun mit der Magistratsverwaltung
für Stadtentwicklung,
Wohnen und Verkehr in Ost-Berlin. Über
die Ergebnisse soll hier berichtet werden.
Norbert Krichler
|