Eine verkehrskundliche Exkursion nach
Potsdam stand am 23. September auf
dem Programm der Berliner Schienen-Verkehrs-Wochen.
Treffpunkt war der
Bahnhof Potsdam Stadt. Die Exkursion
begann mit einer Straßenbahnfahrt
über nahezu alle Strecken des Potsdamer Netzes. Dabei
wurde den Teilnehmern Wissenswertes und Interessantes
über dieses wichtigste unter den öffentlichen
Verkehrsmitteln der Berliner
Nachbarstadt vermittelt. Die Straßenbahn hat
an den Leistungen des Potsdamer ÖPNV einen Anteil von über 80%.
Die Struktur des Straßenbahnnetzes
wurde seit der Anlage um die Jahrhundertwende
nicht wesentlich verändert.
Hinzugekommen sind jedoch die Strecken zum Hauptbahnhof und zum
Wohngebiet Stern; letztere soll noch
um einige Kilometer nach Drewitz verlängert werden.
Alle Neubaustrecken
werden - wenn möglich - auf eigenen
Fahrwegen und für eine Höchstgeschwindigkeit
von mindestens 60 km/h
trassiert.
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Bilder einer Exkursion: O-Bus in Potsdam - dieses umweltfreundliche Verkehrsmittel gibt es in Deutschland leider nur noch in wenigen Städten. Foto: IGEB |
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Straßenbahn in Potsdam - sie hat einen Anteil von über 90% an den Leistungen des Potsdamer ÖPNV Foto: IGEB |
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Eine große Aufgabe ist jedoch zunächst
die Rekonstruktion des vorhandenen
Netzes. Engpässe an Material und Arbeitskräften
haben in der Vergangenheit zu zahlreichen Langsamfahrstellen
geführt, die jetzt schrittweise beseitigt
werden. Der Austausch fehlerhafter
Betonschwellen gehört nun ebenso zur
Aufgabe der Gleisarbeiter wie das lükkenlose
Verschweißen der Schienen.
Erfreulich ist, daß bei all diesen Bauarbeiten
der Fahrgast nicht vergessen
wird. Statt der Einrichtung von Ersatzverkehren
mit Bussen werden bei
Gleissperrungen auch aufwendige Betriebsabläufe
wie z.B. Sägefahrten in
Kauf genommen, um den Fahrgästen
ein Umsteigen zu ersparen.
Für den Betrieb problematisch sind die
zu geringen Werkstattkapazitäten. Ein
schon jahrelang diskutierter neuer Betriebshof
kam wegen der widrigen Umstände nie zustande; die Instandhaltung
der Fahrzeuge war und ist ein ständiges
Problem. Zum Einsatz kommen in
Potsdam übrigens ausschließlich Tatra-Wagen - z.T. Fahrzeuge,
die für das
Ost-Berliner Netz bestellt und dort
aber wegen der unzureichenden Stromversorgung in Pankow und Köpenick
nie eingesetzt werden konnten.
Neu sind ernsthafte Probleme als Folge
des stark angestiegenen Autoverkehrs.
Auf vielen Strecken werden die Bahnen
dadurch behindert, und Ampelvorrangschaltungen
existieren auch nicht. Lediglich an der Humboldtbrücke, wo
beim Abbiegen in die Berliner Straße
Verzögerungen von mehreren Minuten
entstehen, ist eine solche im Gespräch.
Der für die Straßenbahn zuständige
Verkehrsdirektor Volkmar Wagner, der
auch die Exkursion leitete, ist dennoch
entschlossen, dieses fahrgast- und umweltfreundliche
Verkehrsmittel in Potsdam zu erhalten und nach dem Vorbild
anderer Städte (Zürich, Würzburg,
Freiburg, ...) zu einem der Auto-Konkurrenz
standhaltenden Angebot weiterzuentwickeln.
Bei einem Zwischenhalt am Potsdamer
Hbf wurde eine kurze Besichtigung dieses
Bauwerks angeboten. Vorläufer des
Hautptbahnhofs war der unscheinbare
Ausflugshaltepunkt Potsdam Süd an
der Strecke Wildpark - Jüterbog. Mit
dem Bau der Berliner Mauer bekam
der an der Kreuzung mit dem Außenring entstandene
Turmbahnhof seine
volle Bedeutung als Potsdamer Hauptbahnhof, an
dem alle den Westteil Berlins umfahrenden Züge halten konnten.
Die mit dem Bau des Bahnhofs verbundene Schließung des
Außenrings zwischen Saarmund und Golm war übrigens nicht
ganz einfach, denn der Templiner See mußte an einer
ca. 1,6 km
breiten Stelle überquert werden. Die
Erstellung des dafür benötigten Damms
konnte Wegen der schwierigen Untergrundverhältnisse
nicht planmäßig abgeschlossen werden. Da die Eröffnungsfahrt
auf dem Außenring jedoch
nicht verschoben werden durfte, konnte
die Fahrt nur bis an den Templiner See
heran durchgeführt werden - der nicht
fertiggestellte Damm wurde der Politprominenz verschwiegen ...
In Babelsberg schloß sich eine O-Bus-Fahrt an,
die die Besonderheiten dieses
in Deutschland überwiegend abgeschafften
Verkehrsmittels aufzeigte.
Die Vorteile gegenüber Diesel-Bussen:
hohe Laufruhe, keine Abgase und ein
hohes Beschleunigungsvermögen. Probleme
gibt es in Potsdam jedoch bei
den Fahrleitungsweichen und bei Baustellen,
weil die O-Busse nicht ohne
weiteres umgeleitet werden können.
Dennoch haben es die Potsdamer “O-Busser” über Jahrzehnte
hinweg geschafft, den Betrieb trotz großer Probleme, zu denen
auch die unzureichenden Möglichkeiten im Betriebshof
gehören, aufrecht zu erhalten.
Die O-Bus-Fahrt endete am Bahnhof in
Drewitz. Von dort ging es weiter nach
Rehbrücke mit einem Personenzug der
DR. Eigens für die Exkursionsteilnehmer ließ
die DR dann den Schnellzug
D 302 aus München im Bf. Rehbrücke
halten und ermöglichte so eine Mitfahrt
nach Berlin, bei Bedarf bis Berlin Hbf.
PRO BAHN, Landesverband Berlin
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