Zwischen den beiden Berliner Regierungspartnern
CDU und SPD kam es im Verlauf
der Koalitionsverhandlungen zu heftigen
Auseinandersetzungen über die Zukunft der
Busspuren allgemein und der Busspuren am
Kurfürstendamm im besonderen. Während
die SPD für Erhalt und Ausbau des Busspurnetzes
eintrat, lehnte die CDU dies im
wesentlichen ab und engagierte sich insbesondere
vehement für eine Abschaffung der
Busspuren auf dem Ku'damm. Ergebnis: In
der Koalitionsvereinbarung steht eine in
jede Richtung interpretierbare Kompromißformel,
wie es wohl in dieser Unschärfe nur
Berufspolitiker formulieren können:
“Zur Beschleunigung des Busverkehrs ist
die Entwicklung eines funktions- und leistungsfähigen
Busspurnetzes erforderlich.
Die bestehenden Busspuren sind zu überprüfen,
wobei im Einzelfall eine Aufhebung
nicht auszuschließen ist (wie z.B. in der
Leipziger Straße). Zum zweiten kann diese
Überprüfung zu Umorganisationen führen.
Dabei können Busspuren nach den Kriterien
zeitlicher Beschränkung und dem Erhalt zweier
Fahrspuren für den übrigen
Fahrzeugverkehr neu zu klären sein (z.B.
am Kurfürstendamm)."
Da sich einige Verkehrspolitiker dieser
Stadt gerade den Ku'damm-Busspuren offenbar
nur noch aus einer ideologisch befangenen
Sichtweise nähern können, in die
sie sich durch unüberlegte Wahlkampfäußerungen
und -bündnisse hineinmanörvriert
haben, ist die Aufforderung zu einer sachbezogenen
Verkehrspolitik im Falle Ku'damm-Busspuren dringend
nötig. Denn gerade diese haben sich seit ihrer Einführung
vor einem 3/4 Jahr hervorragend bewahrt
und längst zu einem breiten Kreis von Befürwortern
geführt, gerade auch unter Interessenvertretern,
die bisher nicht unbedingt
zum Kreis der “ÖPNV-Förderer“ zu zählen
waren.
Breite Akzeptanz
Nicht nur Zehntausende von Fahrfgästen
der Buslinien 9, 19, 29, 69 und 73 profitieren
tagtäglich davon, daß die Busse zügig durch
die Innenstadt kommen, sondern breite Akzeptanz
hat das Ku`damm-Modell auch bei
Anliegern, dem Lieferverkehr, bei Radfahrern,
Taxifahrern und Taxifahrgästen und
den Rettungsdiensten der Stadt gefunden.
Auch die Einzelhändler haben längst bemerkt,
daß viel mehr Kunden über die Busspur ihr Geschäft
erreichen als über eine
oder zwei ganztägig zugestaute Autofahrspuren.
Und das Anliefern von Waren ist
durch die eingerichtete Lieferspur jetzt einfacher
und weniger störend als früher möglich.
Jedoch muß die Einhaltung des dortigen
Parkverbots durch die Polizei auch weiterhin
kontrolliert werden. Die unregelmäßiger gewordene
Überwachung hat in der
letzten Zeit zu einer deutlichen Zunahme
des Mißbrauchs der Lieferspur geführt.
Wie sehr sich die Busspuren bewährt haben,
wird auch durch den überdurchschnittlich
starken Anstieg der Fahrgastzahlen auf den
Ku'damm-Buslinien deutlich. Denn zumindest
für diesen Streckenabschnitt ist für die
Busse eine Einhaltung der kalkulierten
Fahrzeiten möglich. Vor Einführung der
Busspuren waren - gerade auch außerhalb
des Berufsverkehrs - Verspätungen von bis
zu 20 Minuten der Normalfall.
Kostenersparnisse für die Steuerzahler
Diese gewichtigen Vorteile für die Fahrgäste
schlagen sich darüber hinaus aber auch
positiv in den Bilanzen der BVG nieder.
Aus der Antwort der Verkehrsverwaltung
vom 30.11.1990 auf eine Kleine Anfrage des
Abgeordneten Micael Cramer geht hervor,
daß die Ku'damm-Busspuren allein schon
auf den Buslinien 19 und 29 zu rechnerischen
Kostenreduzierungen von 3,8 Millionen
DM jährlich führen. Grundlage der Berechnungen
waren die Verkehrverhältnisse
vor der Maueröffnung. Ohne die Busspuren
entstünden daher jetzt noch höhere Kosten
für den Busbetrieb auf dem Straßenzug und
damit eine von den Steuerzahlern zu tragende
Erhöhung des Senats-Zuschusses an die
BVG. Eine Veränderung der Busspuren,
die zu höheren Kosten führte, wäre also
nicht mit dem Grundsatz der Sparsamkeit
und Wirtschaftlichkeit vereinbar, den die
Landeshaushaltsordnung vorschreibt.
Vorgeschlagene Veränderungen, wie z.B.
eine Beibehaltung der Busspuren nur während
des Berufsverkehrs, verkennen völlig,
daß die Busse vor Einführung der Busspuren
auf dem Ku'damm praktisch ganztägig
im Stau standen und die Busspuren
selbst in den Nachtstunden zum Einhalten
der Umsteigeanschlüsse im Nachtbusnetz
unverzichtbar sind.
Aber nichts ist so gut, daß man es nicht
noch besser machen könnte und deshalb
werden im folgenden Maßnahmen vorgeschlagen,
die eine weitere Beschleunigung
und Attraktivitätssteigerung der Busse auf
dem Kurfürstendamm - und damit eine Kostensenkung für
die Stadt- ermöglichen.
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Foto: M. Horth |
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Ungewöhnlich erfolgreich: da Kudamm-Modell brachte erhebliche Verbesserungen für Busse, Taxis, Lieferanten, Rettungsdienste und Radfahrer. Ungewöhnliche Demo: Am 6. Januar forderten rund 1000 Bürger den Erhalt der Kudamm-Busspuren. Foto: M. Horth |
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Fahrscheinvorverkauf
Der wichtigste Punkt zur weiteren Beschleunigung des Busverkehrs
auf den Ku'damm-Buslinien ist eine Verkürzung der
Haltestellenaufenthalte. Auf den Ku'damm-Linien ist der
Barzahleranteil erheblich höher als im Berliner
Durchschnitt, insbesondere durch den hohen Touristenanteil.
Haltestellenaufenthalte bis zu drei Minuten gehören jetzt
zum Normalfall. Als besonders
problematisch erweist sich dabei, daß ausgerechnet
auf den Ku'damm-Buslinien eine
Vielzahl von Fahrscheinsorten (Normal-,nKurzstrecken- und
Ku'dammfahrschein und
dazu die Ermäßigungstarife) angeboten
werden. Fahrer und Fahrgäste wissen zu
beurteilen, wie lange es dauern kann, jemandem den
Unterschied zwischen Kurzstrecken- und Ku'dammtarif zu erklären.
Dringend geboten ist daher eine Reduzierung des
Fahrscheinsortiments beim Fahrer.
Der Sinn eines speziellen Ku'damm-Tarifs
war ohnehin noch nie einzusehen, und man
wird ihn bald auch den Fahrgästen in der
Friedrichstraße nicht mehr vermitteln können.
In jedem Fall sollten die Fahrgäste die
Möglichkeit haben, im Haltestellenbereich
Fahrscheine im Vorverkauf oder an Automaten zu lösen,
was eine erhebliche Entlastung bringen würde.
In diesem Zusammenhang sei nochmals
darauf hingewiesen, daß selbstverständlich
auch eine Einstiegsmöglichkeit an der Mitteltür
zu einer Beschleunigung des Fahrgastwechsels fuhren würde,
erst recht bei
den jetzt überwiegend auf dem Ku'damm
eingesetzten Bussen neuerer Bauart mit der
erweiterten Stehfläche im Bereich der Mitteltür.
Ampelschaltungen
Als weitere Maßnahme könnte an vielen
Kreuzungen der Busverkehr durch “Grünanforderung” beschleunigt
werden, so wie
dies inzwischen an zwei Ku'damm-Kreuzungen
(Fasanenstraße Richtung Halensee und
Nestorstraße Richtung Zoo) durch Installierung
von Kontaktpunkten auf der Fahrbahn
ermöglicht wird. Jedoch muß dabei darauf
geachtet werden, daß der Kontaktpunkt,
durch den die Busse ihr Grün anfordern, so
weit vor der Lichtsignalanlage (LSA) angelegt wird,
daß kein Stop oder keine verlangsamte Fahrt nötig wird.
Bei der Anlage an
der Fasanenstraße erreichen die Busse bei
Normalfahrt die Kreuzung wenige Sekunden zu früh,
so daß die positiven Effekte
hinsichtlich der Umweltbelastung und des
Fahrkomforts zunichte gemacht werden.
Eine solche Vorrangschaltung wäre auf dem
Straßenzug Kurfürstendamm/Tauentzienstraße
in beiden Fahrtrichtungen an jeweils
ca. 10 Lichtsignalanlagen möglich.
Dringender Handlungsbedarf besteht am
Bussondersignal an der Joachimstaler Straße in
Richtung Halensee, das eine zu kurze
Grünphase für die Busse hat. Dadurch können, wenn
auch nur zwei Busse oder Taxen
hintereinander ankommen, mehrere Minuten vergehen,
bis alle Busse oder Taxen die
Kreuzung passiert haben. Besondere Probleme ergeben
sich durch rechts abbiegende
Taxen und die Busse der Linie 73. Es ist zu
prüfen, ob - neben einer Verlängerung der
Busgrünphase - an dieser Stelle ein Rechtsabbiegen
auch für Busse und Taxen nur aus
der "normalen" Rechtsabbiegespur erlaubt
werden sollte.
Konvoifahrten
Ein weiterer Aspekt ist das Thema “Konvoifahrten” mehrerer
Busse, was gerade auf
dem Kurfürstendamm regelmäßig zu beobachten ist.
Eingespielte Konvois schaffen es
mühelos, bis zu fünf Wagen innerhalb einer
Ampelgrünphase über die Kreuzung zu
bringen. Besonders ärgerlich ist daran, daß
dadurch zum einen wegen der ungleichmäßigen
Fahrgastverteilung ein insgesamt
deutlich höherer Wagen- und Personaleinsatz erforderlich
wird, zum anderen aber
auch trotz des "theoretischen" Taktes von 2
Minuten für die Fahrgäste Lücken bis zu 10
Minuten auftreten können. Eine Ursache
dafür sind sicherlich die Behinderungen der
Busse im Verlauf ihrer sonstigen Streckenführung, die
sich durch weitere Busspuren,
z.B. im Bereich der Kanaluferstraßen, problemlos
reduzieren ließen. Aber die Lösung
hat die BVG selbst in der Hand, denn sie
könnte je Fahrtrichtung einen Verkehrsmeister einsetzen,
der für eine kontinuierlich.
Abfahrt von Bussen, z.B von der Joachimstaler Straße
in Richtung Halensee und vom
Adenauerplatz in Richtun Zoo, sorgen
kann, Das wäre für die BVG sicher noch
billiger als zusätzliche Einsetzwagen und
wirkungsvoller als eine Dienstanweisung,
das “Konvoifahren" zu unterlassen. Später
kann ein rechnergestütztes Betriebsleitsystem (RBL)
diese Aufgabe übernehmen.
Fahrgastinformation
Viel verändern muß sich auch noch bei der
Fahrgastinformation. Hauptproblem auf
dem Kurfürstendamm sind dabei die regelmäßig
auftretenden Umleitungen oder sogar Linienverkürzungen
im Citybereich,
über die der an der Haltestelle wartende
Fahrgast überhaupt nicht informiert wird.
Deshalb sollte - ggf. im Zusammenhang mit
dem RBL - an den Haltestellensäulen eine
Anzeige erfolgen. Bis ein derartiges System
installiert ist, müssen Verkehrsmeister diese
Informationen den Kunden mündlich mitteilen.
IGEB
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