Überfällig: Redesign der InterCity-Wagen
Bei allen 59 Einheiten des ICE 1 wurde die Innenausstattung
bereits erneuert, die Modernisierung
der 44 ICE 2-Einheiten läuft derzeit
bzw. wird bis Mitte 2013 abgeschlossen sein.
Bis Ende 2014 werden nun auch insgesamt
770 InterCity-Wagen generalüberholt. Für das
letztgenannte Projekt investiert die Deutsche
Bahn rund 250 Millionen Euro.
An der Modernisierung der InterCity-Wagen
sind drei Werke der DB-Fahrzeuginstandhaltung
beteiligt. Das Werk Neumünster
baut die
Großraumwagen um, das Werk Kassel die Bistrowagen
und das Werk Nürnberg die Abteilund
Servicewagen.
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Unbefriedigend sind auch im neuen Fahrplanabschnitt die langen Fahrzeiten zwischen Berlin und Dresden (Foto). Ob ab Dezember 2014 endlich eine Beschleunigung der EC-/IC-Züge erfolgt, ist angesichts der Planungsverzögerungen für den Ausbau (u. a. ausstehende Eisenbahnkreuzungsvereinbarungen) ungewiss. Foto: Christian Schultz |
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Design und Komfort orientieren sich bei
dem Modernisierungsprogramm stark am
ICE-Standard. Insgesamt umfasst die Erneuerung
46 000 Sitze, wobei in der ersten Klasse
Lederbezug und in der zweiten Klasse Velourstoff
verwendet wird. Rund 42 000 m² Teppichboden
werden in den Fahrzeugen neu verlegt.
In der ersten Klasse werden die Abteilwagen
mit Schmetterlingstischen und neuen Deckenleuchten
ausgestattet; die Stirn- bzw. Abteilquerwände
erhalten Holzdekor.
Berücksichtigt wird sowohl in der ersten
als auch der zweiten Klasse der Einbau zusätzlicher
Steckdosen z. B. für einen Laptop-
Anschluss. Repeater (Funkverstärker) sorgen
für einen verbesserten Handyempfang in der
ersten Klasse.
Eine technische Modernisierung erfolgt weiterhin
hinsichtlich der Türen, der Klimaanlagen,
der Energieversorgung und der Laufwerke.
Ziel ist dabei eine optimierte Einsatzstabilität.
Erfreulich auch: Die Anzahl der Wagen mit
Fahrradabteilen wird von 129 auf 163 erhöht.
In den neugestalteten Bistrowagen stehen 20
Sitz- und zusätzliche Stehplätze zur Verfügung.
Insgesamt sind eine Million Fertigungsstunden
und der Einsatz von bis zu 600 Mitarbeitern
für die Modernisierung der InterCity-Wagen
vorgesehen. Mit dieser Modernisierung wird
die Reisequalität bei dem im Vergleich zum InterCity-Express über viele Jahre vernachlässigten
InterCity-Angebot endlich wieder gesteigert.
Dies ist gerade vor dem Hintergrund von
Bedeutung, dass aktuell rund 40 Prozent aller
Fernverkehrsreisenden in InterCity- bzw. EuroCity-Zügen befördert werden – eine keinesfalls
zu vernachlässigende Größenordnung! Nicht
zuletzt ist ein hohes Komfortniveau in den Zügen
ein entscheidender Wettbewerbsvorteil
im Vergleich zu der sich spürbar verstärkenden
Fernbuskonkurrenz. Die modernisierten
Wagen werden voraussichtlich bis 2023 im Einsatz
bleiben. Erst ab 2016 bis ca. 2023 wird die
InterCity-Fahrzeugflotte schließlich sukzessive
durch die neuen ICx-Züge ersetzt (siehe auch
SIGNAL 6/2008 ).
Fahrplanwechsel: einzelne neue Direktverbindungen
und Beschleunigungen
Zum Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2012
gab es im Fernverkehr nur relativ wenige Änderungen.
IC-/EC-Linie 27 Hamburg—Berlin—Prag/Wien/Budapest
Der IC 1918 (nur freitags) Aachen—Berlin
wurde nach Dresden verlängert, die Rückfahrt
am Sonntag als IC 1919 beginnt ebenfalls in
Dresden. Zwischen Berlin Hbf und Dresden
Hbf betragen die Fahrzeiten auch weiterhin 2
Stunden, 6 Minuten. Die notwendige Attraktivitätssteigerung
durch eine spürbare Fahrzeitverkürzung
ist leider auch weiterhin nicht in
Sicht.
IC-Linien 30 und 31
In dem nachfragestarken Korridor Hamburg—Bremen—Rhein/Ruhr kamen bisher vor allem
lokbespannte InterCity-Wagenzüge mit teilweise
nicht mehr zeitgemäßer Wagenqualität
zum Einsatz. Mit dem Fahrplanwechsel erfolgte
nun die Verbesserung des Angebotes durch
den weitgehend systematischen Einsatz von
qualitativ hochwertigem Fahrzeugmaterial:
- Auf der zweistündlich verkehrenden Linie 30
Hamburg—Düsseldorf—Köln—Stuttgart/Schweiz kommen nun bereits weitgehend
die modernisierten InterCity-Garnituren
zum Einsatz. Zwei Zugpaare verkehren mit
schweizerischen (ebenfalls modernisierten)
Wagen.
- Auf der zweistündlich verkehrenden Linie 31
Hamburg—Wuppertal—Köln—Frankfurt/Main—Nürnberg kommen mehrheitlich
ICE-Einheiten zum Einsatz; Ausnahmen bilden
hier z. B. die touristischen Direktverbindungen
von/nach Fehmarn.
Insgesamt werden ca. 80 Prozent des Fernverkehrs-Stundentaktes der Relation Hamburg—Rhein/Ruhr mit hochwertigen bzw. modernisierten
Fahrzeugen angeboten.
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Foto: Deutsche Bahn AG |
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Insgesamt 770 InterCity-Wagen werden derzeit hinsichtlich Komfort und Design an den ICE-Standard angepasst, so z. B. der Großraumwagen, 2. Klasse (oben) und der Abteilwagen, 1. Klasse (unten). Foto: Deutsche Bahn AG |
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IC-Linie 77
Die IC-Linie Berlin—Stendal—Wolfsburg—Hannover—Osnabrück—Hengelo—Amsterdam
verkehrt nun direkt ab/bis
Amsterdam Centraal anstatt wie bislang über
Amsterdam Zuid von/zum Flughafen Schiphol.
RJ-Linie 90 und ICE-Linie 91
Auf der Railjet-Linie 90 München—Salzburg—Wien und der ICE-Linie 91 (Dortmund—Köln—Mainz—)Frankfurt/Main—Würzburg—Nürnberg—Regensburg—Wien erfolgten Fahrzeitverkürzungen um
rund 20 Minuten bedingt durch die Inbetriebnahme
der 44 km langen Neubaustrecke St.
Pölten—Wien-Meidling.
ICE-Linie 10 Berlin—Köln
IC-Verstärker-Linie 32
Auf dieser nachfragestarken Linie wird der
Wochenendverkehr erfreulicherweise um
weitere 4 InterCity-Züge verstärkt. Für einen
5. Zug wurde die geplante Trasse dagegen an
einen Wettbewerber verloren.
ICE-Linie 28 München—Nürnberg—Berlin—Hamburg
Im Abschnitt Leipzig—Hamburg verkehren
18 Direktverbindungen pro Woche mehr als
bislang, in der Gegenrichtung sind es drei.
Im Zeitraum vom 16. März bis 2. November
2013 wird sonnabends eine zusätzliche
umsteigefreie Direktverbindung München—Berlin—Ostseebad Binz angeboten, bzw.
sonntags zurück. Nach Modernisierung der
Bahnsteige ist nun auch Prenzlau ICE-Halt.
ICE-Linie 47
Ab Sommer 2013 sind auf dieser neuen Linie
3 Zugpaare in der Relation Dortmund/Düsseldorf/Köln—Frankfurt/Main—Mannheim—Stuttgart zur Entlastung der nachfragestarken
Achse Köln—Stuttgart geplant. Eine generelle
Führung der Linie 47 ab/bis Dortmund
ist dabei aufgrund von Trassenkonflikten
nicht möglich. Diese Neuleistungen können
jedoch nur realisiert werden, wenn die Auslieferung
der neuen ICE-Mehrsystemzüge (VELARO
D) der Baureihe 407 seitens Siemens in
ausreichender Anzahl erfolgt. Nach den Ende
November angekündigten erneuten, peinlichen
Lieferverzögerungen für die bereits im
Dezember 2008 (!) bestellten Züge ist das
fraglich.
EC-Verbindungen Berlin—Warszawa,
Berlin—Gdańsk und Berlin—Wrocław
Die Fahrplanlage des Zugpaares EuroCity (EC)
45/46 wurde um jeweils eine Stunde vorverlegt.
In Verbindung mit dem neuen EC Berlin—Gdańsk—Gdynia ergibt sich zumindest
zeitweise ein 2-Stunden-Takt zwischen Berlin
und Poznań.
Unerfreulich dagegen: Bei der EC-Verbindung
in der Relation Hamburg—Berlin—Wrocław ist die Durchbindung zwischen
Wrocław und Kraków entfallen.
Fazit:
Weiterhin Verbesserungspotenzial im
Fernverkehrsangebot und überfälliger
Handlungsbedarf auf politischer Ebene
Seitens der Deutschen Bahn AG wurden mit
dem neuen Fahrplan, trotz der unverändert
bestehenden Fahrzeugengpässe, wieder
einige wichtige Angebotsverbesserungen
realisiert. Unabhängig davon besteht aus
Fahrgastsicht aber weiterhin ein erhebliches
Potenzial für Verbesserungen.
Unverständlich bleibt beispielsweise, dass
die langen Stillstandszeiten der ICE TD in Berlin
nicht für umsteigefreie Durchbindungen
genutzt werden. Bei einer Zugteilung in Berlin
Ostbahnhof kann die bereits seit Jahren
unbefriedigende Anbindung sowohl von
Görlitz (rund 55 000 Einwohner) als auch von
Chemnitz (rund 243 000 Einwohner) verbessert
werden.
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Mit der Durchbindung der ICE TD von Aarhus bzw. Kopenhagen über Berlin hinaus ab/bis Chemnitz/Görlitz kann Verbesserungspotenzial im Fernverkehrsangebot ohne den Einsatz zusätzlicher Fahrzeuge genutzt werden. Foto: (Lübeck Hbf) Christian Schultz |
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Auch die nachfragestarke Relation Berlin—Rhein-Ruhr bietet weiteres Potenzial durch
Einrichtung einer schnellen ICE-Sprinter-Verbindung
zwischen Berlin und Köln mit Halten
lediglich in Berlin Ostbahnhof, Berlin Hbf, Berlin
Zoologischer Garten, Berlin-Spandau und
Hannover Hbf, ggf. mit der Möglichkeit einer
umsteigefreien Durchbindung über Köln Hbf
hinaus ab/bis Brüssel. Eine derartige Verbindung
wäre dabei für die meisten Fahrgäste
von höherem Nutzen als die nur mit hohem
Aufwand zu realisierende Direktverbindung
nach London.
Auch die von Fahrgästen immer wieder
geforderte Verdichtung des heutigen 2-Stunden-Taktes zwischen Berlin und Dresden auf
einen 1-Stunden-Takt lässt auf sich warten.
Hier bietet sich beispielsweise an, nach Fertigstellung
des Ausbaus der Strecke Berlin—Rostock für 160 km/h mit einer InterCity-Linie
Warnemünde—Rostock—Berlin—Dresden
eben diese Taktverdichtung zu realisieren.
Hier können z. B. die neuen InterCity-Doppelstockzüge
eingesetzt werden, deren (leider
ebenfalls verspätete) Auslieferung nun im
Laufe des Jahres 2014 geplant ist.
Nicht zuletzt besteht auf politischer Ebene
dringender Handlungsbedarf: Die Angebotsgestaltung
im Fernverkehr orientiert sich
derzeit ausschließlich an betriebswirtschaftlichen
Kriterien mit der Folge, dass die Flächenerschließung
nunmehr seit Jahren deutliche
Lücken aufweist. Vielen Verkehrsbedürfnissen
wird diese Praxis aber nicht gerecht.
In Artikel 87e Absatz 4 des Grundgesetzes
heißt es wörtlich: „Der Bund gewährleistet,
dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere
den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau
und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen
des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten
auf diesem Schienennetz, soweit
diese nicht den Schienenpersonennahverkehr
betreffen, Rechnung getragen wird.“
Bis heute fehlt jedoch die entsprechende
Regelung, wie der Bund eigentlich gewährleistet,
dass Verkehrsangebote im Schienenpersonenfernverkehr
dem Wohl der Allgemeinheit
Rechnung tragen. Dass etliche
Regionen von der Bedienung im Schienenpersonenfernverkehr
mittlerweile ganz oder
weitgehend ausgeschlossen sind, erfüllt die
gesetzlichen Vorgaben wohl kaum!
Ein „Schienenersatzverkehr“ in Form von
Fernbusverbindungen wäre sicherlich auch
ein Rückschritt und erfüllte den gesetzlichen
Auftrag ebenso wenig. Ein aktuelles Negativbeispiel
lieferte dazu kürzlich leider die Vogtlandbahn
GmbH. So verkehrt der Vogtland-
Express zwischen Reichenbach (Vogtl) ob. Bf.
und Berlin seit 1. Oktober 2012 als täglicher
reiner Busbetrieb; das Angebot auf der Schiene
wurde komplett eingestellt (siehe hierzu
auch SIGNAL 5/2012 ). Deutscher Bahnkunden-Verband
IGEB Fernverkehr
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