Für ein Fahrplanjahr war die Eisenbahnstrecke zwischen Grunewald und Wannsee
wegen Bauarbeiten gesperrt. Grund genug, diese am 9. Dezember 2012 endende
Sperrung einer kritischen Betrachtung zu unterziehen.
Wenig Interesse an Kommunikation mit
den Politikern und Fahrgästen
Die Fahrgäste wurden oft unnötig verärgert,
die Deutsche Bahn AG, aber auch Politiker
täten gut daran, aus den Fehlern und Problemen
für andere Baumaßnahmen zu lernen.
Schon lange war klar, dass die Sanierung der
Fern- und Regionalbahnstrecke notwendig ist.
Durch ständige Herabsetzung der Streckengeschwindigkeit
in den Brückenbereichen wurde
der Sanierungsbedarf für alle offensichtlich.
Der Umfang der geplanten Sperrung hätte
nun bei DB Projektbau zu einer verstärkten Öffentlichkeitsarbeit
führen müssen – doch das
Gegenteil passierte. Schon im Vorfeld bei einer
Sperrung der Strecke zwischen Potsdam und
Wannsee für eine Woche im Herbst 2011 gab
es erst nach öffentlichem Druck
brauchbare
Fahrgastinformation.
Als das Ausmaß der Baumaßnahmen – einjährige
Sperrung - bekannt wurde, gab es
Druck aus Politik und Bevölkerung, zumal
zeitgleich an der parallelen Autobahn (AVUS)
gebaut wurde. Hier hätte man von Seiten der
DB AG in eine Informationsoffensive gehen
können und sollen. Doch außer der Information
durch DB Regio und S-Bahn GmbH in der
Kundenzeitschrift Punkt3 passierte nichts.
Erstaunlich, da oft schon bei kleineren Baumaßnahmen
in Berlin ein „Baustellentreff“ mit
offensiver Informationsarbeit organisiert wird.
Selbst im Rahmen der folgenden Diskussion
um die Möglichkeiten von Umfahrungen und
anderen Ersatzmaßnahmen war von DB Netz
wenig zu hören.
Notwendige Vorleistungen nicht fertig
Wer die Baustelle nicht großräumig umfahren
konnte, musste in Wannsee vom Regionalverkehr
auf die S-Bahn umsteigen. Was aber
fehlte und in den ersten Monaten gerade für
Behinderte sowie Fahrgäste mit Gepäck ein
starker Mangel war, war die verspätete Fertigstellung
des Aufzuges am Regionalbahnsteig
in Wannsee.
Als Vorleistung hätte außerdem die Sanierung
der Brücke in Kohlhasenbrück und der
Bahnsteige im Bahnhof Wannsee schon vorher
erledigt werden können. Doch während der
Baumaßnahme „Grunewald“ kamen erschwerend
und vorher nicht kommuniziert diese
beiden Baustellen noch hinzu. Besonders ärgerlich
ist dies deshalb, weil die Regionalzüge
RE 1, RE 7 und OE 33 während der Bauarbeiten
im Grunewald wenigstens im gesamten Zeitraum
bis zum Bahnhof Wannsee fahren sollten.
Die S-Bahn sollte es richten und wurde
behindert
|
Aufzug auf dem Fern- und Regionalbahnsteig in Berlin-Wannsee. Ab 11. Dezember 2011 endeten die Regionalzüge aus Brandenburg für ein Jahr in Berlin-Wannsee. Die Fahrgäste mussten den Regionalbahnsteig verlassen und auf die S 7 umsteigen. Doch der neue Aufzug wurde erst im April 2012 fertig. Foto: Marc Heller |
|
Als „Haupt-Ersatzverkehrsmittel“ für den Regionalverkehr
sollte die S-Bahn-Linie S 7 fungieren,
doch die Hoffnung auf einen störungsfreien
Verkehr wurde bitter enttäuscht, wobei
nur wenige Probleme wirklich bei der S-Bahn
zu suchen sind.
Wünschenswert wäre eine Ausdehnung
des 10-Minuten-Taktes der S 7 in den Abendstunden
gewesen, doch dieses scheiterte an
der Finanzierung durch Berlin und die Bestellung
durch den VBB. Resultat war, das bei
Verzögerungen auf dem Ring gerade in den
Abendstunden oft die Potsdamer Fahrgäste
unfreiwillig über eine Viertelstunde in Westkreuz
pausieren durften.
Auf der Stadtbahn gab es durch weitere Baumaßnahmen
und die täglichen Signal- und
Weichenstörungen immer wieder Behinderungen
für die S 7, was zu Problemen gerade
in den eingleisigen Bereichen ab Nikolassee
Richtung Potsdam führte. Ausfälle und starke
Verspätungen sorgten für Ärger bei den betroffenen
Fahrgästen. Leider scheint die DB AG
vergessen zu haben, dass man mit dieser Aktion
auch Fernreisende behinderte. Diese Fahrgäste
sind auf eine Verbindung in Richtung
Berliner Hauptbahnhof angewiesen, bedingt
durch die Verlagerung des Fernverkehrs von
dieser Trasse auf andere Strecken und die Aufgabe
des Halts in Berlin Zoologischer Garten.
Als letzter „Hieb ins Kontor“ erwies sich der
verschwiegene Umfang der Sanierung der
Brückenanlagen im Bereich Nikolassee. Hier
schuf DB Netz zusätzliche Probleme für die
Betriebsdurchführung der S-Bahn und zwang
große Teile der Fahrgäste zu zusätzlichen
Umsteigezeiten und -wegen. Selbst hier fand
keine ausreichende Öffentlichkeitsarbeit von
Netz statt.
Man hätte meinen können, die Politik stellt
sich aktiv hinter die S-Bahn GmbH und deren
Fahrgäste, doch weit gefehlt. Entweder wurde
nur die S-Bahn kritisiert oder man schwieg.
Hätten die beiden Landesregierungen Interesse
an den Belangen der Fahrgäste gehabt, hätte
man beim Chef der Deutschen Bahn massiv
Druck machen müssen.
Zentrumsnahe Umfahrungslösungen
fehlen
Ein Problem der Sperrung war, dass die Grunewald-
Baustelle über das Nadelöhr Spandau
umfahren wurde. Eine näherliegende Umfahrungslösung
gibt es nicht! Hätte es die Möglichkeit
gegeben, vom Berliner Hauptbahnhof
über die wiederaufgebaute Stammbahn nach
Potsdam mit Regionalzügen zu fahren, wäre
das Problem leicht lösbar gewesen. Berlin und
Brandenburg haben es jedoch 2008 endgültig
abgelehnt, hier Regionalverkehre zu bestellen.
Daraufhin hatte die DB AG bereits erhaltene
Gelder für den Bau zurückgeben müssen.
Was hat der Fahrgast von den Baumaßnahmen?
Spürbar wird für den Fahrgast die Sanierung
durch die Beseitigung der Langsamfahrstellen
auf dieser Trasse. Verwirrend war die Diskussion
um die Verlängerung der Regionalbahnstrecken
von Potsdam nach Berlin Friedrichstraße.
Hier gab es immer wieder widersprüchliche
Äußerungen.
Wünschenswert wäre eine Zunahme der
Nutzung durch DB-Fernverkehr gewesen,
denn bis auf den Nachtzug nach München
und ein IC- Zugpaar in Richtung Bremen sind
Wannsee und Potsdam abgehängt. Selbst
die Kreisstadt Eberswalde wird häufiger von
Fernzügen bedient als die Landeshauptstadt
Potsdam. Ein trauriger Fakt am Rand: Die DB
hat in Potsdam eine Führungskräfteakademie,
bei der man sicher von der Anreise per Auto
ausgeht, sonst würde man Potsdam bestimmt
besser anbinden.
Fazit
Mit einer besseren Öffentlichkeitsarbeit und
Koordinierung wären einige Probleme vermeidbar
gewesen. Diese Baumaßnahme
hat eine große Anzahl von Fahrgästen betroffen.
Leider kann man sich des Eindrucks
nicht erwehren, dass die DB AG und auch die
Politik die Region Zehlendorf, Wannsee und
Potsdam stiefmütterlich behandeln. Doch
die im November 2012 durchgeführte Vorstellung
der für 2013 geplanten Bauarbeiten
ist vielleicht ein Hinweis darauf, dass DB Netz
langsam nicht nur die Verkehrsunternehmen
als ihre Kunden begreift, sondern auch die
Fahrgäste. DBV-Regionalverband Potsdam-Mittelmark
|