Eröffnet wurde die Reihe der Berliner Fahrgastsprechtage
bei den 29. Deutschen
Schienenverkehrs-Wochen am 13. September
2012 mit der BVG-Straßenbahn. In die
gut besuchte Kantine des BVG-Betriebshofs
Lichtenberg waren Jürgen Sember,
Betriebsleiter der Straßenbahn, und sein
Sachgebietsleiter Planung, Rainer Döge gekommen.
Moderiert wurde der Abend von
Holger Mertens vom Berliner Fahrgastverband
IGEB.
Das derzeit wichtigste Bauvorhaben ist
zweifellos die neue Tramstrecke zum Hauptbahnhof.
Auf den von der BVG gezeigten Lageplänen
wurde die beengte Situation des
Baufeldes an der wichtigen Kreuzung Invaliden-/Chausseestraße deutlich, unter der zusammen
mit dem Straßenbahnneubau auch
die Tunneldecke der U 6 saniert und neu abgedichtet
werden muss. Deshalb sollte die
Linie M 6 ab Dezember 2012 nicht mehr zur
Endschleife Schwartzkopffstraße fahren –
und damit dort dauerhaft verschwinden,
denn dieser Abschnitt wird nach Ende der
Bauarbeiten stillgelegt. Auf Nachfrage aus
dem Publikum wurde eine
würdige Verabschiedung
dieser Strecke mit Sonderfahrten
in Aussicht gestellt.
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Vor dem Hauptbahnhof liegen zwar schon Gleise, aber die Inbetriebnahme der Straßenbahn wurde inzwischen auf 2014 verschoben. Möglicherweise wird es sogar erst 2015. Hauptursache sollen unerwartete Probleme der Berliner Wasserbetriebe mit den unter der Invalidenstraße vorgefundenen Kanälen sein. Foto: Florian Müller |
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Wenn die Bauphase 1 auf dem Südteil
der genannten Kreuzung abgeschlossen
ist, sollten – so war geplant – die Gleise für
eine Teilinbetriebnahme verlegt werden,
so dass die über die Oranienburger Straße
geführte M5 zum Fahrplanwechsel im Dezember
2013 als erste Straßenbahnlinie den
Hauptbahnhof erreicht hätte. Schon bei der
Vorstellung dieser Planung zeigte sich Herr
Sember skeptisch – und er sollte leider Recht
bekommen. Es wurden sowohl der Beginn
der Sperrung (auf Februar 2013) als auch die
Dauer der ersten Bauphase neu festgelegt,
so dass nun keine Teil-, sondern eine verspätete
vollständige Inbetriebnahme geplant
ist – entweder 2014 oder gar erst 2015. Zur
Erinnerung: Geplant war die Inbetriebnahme
der Neubaustrecke zur Eröffnung des
Hauptbahnhofs im Mai 2006!
Endlich mehr Kaphaltestellen
Doch es gab auch Positives. Wie man mit
kleinen Baumaßnahmen gute Wirkungen
erzielt, wurde am Beispiel der Linie 12 mit
ihren neuen Kaphaltestellen in der Pappelallee
zeigt. Nachdem der Senat und seine
Dienststellen jahrelang das Problem leugneten,
werden Kaphaltestellen jetzt endlich
gefördert. Zuerst soll der Abschnitt der M 5
in der Hohenschönhauser und Konrad-Wolf-
Straße verbessert werden.
Eine große Baustelle im Jahr 2013 gibt es
mit dem weiteren Umbau des Roederplatzes,
bei dem die Haltestellen näher an die
Kreuzung rücken.
Manchmal entstehen bei solchen Umbauplanungen
ungeahnte Interessengegensätze
wie zum Beispiel in Friedrichshagen, wo der
Stadtbezirk Treptow-Köpenick der Straßenbahn
ihren eigenen Gleiskörper in der Bölschestraße
wegnehmen will und außerdem
die jetzt zusammengefassten Haltestellen
über die gesamte Kreuzung am Bahnhof
Friedrichshagen verstreuen möchte. Die BVG
hat sich zum Glück nicht auf so einen Verlust
eingelassen, obwohl die Kreuzung samt
Lichtsignalanlage (LSA) am S-Bahnhof auch
in ihrer heutigen Form ein Ärgernis für die
Straßenbahn und ihre Fahrgäste darstellt.
Unverändert fehlen
Vorrangschaltungen
Überhaupt sind die mangelnden Tram-
Bevorrechtigungen an Ampeln ein stetiges
Ärgernis, auch die Qualitätssicherungsvereinbarung
zwischen Verkehrslenkung
Berlin (VLB) und BVG brachte keine Besserung.
Trotzdem bleibt der Verkehrsbetrieb
nicht untätig und hat sich eine Software
zur Messung der Fahrzeitverluste bei der
Straßenbahn zugelegt, um in kommenden
Verhandlungen konkrete Daten über die
Mehrbelastung zeigen zu können.
Mit der Verkehrssteuerung hängt auch
die Fahrgastinformation an den Haltestellen
zusammen, die ebenfalls immer wieder fehlerhaft
ist. Die BVG gesteht ein, dass gerade
Abweichungen vom Regelbetrieb und dabei
speziell Umleitungen nicht richtig abgebildet
werden, obwohl gerade im Störungsfall
die Echtzeitanzeigen von „Daisy“ am wichtigsten
sind. Hier wirkt sich auch die mangelnde
personelle Besetzung der Leitstelle
aus, wo die Mitarbeiter bei Störungen mit
der Abwicklung des Betriebes ausgelastet
sind und niemand Zeit für die Dateneingabe
zu den Haltestellen hat. Dies soll sich 2014
mit der Einrichtung einer neuen, großen
„Leitstelle Oberfläche“ für Straßenbahn und
Bus ändern, in der extra Arbeitsplätze nur
für die Fahrgastinformation eingerichtet
werden.
Aber auch in den Fahrzeugen tut sich
etwas; leider nicht so viel wie geplant. Das
Umbauprogramm der ersten Niederflurgeneration
GT6 musste wegen Geldmangel
gekürzt werden, die Modernisierung der
Fahrgasträume wird ausgesetzt, und nur die
in die Jahre gekommene und mit Ersatzteilproblemen
behaftete Bordelektronik samt
Fahrgastinformation im Wagen wird erneuert.
Da die umgerüsteten Fahrzeuge nicht
mehr mit den alten kuppelbar sind, erhalten
sie neue, um 500 erhöhte Wagennummern.
Die schon vom Flexity bekannten breiten
Bildschirme werden auch hier zum Einsatz
kommen, aber an der von der IGEB bemängelten
Darstellungsform auf dem Monitor
wird sich zunächst nichts ändern, denn dazu
müsste Geld für neue Software ausgegeben
werden. An solchen Beispielen lässt sich die
Unterfinanzierung der BVG deutlich ablesen.
Flexity-Auslieferung jetzt planmäßig
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GT6-Niederflurfahrzeug der BVG. Ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2012 sollen diese Fahrzeuge die Tatra-Bahnen auf den Linien 60 und 68 ersetzen. Foto: Marc Heller |
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Immerhin geht die Auslieferung der neuen
Niederflurgeneration Flexity nach den anfänglichen
Verzögerungen nun planmäßig
voran. Nach den 40 m langen Einrichtungswagen
kommen nun die 30 Meter kurzen
Zweirichter, die zuerst auf der M 10 fahren
sollen. Die neuen Fahrzeuge setzen nun
auch GT6 frei, die ab dem Fahrplanwechsel
im Dezember 2012 in Köpenick auf den Linien
60 und 68 zum Einsatz kommen – eine
erfreuliche Überraschung.
Obwohl die Ära der Tatrawagen nun absehbar
zu Ende geht, kamen Fahrgastbeschwerden
über den Einsatz dieser Fahrzeuge
nach Hohenschönhausen auf einem der
beiden Äste der M 4. Das war überraschend,
denn im Gegensatz zu vielen anderen Strecken,
die noch völlig auf ein Niederflurangebot
verzichten müssen, ist dieses Neubaugebiet
gut mit barrierefreien Straßenbahnen
erschlossen. Trotzdem reagierte die BVG
schnell, und Herr Sember kündigte den Einsatz
einzelner Niederflurzüge auf der M 4
zur Zingster Straße schon für den folgenden
Montag (17. September) an – und hielt sein
Versprechen.
Nach der Großserie Flexity, die zur Tatra-
Ablösung nötig ist, möchte die BVG künftig
kleinere Serien in kontinuierlicher Lieferfolge
erwerben. Dadurch umgeht man das
Problem, dass zu viele Wagen gleichzeitig zu
den vorgeschriebenen Turnusuntersuchungen
müssen oder an Lieferfehlern und „Kinderkrankheiten“
leiden. Auch das schnelle
Veralten der immer komplexer werdenden
Bordelektronik betrifft dann nicht mehr so
große Flottenteile gleichzeitig.
Fazit eines interessanten, kurzweiligen
Abends: Die Planungen und Diskussionen
um neue Strecken und bessere Fahrzeuge
sind wichtig, aber noch wichtiger ist die
Finanzierung eines ausreichenden Nahverkehrsangebots.
Angesichts der erfreulich
steigenden Fahrgastzahlen muss die BVG
in die Lage versetzt werden, ihr Angebot
entsprechend auszuweiten. Für dieses Ziel
müssen sich Fahrgäste und Verkehrsunternehmen
gleichermaßen einsetzen. IGEB Stadtverkehr
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