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Am 26. September 2012 hat die Cottbuser
Stadtverordnetenversammlung (StVV) den
bereits im Signal 5/2012 erwähnten Beschluss
des Umweltausschusses bestätigt.
Damit ist es für die Zeit nach 2015 amtlich:
Der Teil der Linie 1 nach Jessener Straße
bleibt im Tram-Betrieb erhalten, der Teil
nach Schmellwitz Anger soll auf Bus umgestellt
werden.
Sind Änderungen bei der Linie 1
tatsächlich notwendig?
Die dem StVV-Beschluss zugrunde liegende
VCDB-Studie „Straßenbahnkonzept
Cottbus“ vom 16. Juli 2012 weist für die beschlossene
Variante 3a einen Nutzen von
jährlich 370 000 Euro gegenüber der Nullvariante
aus. Das ist zwar ein beträchtlicher
Nutzen, nur kommt er unseres Erachtens
nicht durch die Umstellung auf Busbetrieb
zustande, sondern durch Wegfall der Fahrten
der bisherigen Linie 1 durch das Stadtzentrum.
Wenn man sich die Zeit vor 2011
vergegenwärtigt, muss man tatsächlich
sagen, dass die Linie 1 zeitweise fast leer
fuhr. Insoweit kann man die angegebenen
Nutzenwerte durchaus nachvollziehen,
wobei der Grund für diese schwache Gesamtauslastung
nicht nur an der Führung
nach Schmellwitz Anger liegt.
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Phase 1: Die 4 und die 1 nähern sich dem Bonnaskenplatz Zeichnung: Pro Tram Cottbus |
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Phase 2: Beide Bahnen in der Haltestelle, Fahrgäste der 1 steigen um. Zeichnung: Pro Tram Cottbus |
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Phase 3: Die 1 fährt auf dem Gleis Richtung TKC bis über den Wechsler, dann stadteinwärtz und wartet vor der Kreuzung auf die 4. Zeichnung: Pro Tram Cottbus |
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Phase 4: Die 1 fährt auf dem Ortsgleis in die Haltestelle stadteinwärtz ein, die 4 fährt stadtauswärts an die 1 heran, die Fahrgäste steigen in die 1 um. Zeichnung: Pro Tram Cottbus |
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So hatte die Linie 1 ab 2006 neben der
Erschließung von Schmellwitz Anger lediglich
eine Entlastungsfunktion zur Linie
4 zwischen Bonnaskenplatz und Klinikum
(Thiemstraße) inne, die sie aufgrund ihrer
Fahrplanlage wenige Minuten nach
der im 10-Minuten-Takt verkehrenden 4
jedoch kaum erfüllen konnte. Durch den
schwachen 20-Minuten-Takt und schlechte
Anschlüsse zu anderen Linien (2 und 3
jeweils im 15-Minuten-Takt) mussten die
Fahrgastzahlen zwangsweise zurückgehen.
Zusätzlich wurde die Strecke nach
Schmellwitz Anger aufgrund von Bauarbeiten
an anderen Stellen der Stadt häufig
nur im Schienenersatzverkehr bedient.
Die Strecke wurde also allem Anschein
nach über Jahre hinweg künstlich geschwächt.
Ist es wirklich erforderlich,
auf Bus umzustellen?
Wir meinen: NEIN, denn aus unserer Sicht
ist die Strecke zwischen Bonnaskenplatz
und Schmellwitz Anger durch einen einzigen
kurzen Zweirichtungswagen im
15-Minuten-Takt bedienbar. Für die Fahrt
zwischen Schmellwitz Anger und Bonnaskenplatz
werden 5 Minuten benötigt, hin
und zurück also 10 Minuten, wenn an der
Endhaltestelle keine Pause eingelegt wird.
Dann hat der Fahrer am Bonnaskenplatz
also beim 15-Minuten-Takt 5 Minuten Zeit
zum Rangieren bzw. zur Fahrtrichtungs-
Umstellung – mehr als genug. Da die Linie
4 an der Stadthalle idealerweise in beide
Richtungen Anschlüsse zu den anderen Linien
erreichen soll und für die Fahrt Stadthalle—
Bonnaskenplatz—Stadthalle etwa
5 Minuten einzuplanen sind, passt die Rangierpause
gut ins Konzept.
Für die Fahrgäste aus/nach Schmellwitz
Anger bleibt als einzige Verschlechterung
zum heutigen
Status, dass sie
bei jeder Fahrt
umsteigen müssen.
Doch dies
passiert auf einem
Bahnsteig,
und die Fahrzeuge
können aus
unserer Sicht hier
so genau gesteuert
werden, dass
sie zeitgleich an
der Haltestelle
ankommen, der
Zeitverlust durch
das Umsteigen
geht also gegen
Null. Dafür können
die Fahrgäste
auf der
ganzen Strecke
von ruckelfreiem
Fahrkomfort
profitieren, im
Gegensatz zum
Rumpelberieb
mit Bus auf der
sicher auch
noch über Jahre
existierenden
Holperstrecke
Schmellwitzer
Straße. Und sie
haben einen weiteren
Vorteil: Der
15-Minuten-Takt ist garantiert, denn die
Anbindung an die Linie 4 setzt dies voraus.
Ein 15-Minuten-Takt beim Bus ist eher
unwahrscheinlich, denn hier würden mindestens
zwei Fahrzeuge benötigt werden,
was bei schwacher Auslastung unwahrscheinlich
ist.
Hinzu kommt, dass Fahrgäste aus
Schmellwitz Anger, die ins Stadtzentrum
oder zum Bahnhof wollen – und das ist
nach unserer Meinung weitaus die Mehrheit,
ohnehin an der Stadthalle vom Bus
in die Tram umsteigen müssten, in beiden
Fällen also mit einmaligem Umsteigen auskommen.
Bleibt die Frage der Kosten für die Beschaffung
eines Zweirichtungswagens
Dafür wäre erst einmal zu untersuchen, ob
man nicht einen gebrauchten Wagen kaufen
könnte, z. B. aus dem Bestand der Halberstädter
Straßenbahn, sofern sie denn
tatsächlich eingestellt wird. Die Kosten für
den benötigten Wagen werden zumindest
teilweise gedeckt durch
- den Wegfall der Fördermittel-Rückzahlung,
- den Wegfall der Anschaffung von mindestens
einem Bus,
- ggf. auch den Wegfall von Personalkosten,
falls zwei Busse eingesetzt werden.
Vielleicht ergeben sich ja auch noch Steigerungen
der Fahrgastzahlen durch die
auf dieser Strecke dann hoffentlich eintretenden
Regelmäßigkeiten. Außerdem haben
die Schmellwitzer möglicherweise ja
auch durch die jahrelangen Diskussionen
gelernt, dass sie nur dann mit einem komfortablen
ÖPNV rechnen können, wenn sie
ihn auch intensiv nutzen.
Die Entscheidungsfrage lautet also kurz:
- Bus mit Rumpelbetrieb im 20-Minuten-
Takt mit schlechten Anschlüssen zu den
im 15-Minuten-Takt verkehrenden Trams
oder
- Tram im 15-Minuten-Takt, wobei einige
Fahrgäste einen zweiten Umstieg in Kauf
nehmen müssten.
Weitere Infos www.protramcottbus.de Pro Tram Cottbus
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