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Seit einiger Zeit gibt es in Berlin - wieder
einmal - eine heftige Debatte um das “richtige"
Eisenbahnkonzept für die Zukunft der
Stadt. Die Diskussion ist inzwischen auf die
Debatte “Ringmodell“ oder “Achsenmodell"
zugespitzt worden. Beide Modelle bedingen
erhebliche Baumaßnahmen und
können deshalb erst langfristig realisiert
werden. Es wäre fatal, wenn weiterhin bis
zur großen, vermeintlich endgültigen Lösung
nichts geschehen würde. Aus Fahrgastsicht
bieten beide Modelle Vor- und Nachteile.
Das Ringmodell hat jedoch den enscheidenden
Vorteil, daß es Etappenlösungen erlaubt,
die sehr viel schneller als das
Achsenmodell mit dem extrem aufwendigen
Nord-Süd-Tunnel realisiert werden können.
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Vorschlag zur Optimierung des Eeisenbahnfernverkehrs auf den Hauptstrecken durch Berlin. Zeichnung: R. B. Giesel |
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Deshalb sollte neben der Durchführung
kurzfristiger Maßnahmen die etappenweise
Realisierung des Ringmodelles angestrebt
werden. Die Option auf einen Nord-Süd-Tunnel
darf jedoch keinesfalls verbaut werden.
Es ist heute nicht absehbar, ob der
Ring auch bei wachsendem Bahnverkehr
ausreicht bzw. den künftigen Anforderungen
genügt. Dies kann allerdings frühestens
in einigen Jahren, wenn der Ring teilweise
realisiert ist, entschieden werden. Doch
auch dann ist die Investition in den Ring
keine Fehlinvestition gewesen. Er wird immer
benötigt werden, da bei wachsendem
Bahnverkehr eine Abwicklung aller Verkehre
über die beiden Achsen mit “Zentralbahnhof”
ausgeschlossen werden kann.
Die Realisierung des mit der Planung des
Nord-Süd-Tunnels verbundenen "Zentralbahnhofes"
darf aber keinesfalls dazu führen, daß Züge
in Berlin nur noch an diesem
Bahnhof halten, was viele Reisende zu
unnötigen Fahrten ins Stadtzentrum zwingen
würde. Berlin läuft sonst Gefahr, daß es
zum “Versuchskaninchen“ für ein
fahrgastfeindliches Zugsystem würde, in dem die
Züge nur noch einmal pro Stadt - auch in
polyzentralen Städten - halten.
Im einzelnen sollte bei der Planung der
Anlagen für den Eisenbahn-Fern- und Regionalverkehr
innerhalb Berlins folgendermaßen vorgegangen werden:
1. Herstellung der maximalen Leistungsfähigkeit
der Eisenbahn-Strecken in Berlin,
insbesondere auf der Stadtbahn, durch
Elektrifizierung und Ausstattung mit modernem
und leistungsfähigem Zugsicherungssystem.
Herstellung des Lückenschlusses der Anhalter
Bahn von Teltow bis in den Bereich Papestraße,
der Hamburger Bahn von Alrechtshof bis Berlin-Spandau sowie der
Heidekrautbahn von Basdorf bis Berlin-Wilhelmsruh.
Führung sämtlicher Fernzüge aus Richtung
Westen und Dessau über die Stadtbahn,
Führung der aus Richtung Norden kommenden
Züge nach Berlin-Lichtenberg,
Führung der aus Richtung Süden kommenden
Züge je nach Richtung der Weiterfahrt
über den Außenring und die Stadtbahn
oder den Bahnhof Lichtenberg.
Führung der Regionalzüge aus den wichtigsten
Richtungen bis in die Stadt hinein, lediglich
die Züge aus den Richtungen Werneuchen,
Basdorf und Velten können als
reiner S-Bahn-Anschlußverkehr betrieben
werden (mit S-Bahn-Anschluß in Ahrensfelde,
Berlin-Wilhelmsruh und Hennigsdorf).
2. Ausbau des Berliner Innenrings für den
Fern- und Regionalverkehr inklusive
Elektrifizierung als mittelfristige Maßnahme zur
Erhöhung der Kapazitäten.
Führung des Regionalverkehrs durch die
Stadt hindurch, je nach Linie über die
Stadtbahn oder den Innenring, Verknüpfung
jeweils zweier Linien miteinander zu
einer durchgehenden Linie aus der östlichen
Peripherie in die westliche oder von
der südlichen in die nördliche.
Führung ausgewählter Fern-Linien (Intercity
und Interregio) über den Innenring,
insbesondere um die in dem für das westliche
Berlin eher peripher gelegenen Bahnhof
Lichtenberg haltenden Züge näher an die
Bewohner der westlichen Stadtteile heranzubringen.
Deshalb bevorzugte Führung dieser Züge
über den östlichen und nördlichen Innenring
mit einem Umsteige-Bahnhof am Ostkreuz, der
später als Regionalbahnhof genutzt
werden kann, sowie Ausbau des Bahnhofs Gesundbrunnen.
3. Trassenfreihaltung für eine zweigleisige
Eisenbahnstrecke zwischen dem Bereich
Papestraße und dem nördlichen Innenring
mit einem viergleisigen Bahnhof im Bereich
Lehrter Stadtbahnhof/Friedrichstraße zum
Umsteigen auf die Stadtbahn unter Einbeziehung
eines Schildvortrieb-Tunnelabschnitts unter dem Großen Tiergarten.
Untersuchung über den Bedarf an weiteren
Eisenbahntrassen für Berlin anhand des im
dann existierenden Ausbaustandard befindlichen Bahn-Netzes.
Falls diese Untersuchung einen erheblichen
Mehrbedarf an Eisenbahnbetrieb ergibt,
Bau des o.g. Nord-Süd-Eisenbahn-Tunnels.
Falls diese Untersuchung keinen oder nur
einen geringen Mehrbedarf an Eisenbahnbetrieb
in Berlin ergibt, Ausbau des gesamten
Innenrings als Dauerlösung mit Verbindungskurven
und Viergleisigkeit für den
Fern- und Regionalverkehr.
IGEB
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