“Die guten Erfahrungen mit dem Stadtforum meines
Kollegen Dr. Hassemer bestärken mich in meinem
Vorhaben, für die Verkehrsentwicklung Berlins
eine solche öffentliche Diskussionsebene zu schaffen",
schrieb Senator Herwig Haase in die Einladung
zur ersten Verkehrswerkstatt, die am
9. November im U-Bf. Schlesisches Tor
stattfand. In seiner Eröffnungsrede nannte
er dann noch einen zweiten Grund: Das
Stadtforum habe die Verkehrsthemen nicht
ausreichend behandelt. Und damit war man
bei der klassischen Streitfrage zwischen
Stadt- und Verkehrsplanung. Die Verkehrsplanung
sieht sich als Planung neben der
Stadtplanung. Die Stadtplanung sieht die
Verkehrsplanung dagegen als Teil der
Stadtplanung.
|
Bremer Straßenbahnzug zu Gast in Berlin. Der moderne Straßenbahnzug erregte erhebliches Aufsehen. Auch in der 1. Berliner Verkehrswerkstatt am 9. November stand die Tram im Mittelpunkt. Foto: M. Horth |
|
Deshalb meldete Michael Stoll von der
Stadtentwicklungwerwaltung bei der 1. Verkehrswerkstatt
sogleich auch Bedenken an:
Die Verkehrswerkstatt beinhalte die Gefahr
einer rein sektoralen Betrachtung, es werde
die Optimierung des Verkehrs geplant,
ohne "das Ganze" zu betrachten. Anders als
Senator Haase hatte Staatssekretär Ingo
Schmitt in seiner Einleitung versucht, auf
solche Sorgen einzugehen: Die Verkehrswerkstatt
nehme die im Stadtforum diskutierten Themen
auf und vertiefe sie. Die Offenlegung von
Problemen. der Dialog und
die Entscheidungsvorbereitung seien das
Ziel.
Dieser Anspruch verdient zunächst einmal
ausdrückliches Lob. Denn Verkehrsplanung
fand in Berlin (West wie Ost) traditionell
wie eine Militärplanung statt: streng geheim
und über die Köpfe von Bürgern und anderen
Verwaltungen hinweg.
Ob der Anspruch der Verkehrwerkstatt
aber auch eingelöst wird, muß sich erst noch
zeigen. Die jüngsten Vorkommnisse um die
geheime Anmeldung der Westtangenten-Verlängerung
zum Bundesverkehrswegeplan lassen Zweifel aufkommen.
Westtangente ist auch das Stichwort zum
Teilnehmerkreis. Neben der ganzen Riege
der etablierten und verkehrspolitisch meist
sehr konservativen Interessenvertreter aus
dem Bereich Verwaltung, Industrie und
Verbände gehören erfreulicherweise auch
Fahrgastverbände wie IGEB und PRO BAHN,
ferner ADFC, BUND und VCD
zum festen Teilnehmerkreis der Verkehrswerkstatt.
Doch ausgerechnet eine von Berlins ältesten
und wichtigsten Verkehrsinitiativen,
die Bürgerinitiative Westtangente (BIW)
wurde “vergessen". Hier ist nachzubessern.
Die 1. Verkehrswerkstatt mit dem Thema
“Wieviel Bahn braucht Berlin" stand ganz
im Zeichen der Straßenbahn. Diese Schwerpunktsetzung
hatte nach langer Vernachlässigung dieses
zukunftsträchtigen Verkehrsmittels ihre
Berechtigung. Ob aber Senator
Haase aus allem, was er dort Positives über
die Tram gehört hat, nun auch die Konsequenzen
zieht, muß noch abgewartet werden. Davon
aber wird es - unter anderem - abhängen,
ob die Berliner Verkehrswerkstatt ein Erfolg wird.
IGEB
|