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Baumaßnahmen sind ein ständiges Ärgernis
bei der Straßenbahn, erst recht dann; wenn
sie so ablaufen, wie bei der Erneuerung des
ca. 200 m langen Gleisabschnittes in der
Konrad-Wolf-Straße (Bezirk Hohenschönhausen)
zwischen Ho-Chi-Minh- und Altenhofer Straße.
Die abgenutzten Großverbundplatten und
Weichenanlagen waren zu
entfernen und neue Gleise aus westlicher
Produktion in soliderer Bauweise zu verlegen.
Während aber andere Straßenbahnbetriebe noch
wesentlich längere Abschnitte nach nur einer
Wochenendsperrung
wieder in Betrieb nehmen, reichten den
BVB trotz Baufreiheit zu beiden Seiten die
angesetzten 10 Tage nicht. Es mußten weitere
6 Tage zugegeben werden, bis die
Strecke am 28. Oktober endlich wieder in
Betrieb genommen werden konnte. So wurden
die Fahrgäste der Tramlinien 6, 1l, 12,
14, 15, 63, N55 und N93 für über zwei Wochen
auf den sehr unattraktiven Schienenersatzverkehr (SEV)
mit Bussen verwiesen.
Die Busse fuhren ab Dimitroffstraße über
die Leninallee bis Gleisdreieck Ferdinand-Schultze-Straße
bzw. über Leninallee - Simon-Bolivar-Straße
zur Konrad-Wolf-Straße. Zu den Hauptverkehrszeiten steckten
die Wagen auf der Leninallee hoffnungslos
im Stau. Dabei hätte den Fahrgästen wenigstens
der am stärksten zugestaute Abschnitt
der Leninallee erspart bleiben können,
wenn die Verkehrspolizei sich nicht geweigert
hätte, für die bestehende Gleisverbindung von
der Hohenschönhauser in die Ho-Chi-Minh-Straße
eine Grünphase im Ampelumlauf vorzusehen.
Die Verkehrspolizei
verbot gewissermaßen, daß die Straßenbahn
die eigenen Gleise nutzt! Hätten die BVB
diese Gleisverbindung befahren können,
- wären durch gegenläufige Schleifenfahrten
der zahlreichen Linien über Hohenschönhauser,
Ho-Chi-Minh und Karl-Lade-Straße
den BVB (und damit letztlich den Steuerzahleen)
Mehrkosten für den SEV erspart geblieben
- wären die Haltestellen in der Hohenschönhauser
Straße weiterhin bedient worden
- und wären vor allem 10.000en von Fahrgästen
tagtäglich 2 km Stop and Go erspart geblieben.
Aufgrund des Fahrermangels bei den BVB
und den Privatisierungsvorgaben für den
Busverkehr wurden im SEV überwiegend
Reisebusse eingesetzt, Darunter waren auch
zahlreiche Doppeldecker, die mit ihren
schmalen Einstiegen und beengten Innenräumen
für einen zügigen Fahrgastwechsel
völlig ungeignet sind. Gehbehinderte können
die steilen Einstiege bei Eindecker-Reisebussen
kaum erklimmen, und Fahrgäste
mit Kinderwagen haben ohnehin draußen
zu bleiben. Lediglich vereinzelt fuhren für
den Linienverkehr geeignete Standard- bzw.
Standardgelenkbusse.
Nach Beendigung dieser insgesamt unerträglichen
Situation ist das Ergebnis der
langen Bauarbeiten wirklich dürftig. Vom
Ausbau der Straßenbahn zur modernen
Tram ist noch wenig zu spüren. Zwar wird
durch die moderne Weichensteuerung das
anachronistische Begegnunsverbot für
Bahnen, die bei falscher Weichenstellung
zusammenstoßen könnten, aufgehoben worden,
aber es wurde z.B. die Chanse nicht
genutzt, das stadteinwärts führende Gleis
durch einen Bordstein von der Kfz-Spur abzutrennen.
Hier wird die Straßenbahn weiter durch
Lkw`s behindert, die mit zu großem Abstand
vom rechten Fahrbahnrand
an der Ampel warten. Und schließlich erfolgen
die Abbiegevorgänge an der Altenhofer
Straße weiter “auf Sicht“, wobei Jedesmal
ungewiß ist, ob die Kraftfahrer das Schild
“der Straßenbahn Vorfahrt gewähren" auch
ernst nehmen.
Nach dem Beispiel Konrad-Wolf-Straße
muß man für die bevorstehenden umfangreichen
Sanierungsarbeiten der nächsten
Jahre Schlimmes befürchten, Sowohl hinsichtlich
der Dauer der Bauarbeiten, der
Organisation des SEV durch BVB und Polizei
wie auch hinsichtlich des Ergebnisses
der Sanierung müssen alle Beteiligten noch
eine Menge dazulernen.
IGEB
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