|
Die interessantesten Gesprächspartner der
Fahrgäste fehlten: weder die Innen- noch
die Verkehrsverwaltung des Berliner Senats
waren der Einladung der IGEB zur Diskussionsveranstaltung
“Sicherheit im Nahverkehr" gefolgt. Verkehrssenator Haase ließ
mitteilen, daß “niemand aus meinem Hause
Zeit hat, an der Diskussionsveranstaltung
teilzunehmen". (Warum er sich drückte,
wurde im Verlauf des Abends deutlich.)
Von der BVG waren neben dem Bahnen-Chef
Erich Kratky der für die Sicherheitskräfte
zuständige Mitarbeiter, Herr Kohlmann-Rogg,
erschienen. Die Deutsche
Reichsbahn sandte ebenfalls ihren S-Bahn-Chef
Gerd Jacob. Der Innensenator ließ
sich durch den Polizeipräsidenten vertreten,
dieser schickte den 1. Polizeihauptkommissar,
Hern Adam, auf das Podium. Für den
Berliner Fahrgastverband IGEB e.V. nahm
Norbert Gronau als Leiter der Fahrgastabteilung
an der Diskussion teil, die vom
IGEB-Vorsitzenden Gerhard Curth geleitet
wurde.
Die Veranstaltung begann mit einem Vergleich:
Im BVG-Bereich sorgen 63 Polizisten, etwa
200 private Sicherheitskräfte und
ca. 120 Mitarbeiter des Mobilen Ordnungsdienstes
(MOD) für die Fahrgastsicherheit,
was Hauptkommissar Adam durch entsprechende
Statistiken belegte. So seien von
Juni '91 bis August '91 über 14.000 Anzeigen
von Sicherheitskräften geschrieben worden,
davon allerdings etwa 9000 gegen
Schwarzfahrer. Diesen etwa 400 nur um die
Sicherheit bemühten Kräften stehen für das
gesamte Berliner S-Bahn-Netz der Reichsbahn
nur 14 (!) Mitarbeiter des Bundesgrenzschutzes
(Bahnpolizei) zur Verfügung.
Um hier eine, wie Herr Jacob betonte, dringend
erforderliche Verstärkung zu schaffen,
wurden die sonst zur Fahrausweiskontrolle
eingesetzten Zugrevisoren in den Sicherheitsdienst
abgezogen. Weitere 15 Kräfte
werden demnächst durch Angehörige eines
privaten Wachschutzes gestellt. Da die
Deutsche Reichsbahn im Gegensatz zur
BVG vom Senat keinerlei Unterstützung für
diese Aufgaben erhält, muß sie, so Jacob,
diese Maßnahmen selbst finanzieren. Über
ABM-Kräfte versucht die DR derzeit, ihr
Sicherheitspersonal zu verstärken.
|
U-Bahn-Wagen der neuen Serie F90, die seit September im Fahrgastbetrieb eingesetzt werden. Die Fenster in der Tür zum Fahrerraum ermöglichen einen Durchblick von einem Doppeltriebwagen in den nächsten. Dies dient dem Sicherheitsgefühl der Fahrgäste. Die IGEB fordert deshalb, daß in allen älteren F-Wagen die vorhandenen Türen gegen neue mit Fenster ausgewechselt werden. Foto: Th. Billik |
|
Herr Gronau stellte die Sicherheitsforderungen
der Fahrgäste vor und wies darauf
hin, daß trotz der objektiv immer noch sehr
sicheren öffentlichen Verkehrsmittel die
subjektive Unsicherheit unter den Fahrgästen
erheblich zugenommen habe. Dies
könne nicht durch Statistiken, sondern müsse
durch Handeln bekämpft werden. Als besonders
wichtig nannte Gronau neben personellen
Maßnahmen, die jederzeit durch
den Senat wieder gestrichen werden können,
strukturelle Maßnahmen zur Erhöhung
der subjektiven und objektiven Sicherheit
der Fahrgäste. Dazu gehörten der Umbau
der Zugabfertigerräume zu Glaskanzeln
nach DR-Vorbild, der Umbau der Fahrzeuge,
um mehr Übersicht zu gewähren und einen
direkten Kontakt zum Fahrer zu schaffen,
eine wesentliche Verbesserung vor allem der
abendlichen Anschlüsse, um lange
Wartezeiten zu vermeiden, und die Verbesserung
der Fahrgastinformation, insbesondere bei
Betriebseinschränkungen. Viele
Fahrgäste hätten zudem den Eindruck, daß
die Stützpunkte der Sicherheitskräfte, wie
z.B. der Bahnhof Zoo, besonders gut “bewacht"
würden, während an den Brennpunkten der Kriminalität
zuwenig oder gar
keine Präsenz gezeigt würde. Fraglich sei
außerdem, ob sich in der Hauptverkehrszeit
auch noch Sicherheitskräfte in die überfüllten
Züge drängeln müßten.
In ihren Erwiderungen gingen Herr Kratky
und Herr Jacob im wesentlichen auf die bereits
verwirklichten Punkte des IGEB-Konzeptes ein.
So werden die wiedereröffneten
Bahnhöfe der Linie U2 nach Aussage von
Herrn Kratky mit Glaskanzeln versehen.
Die neuen U-Bahn-Züge vom Typ F90 böten
bereits Durchblick zum Fahrer und zwischen
den Wagen; die nächste Generation
“H94“ solle auch mit Durchgängen zwischen den
Wagen ausgerüstet werden. Herr
Jacob wies darauf hin, daß die DR derzeit
in einem Sonderprogramm alle Trennwände
zu den Dienstabteilen entfernen läßt. Die
auf einigen Bahnhöfen praktizierte Fernsehüberwachung
wird bei der DR Zug um Zug
zugunsten einer direkten Abfertigung der
Züge durch Bahnsteigaufsichten abgebaut.
Stimmen aus dem Publikum betonten ebenfalls
die Bedeutung der subjektiven Sicherheit
für ein angstfreies Fahren. Einigkeit
herrschte darüber, daß der Straßenbahn als
relativ sicherem Verkehrsmittel in Zukunft
eine größere Bedeutung beikommen muß
als der unterirdischen, nur durch Treppen
und lange, dunkle Gänge zu erreichenden
U-Bahn.
Die Veranstaltung schloß mit einer Einladung
an die IGEB, an den nächsten Sicherheitsbesprechungen
im Haus der BVG teilzunehmen, um sich selbst und für die
Fahrgäste ein Bild von den umfangreichen Bemühungen
zu machen. Fahrgastvertreter
Norbert Gronau bedankte sich für die Einladung
und kündigte an, daß zugleich die
politische Seite zu stärkerem Einsatz insbesondere
nur die Sicherheit in der S~Bahn
gebracht werden muß.
IGEB
|