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Die BVG hat zu recht beklagt, daß ihr der
Senat für 1992 pauschal 150 Mio DM an
Zuschüssen gestrichen hat, zumal in diesem
Jahr mit einer erneuten Fahrgastzunahme
zu rechnen ist. Auch die IGEB hat die
Streichung als fahrgastfeindlich kritisiert,
weil es selbst unter günstigsten Bedingungen
gar nicht möglich ist, von einem Jahr
zum anderen einen solch großen Betrag
ohne Angebotsverschlechterungen einzusparen.
Insofern kann man die Argumentation
des Senats, die Zuschußkürzung sei keine
fahrgastfeindliche Politik, weil die BVG
Einsparungen in anderen Bereichen und
nicht beim Fahrplan machen solle, nur als
verlogen bezeichnen.
Andererseits wissen alle, die sich mit der
BVG befassen, daß es natürlich ein erhebliches
Einsparungspotential gibt - auch ohne
Angebotsverschlechterungen! Ein drastisches
Beispiel dafür sind die Buslinien im
Osteil Berlins. Hier wurde am 2.1.92 bei den
bisherigen BVB-Buslinien der Fahrscheinverkauf
eingeführt. Zu diesem Zweck sind
die Fahrzeiten aller Linien verlängert worden.
Dies führte nicht nur dazu,
- daß seither neue Fahrpläne gelten, über
die die Fahrgäste - wie im vorstehenden Artikel
geschüdert - völlig unzureichend informiert
wurden, sondern auch dazu,
- daß viele der bisherigen Busse unerträglich
"trödeln" müssen, um den Fahrplan
einzuhalten, und
- daß wegen der längeren Fahrzeiten mehr
Busse pro Linie benötigt werden, was entsprechend
mehr kostet.
Und diese Mehrkosten wären zu einem großen
Teil vermeidbar! Denn nach einem
Monat intensiver Beobachtung durch die
IGEB zeigt sich, daß bei mindestens der
Hälfte aller Buslinien fünf Minuten Fahrzeit
gestrichen werden können, zumindest tagsüber
außerhalb des Berufsverkehrs, abends
sowie am Wochenende. Dies bietet - je nach
Taktzeit - bei den einzelnen Linien mehr
oder weniger große Einsparungsmöglichkeiten
bei der Zahl der eingesetzten Wagen
Eine Überschlagsrechnung zeigt die Größenordnung
des Einsparungspotentials: Im
Ostteil der Stadt gibt es ca. 50 Buslinien.
Bei mindestens der Hälfte der Linien sind
die Fahrzeiten seit dem 2.1.92 wesentlich zu
lang. Nimmt man nur diese Linien und setzt
das Einsparungspotential durch Fahrzeitverkürzungen
hier mit insgesamt nur 16
Wagen an, also im Durchschnitt weniger als
ein Umlauf pro Linie, so ergibt dies eine
Ersparnis von rund 4 Mio DM pro Jahr.
Dabei wurden pro Wagen Kosten von ca.
250.000 DM im Jahr angesetzt.
Alle Werte sind bewußt niedrig angesetzt,
da es sich natürlich nur um überschlägige
Kostenermittlungen handelt. Deshalb dürfte
das jährliche Einsparungspotential kaum
unter, sondern eher noch über 4 Mio DM
liegen.
Es ist der BVG also gelungen, den Busverkehr
in Ost-Berlin unnötig teuer und zugleich
unattraktiver zu machen. Letzteres
wird noch durch das schikanöse Verhalten
vieler Busfahrer verstärkt. Da sie zu viel
Zeit im Fahrplan haben und nicht immer
nur schleichen wollen, vertreiben sie sich
die überflüssigen Fahrplanminuten mit dem
"Türenspiel". So wird zum Beispiel an Haltestellen
mit großem Fahrgastandrang vom
Ikarus-Gelenkbus-Fahrer nur die Vordertür
geöffnet, um die Haltestellenaufenthaltsdauer
in die Länge zu ziehen. Eine andere
beliebte Maßnahme gegen die langen Fahrzeiten
ist die verzögerte Öffnung der Ausstiegstüren,
die erst dann freigegeben werden,
wenn alle einsteigenden Fahrgäste auf
dem Weg zur Vordertür sind.
Dies erinnert sehr an die Schikanen der
BVG-Busfahrer in West-Berlin, die den im
Mai 1988 zugelassenen Fahrgastzustieg
durch die Bus-Hintertür innerhalb weniger
Monate zu Fall brachten. Solch fahrgastfeindliches
Verhalten ist natürlich nicht die
Reaktion einzelner verärgerter Fahrer, sondern
eine organisierte Kampagne von ötv
und Personalrat. Wann begreifen diese Herren
endlich, daß die Existenz und auch die
Attraktivität der BVG-Arbeitspiatze von zufriedenen
Kunden abhängt? IGEB
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