Finanzierung von Sicherheitsmaßnahmen
Der gegenwärtig amtierende Senat finanziert
seine Sicherheitspolitik im Nahverkehr
ausschließlich über Fahrgäste und Verkehrsbetriebe.
Entgegen den Behauptungen
von Verkehrssenator und Innensenator ist
bisher nicht eine Mark zur Erhöhung der
Sicherheit der Fahrgäste in S- und U-Bahn
bereitgestellt worden. Die Kosten in Höhe
von mehr als 30 Mio DM pro Jahr muß die
BVG selbst tragen (vgl. BVG-Wirtschaftsplan
für 1992). Zusätzlich zwingt der Senat
die BVG zu weiteren Einsparungen im Betrieb
in Höhe von 150 Mio DM pro Jahr.
Das Verkehrsunternehmen muß also fast
200 Mio DM pro Jahr an Betriebskosten
einsparen. Die daraus resultierenden Belastungen
durch eingeschränkte Straßenbahn- und
Busfahrpläne, verkürzte Betriebszeiten
und eingestellte Linien tragen allein die
Fahrgäste.
Erforderlich sind eine Übernahme aller Sicherheitskosten
bei der BVG durch das
Land Berlin und eine 50%-Beteiligung des
Landes Berlin an den Sicherheitskosten im
Bereich der DR.
Ost-West-Gefälle
Während die BVG über insgesamt 120 Mitarbeiter
im mobilen Ordnungsdienst, zusätzlich
etwa 240 private Ordnungskräfte,
mehr als 300 Fahrausweiskontrolleure und
fast 500 ABM-Kräfte zur Fahrgastinformation
verfügt, kann die DR auf ihrem mehr
als 170 km langen S-Bahn-Netz mit mehr als
80 Bahnhöfen lediglich 16 private Sicherheitskräfte
und kaum mehr als 100 Mitarbeiter
von Bundesgrenzschutz/Bahnpolizei
einsetzen. Das daraus resultierende extreme
Sicherheitsgefälle hat der Berliner Senat
bisher tatenlos akzeptiert.
Deshalb muß sofort muß ein Sicherheitskräfte-Pool
von BVG, DR, Polizei und BGS
gebildet werden. Diese Sicherheitskräfte
müssen auf allen S- und U-Bahn-Strecken
in ganz Berlin eingesetzt werden, unabhängig
von "hoheitlichen Fragen".
Dialog mit dem Fahrgast
Verkehrssenator und Innensenator haben
sich trotz vieler Gelegenheiten bisher dem
Dialog mit den Fahrgästen verweigert. Daher
muß ein "Runder Tisch Fahrgastsicherheit"
eingerichtet werden, an dem auch die
politisch Verantwortlichen teilnehmen müssen.
Die Fahrgastverbände müssen in alle
sicherheitsrelevanten Entscheidungen
Senatsverwaltungen und Verkehrsbetrieben
eingebunden werden.
Personal und Sicherheit
Bausenator, BVG und Reichsbahn haben
die Instandsetzung von S- und U-Bahnhöfen
in Berlin inzwischen weitergeführt, ohne
die Sicherheitsbelange der Fahrgäste umfassend
zu berücksichtigen. Denkmalschutz
rangiert auch weiterhin vor Fahrgastschutz.
Lediglich der S-Bahnhof Unter den Linden
wurde mit einer Glaskanzel versehen, und
lediglich für den Neubau des S-Bfs. Lichterfelde
Süd ist eine geplant. Alle anderen S-Bahnhöfe
der Ringbahn sowie der Strecken
nach Lichterfelde und Potsdam erhalten
herkömmliche Unsicherheits-Aufbauten.
Eine von der BVG gebildete Kommission
zur Ausrüstung von Bahnhöfen mit Glaskanzeln
hat ihre Arbeit faktisch bereits wieder
eingestellt, da der Senat nicht bereit ist,
diese wichtigen Arbeiten finanziell zu unterstützen.
Eine Reihe von S- und U-Bahnhöfen
werden oder sind bereits mit Fernsehübertragungsanlagen
für die Zugabfertigung ausgestattet,
so z.B. die S-Bahnhöfe Marzahn,
Springpfuhl und Hohenschönhausen. Diese
Video-Überwachung trägt jedoch in keiner
Weise zur Erhöhung der objektiven oder
subjektiven Sicherheit der Fahrgäste bei.
Eine ständige Beobachtung der Monitore
durch das Abfertigungspersonal ist nicht
möglich, da es gleichzeitig z.B. Züge abfertigen
oder Fahrausweise verkaufen muß.
Auch die subjektive Sicherheit (das Sicherheitsgefühl)
der Fahrgäste wird erheblich
eingeschränkt, weil ein Blickkontakt zum
Aufsichtspersonal nicht mehr möglich ist.
Notrufsystem
Es gibt keine oder nur äußerst unzureichende
Möglichkeiten für Fahrgäste und für
Zug- oder Bahnhofspersonal, bei Übergriffen
rechtzeitig Hilfe herbeizuholen oder
Maßnahmen zur Ergreifung der Täter zu
veranlassen (Alarmknöpfe, Sprechanlagen,
Funkverbindungen). Nach Alarmierung der
Polizei vergehen bis zu 45 min, bis diese
eintrifft. BVB-Mitarbeiter und Reichsbahn-Bedienstete
sind überwiegend nicht mit
Funkgeräten ausgestattet.
Im gesamten BVG-Bereich besteht nur ein
indirektes Notrufsystem. Nur die zentrale
Leitstelle der S- oder U-Bahn der BVG ist
ermächtigt, Hilfe z.B. bei der Polizei anzufordern.
Dadurch verstreicht u.U. wichtige
Zeit ungenutzt.
In den Fahrzeugen von S- und U-Bahn gibt
es in der Regel keine Sichtverbindung von
einem Wagen zum anderen und keine Sicht- und
Sprechverbindung zum Fahrer. Ein
Durchgang durch die Wagen ist nicht möglich.
Zusätzlich wird die Übersichtlichkeit
durch unnötig hohe Trennwände zwischen
den Fahrgastabteilen beeinträchtigt.
Fabrikneue oder vollständig modernisierte
Fahrzeuge der DR werden nach wie vor mit
eklatanten Sicherheitsdefiziten in den Verkehr
gebracht. Die Züge erhalten kein Notrufsystem;
zudem versperren nach wie vor
hohe Trennwände zwischen den Sitzgruppen
den Durchblick duch den Wagen. Zwischen
den Wagen befindet sich auch dort
eine massive Wand, wo problemlos ein Fenster
den Blick in den nächsten Wagen ermöglichen
würde. Es gibt allerdings Hinweise,
daß die DR wenigstens diesen Mißstand
beseitigen will.
Telefonzellen auf Bahnsteigen
Bisher besteht nur auf wenigen Bahnsteigen
die Möglichkeit, aus einer Telefonzelle heraus
jemanden anzurufen, z.B. zum Abholen
vom Bahnhof. Vorhandene öffentliche
Fernsprecher, wie beispielsweise auf dem S-Bf.
Marx-Engels-Platz und dem U-Bf. Wittenbergplatz
noch vorhanden, werden von
der Post ersatzlos abgebaut.
Zonen erhöhter Sicherheit
Erfahrungen aus anderen Städten haben
gezeigt, daß klare Handlungsanweisungen,
veranschaulicht durch eine entsprechende
Gestaltung von Bahnhöfen und Zügen, das
Sicherheitsempfinden der Fahrgäste deutlich
erhöhen können. Daher sollten auf allen
Bahnsteigen besonders hell erleuchtete
und entsprechend markierte Sicherheitszonen
in unmittelbarer Nähe und mit Sichtkontakt
zur Bahnsteigaufsicht ausgewiesen
werden.
Angepaßte Zuglängen im Spätverkehr
Im Berliner S- und U-Bahn-Netz treten in
den Spätstunden unterschiedliche Nachfragesituationen
auf: Während in den City-Bereichen
die Züge sehr gut gefüllt sind, verlieren
sich in den Außenbezirken die wenigen
Fahrgäste in den langen Zügen. BVG
und DR lösen dieses Problem unterschiedlich:
Während die DR die Zuglängen nach
dem größten Fahrgastandrang bemißt, kürzt
die BVG die Züge in den Abendstunden
rücksichtslos zusammen. Eine Lösung dieses
Problems bestünde darin, die Zugtrennung
nach Hamburger und Münchner Vorbild
einzuführen, z.B. auf den Bahnhöfen
Blankenburg, Lichtenberg, Schöneweide
und Charlottenburg. Der hintere Halbzug
bleibt stehen, der vordere Halbzug fährt bis
zur Endstation.
Nachtfernverkehr
Auch in der Nacht treffen aus allen Teilen
Deutschlands Fernzüge in Berlin ein. Es
kann den Reisenden jedoch nicht zugemutet
werden, von entfernt liegenden Bahnhöfen
wie Lichtenberg oder Schönefeld ohne Anschluß
an ein dichtes Nachtliniennetz nach
Hause fahren zu müssen. Zum Nachtknotenpunkt
für den Eisenbahnverkehr muß
daher der Bahnhof Berlin Hauptbahnhof
werden.
Öffentlichkeitsarbeit
Die Fahrgäste von BVG und DR werden
über Sicherheitsprobleme und deren
Lösung völlig im unklaren gelassen. So erfolgte
lediglich in einer Ausgabe der BVG-Kundenzeitschrift
"BVG-aktuell" ein kleiner
Hinweis auf die nach 20 Uhr bei fast allen
Bahnhöfen bestehende Taxi-Rufmöglichkeit.
Plakate oder dauerhafte Informationen,
die auf diese Verbesserung hinweisen,
wurden nicht angebracht. Auch über den
tatsächlichen Umfang der Straftaten im
Bahnbereich werden die Fahrgäste nicht informiert.
Beispielsweise passieren nur 3%
aller Körperverletzungen im Bahnbereich,
die anderen 97% auf öffentlichem Straßenland.
Durch Nichtinformation wird das Sicherheitsgefühl
demzufolge nicht erhöht.
Sicherheit durch Service
Verkaufsschalter der BVG oder DR, an denen
Fahrausweise und Wertmarken verkauft
werden, befinden sich in der Regel im
Bereich der Zugänge zu Bahnhöfen bzw.
Bahnsteigen. Im Rahmen ihrer Strategie
"Flucht vor dem Kunden" schließt die BVG
immer mehr dieser Verkaufseinrichtungen.
Hierdurch entstehen zusätzliche ungesicherte
Wege, Gänge und Treppen. Durch das
Personal von Zeitungs- und Getränkekiosken
wird ebenfalls ein Beitrag zur Verbesserung
der Sicherheit auf den Bahnsteigen geleistet.
Diese Kioske schließen jedoch mit
wenigen Ausnahmen bereits um 18 Uhr.
Das vollständige Konzept (Kennwort "Sicherheit")
ist erhältlich durch Überweisung von
5.- DM (incl. Versand) auf das Postgirokonto
582605-102 der IGEB (BLZ 10010010). Bitte
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