Nahverkehr

Wieder unnötige Schikanen beim SEV der BVG

Seit dem 13. April bis zum 2. Oktober ist der U2-Betrieb auf dem Abschnitt Alexanderplatz - Mohrenstraße eingestellt. Hauptgrund ist die vollständige Erneuerung von Oberbau und Gleisen. Zwar wurde ein Schienenersatzverkehr (SEV) mit Bussen eingerichtet, aber statt bisher neun Minuten mit der U-Bahn sind die Fahrgäste zwischen Alexanderplatz und Mohrenstraße nun z.T. mehr als eine halbe Stunde unterwegs - die meiste Zeit davon zu Fuß oder im Stau. Entsprechend groß ist die Verärgerung. Doch es gab noch mehr Anlässe zu Kritik, wie Fahrgastbefragungen der IGEB in den ersten Tagen zeigten:

  • Die Informationen über den Ersatzverkehr sind - wie leider bei der BVG schon üblich - völlig unzureichend: zu wenige Handzettel.
  • Keine Fahrpläne an den Haltestellen des Ersatzverkehrs. (Sie wurden erst mehrere Tage später angebracht.)
  • Die Busse fahren mit verwirrenden Angaben ("BVG-SEV", "E2" u.a.) und ohne Durchsagen.
  • Alle Haltestellen sind 300 m und mehr von den U-Bahnhöfen entfernt - selbst da, wo die Straße direkt über der U-Bahn liegt (Stadtmitte und Spittelmarkt). 300 Meter bedeuten einen Fußweg von mindestens 5 Minuten.
  • Auch an der Endstation Alexanderplatz müssen die Fahrgäste mehr als 300 m laufen und dabei noch zwei Ampeln überqueren, während die Busse leer weiterfahren, um zu wenden.
  • Die Busse stehen fast durchgehend im Stau. Dadurch allein kommen Fahrzeiten von 20 Minuten und mehr zustande. (Dies entspricht einer Geschwindigkeit von etwa 9 km/h.)

Um genau solche Mißstände zu vermeiden, hatte die IGEB schon im März umfangreiche Vorschläge für einen fahrgastgerechten Ersatzverkehr an Verkehrssenator Haase und die BVG geschickt - bisher ohne Resonanz. Die wichtigsten Vorschläge und Forderungen:

SEV-Bus
Bus des U-Bahn-Ersatzverkehrs in Richtung U-Bf. Mohrenstraße. Auf dem Zielschild steht allerdings nur SEV U2. Das reicht nicht. Foto: F. Brunner
  • Endstelle Alexanderplatz
    Am Alexanderplatz sollte eine unmittelbare Zugangsmöglichkeit zum Bahnsteig der U2 bestehen. Dazu sollten die von der Mohrenstraße kommenden Busse durch die vorhandene Wendekehre auf der Grunerstraße (zwischen Alexanderstraße und Karl-Marx-Allee) fahren, so daß ein Aus- und Einsteigen der Fahrgäste an der vorhandenen Haltestelle S- und U-Bf. Alexanderplatz der Linie 257 Richtung Leipziger Straße (am Berolina-Haus) erfolgen kann.
  • Haltestelle U-Bf. Spittelmarkt
    Direkt am U-Bf. Spittelmarkt sollte eine Haltestelle angelegt werden, die nicht nur vom Ersatzverkehr, sondern auch von der Linie 142 genutzt werden kann.
  • Umsteigen zur U6 am U-Bf. Stadtmitte
    Um eine Umsteigemöglichkeit zur U6 (U-Bf. Stadtmitte) zu ermöglichen, sollte die bisher 200 m von der Kreuzung entfernt liegenden Haltestellen Friedrichstraße direkt an die Kreuzung Leipziger/Friedrichstraße verlegt werden.
  • Endstelle S-Bf. Potsdamer Platz
    Um einen Schnellbahnanschluß auch am Westende des Ersatzverkehrs zu bieten, sollte am Potsdamer Platz folgende Schleife gefahren werden: Leipziger Straße - S-Bf. Potsdamer Platz - (Endstelle direkt vor dem Nordausgang des S-Bfs.) - zurück über Voßstraße - Otto-Grotewohl-Straße - Leipziger Straße.
  • Beschleunigung des Ersatzverkehrs
    Um die massive Angebotsverschlechterung durch die monatelange Stillegung der U2 wenigstens teilweise auszugleichen, sollen auf der ganzen Länge des Straßenzuges Leipziger Straße - Gertraudenstraße - Mühlenstraße - Grunerstraße durchgehende Busspuren in beide Richtungen eingerichtet werden.
  • Fahrgastinformation
    An allen U-Bahn-Eingängen sind Hinweise mit Lageplänen der nächstgelegenen Bushaltestelle des Ersatzverkehrs anzubringen. Die Haltestellen selbst müssen mit Linienreitern versehen werden (weißes U auf blauem Grund). An den Haltestellen müssen die Fahrpläne ausgehängt werden. Zusätzlich sind Sonderinformationen mit dem vollständigen Fahrplan des Ersatzverkehrs auf allen Bahnhöfen und in allen Straßenbahnen und Bussen zu verteilen.
  • Fahrzeugeinsatz
    Der Ersatzverkehr muß mit geeigneten Bussen durchgeführt werden. Dazu gehören eindeutige und lesbare Beschilderungen, Busse mit mehreren Türen, bei denen zur Reduzierung der Haltestellenaufenthaltszeiten das Ein- und Aussteigen an allen Türen möglich ist und bei denen Kinderwagen problemlos befördert werden können.

Die IGEB wird sich weiterhin bemühen, daß es auf der Grundlage dieses Kataloges doch noch zu Verbesserungen für die Fahrgäste kommt. Einiges kann und muß die BVG dazu beitragen. Bei mehreren Punkten aber ist der Verkehrssenator gefordert. Es kann nicht länger hingenommen werden, daß sich dieser Mann permanent in unverantwortlicher Weise zum Fürsprecher der Autolobby macht (sein jüngster Vorschlag: Ausbau der Bundesstraße durch den Tegeler Forst zur Autobahn), während Zehntausende von Fahrgästen im Stau stehen, weil Herr Haase beispielsweise Busspuren für den SEV der U2 verweigert.

IGEB

aus SIGNAL 4/1992 (Juni 1992), Seite 10

 

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