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Die brandenburgische Landesregierung
führt derzeit ein Raumordnungsverfahren
für einen neuen Großflughafen in der Region
Berlin durch. Geprüft werden dabei
die Standorte Schönefeld-Süd, Genshagener
Heide, Sperenberg und Jüterbog. Die
Standortentscheidung soll Ende 1992 fallen.
Aus Sicht der IGEB scheiden jedoch drei
der vier Standorte aus.
Der Standortentscheidung muß ein Flugverkehrskonzept
nicht nur für Berlin, sondern
für Ostdeutschland insgesamt zugrunde liefen.
Insofern ist die Beschränkung auf
Standorte südlich Berlins prinzipiell richtig,
weil damit auch die Ballungsräume Dresden,
Chemnitz, Leipzig und Halle angebunden
werden können. Ein Flughafen östlich
oder westlich Berlins ist abzulehnen, da
dann wegen der vorherrschenden Wetterlagen
die meisten An- und Abflüge über Berlin
führen würden. Der unsinnige Vorschlag
von Bundesverkehrsminister Krause, den
Flughafen weit nördlich von Berlin, im dünn
besiedelten Mecklenburg-Vorpommern bei
Parchim zu bauen, ist lediglich ein Rechtfertigungsversuch
für das überflüssige Transrapidprojekt
und kann getrost übergangen
werden.
Wie sich schon aus der Mitbedienung der
Ballungsräume in Sachsen und Sachsen-Anhalt
ergibt, muß der neue Flughafen ganz
hervorragend mit den Eisenbahnmagistralen
in Richtung Süden und Südwesten
verknüpft sein. Dazu gehören vor allem
die Dresdener und die Anhalter Bahn, aber
auch die Potsdam-Magdeburger Strecke
und eine einigermaßen akzeptable Erreichbarkeit
aus den Richtungen Rostock, Stralsund
und Frankfurt/Oder.
Mit einem überzeugenden Angebot von IC-,
ICE- und ggf. Airport-Express-Zügen, mit
im Flugschein enthaltenen Bahngebühren
und mit einem Gepäckservice lassen sich
dann die lästigen Kurz- und Mittelstreckenflüge
auch als Zubringerverkehre vermeiden.
Auch das Auto wird durch die relative
Ferne des Flughafens von den Wohn- und
Geschäftsorten der Kunden für den Zubringerverkehr
an Bedeutung verlieren. Daß
dieser Gedanke nicht abwegig ist, zeigt sich
an der Sorge der Münchner Taxifahrer,
beim neuen, weiter entfernten Flughafen
München II viele Kunden an die S-Bahn zu
verlieren.
Eine Bedingung für den Bau eines neuen
Großflughafens ist natürlich die vollständige
und endgültige Stillegung der Flughäfen
und Flugplätze innerhalb Berlins. Dies war
so auch vom rot-grünen Senat bereits im
Januar 1990 in einem Senatsbeschluß formuliert
worden und wurde von den Verkehrs-
und Stadtentwicklungsministern Berlins
und Brandenburgs nochmals bekräftigt.
Wegen der unerträglichen Belastungen des
Flugbetriebes gibt es weltweit kaum noch
innerstädtische Flughäfen. Auf jeden Fall
aber ist die Berliner Situation mit gleich
zwei großen Landeplätzen mitten in der
Stadt einzigartig und allem durch das jahrzehntelange
"Eingemauertsein" bedingt.
Nach dem Wegfall der Grenzen ist deshalb
nun die schnellstmögliche Verlagerung des
Luftverkehrs - zunächst nach Schönefeld
das Gebot der Stunde. Auch für den Bau
des Flughafens München II im Erdinger
Moos war der Hauptgrund die nicht mehr
hinnehmbare Belastung von ca. 200.000
Menschen in und um München-Riem. In
Berlin werden vom Flugverkehr nach Tegel
und Tempelhof sogar mindestens 1 Mio
Menschen erheblich belastet. Vorsorglich
ist auch auf den Sicherheitsaspekt hinzuweisen.
Erst 1991 stürzte bei München-Riem
wieder ein Flugzeug ab, wobei u.a. ein Restaurant
und ein Linienbus in Flammen aufgingen.
Sechs Tote und 30 Verletzte waren
zu beklagen.
Von den zu prüfenden Flughafenstandorten
sind hinsichtlich des Bahnanschlusses Schönefeld-Süd
und der Militärflughafen Sperenberg
negativ zu bewerten, da hier lange
Neubaustrecken notwendig wären und die
Intercity-Anbindung erhebliche Umwegfahrten
erforderte. Das derzeitige Militärgelände
Forst Zinna bei Jüterbog liegt demgegenüber
fast optimal in der Nähe der wichtigsten
Bahntrassen - neben den Auswirkung
gen auf Natur und Raumstruktur ein
scheidendes Kriterium. Die Entfernung des
Standortes Jüterbog zu den Ballungszentren
ist, auch im Vergleich zu München II oder
ausländischen Städten, durchaus noch akzeptabel.
Mit ICE-Geschwindigkeit wäre er
selbst von Halle, Leipzig oder Dresden in
rund einer 3/4 Stunde zu erreichen.
Auch die Genshagener Heide böte verkehrliche
Vorteile. Der Eingriff eines Flughafenneubaus
mit einem Flächenbedarf von
immerhin rund 1.500 ha erscheint jedoch in
dieser schutzwürdigen Landschaft nicht akzeptabel,
zumal - wichtig für Berlin - dieser
Raum als erweitertes Wasserschutzgebiet
und als Freiraumzone vorgesehen ist. Zwar
haben hier die angrenzenden Gemeinden
bereits den Flughafenneubau gefordert.
Dies dürfte sich jedoch schon bald als voreilig
erweisen, wenn den Anwohnern die gravierenden
Nachteile bewußt werden. Neben
Lärm, Abgasbelastung und Versiegelung erfordert
ein Flughafen der Größenordnung
von München II die permanente Grundwasserabsenkung
auf 2.000 ha, verbraucht
Energie wie eine Großstadt mit 50.000 Einwohnern
und erzeugt 10.000 t Müll pro
Jahr. Und immer wieder lassen Flugzeuge
vor Sicherheitslandungen tonnenweise Kerosin
in der Nähe des Flughafens ab. Völlig
überzogen sind Versprechungen von 50.000
Arbeitsplätzen durch den Neubau. In München-Riem sind
z.Zt. 7.200 Menschen beschäftigt,
in München II werden es etwa
12.000 sein.
Zusammenfassend ergeben sich für den geplanten
Großflughafen folgende Mindestanforderungen
unter verkehrlichen und umweltpolitischen
Gesichtspunkten, wobei zu
bedenken ist, daß jede umweltbedingte Auflage,
die durchgesetzt werden kann, nicht
nur den Anwohnern nutzt, sondern indirekt
auch der Förderung des Eisenbahnverkers
dient:
- Es ist ein integriertes Verkehrskonzept mit
gutem Eisenbahnanschluß vorzulegen.
- Alle Möglichkeiten zur Verlagerung von
Kurz- und Mittelstreckenflügen auf die
Schiene sind konsequent zu nutzen.
- Die Eingriffe in Natur und Landschaft
sind zu minimieren und - soweit möglich -
auszugleichen.
- Alle Berliner Innenstadtflughäfen müssen
endgültig geschlossen werden.
- Für Hobby- und Sportfliegerei gibt es im
Ballungsraum Berlin keinen Platz, auch
nicht auf dem neuen Großflughafen.
- Nachtflüge (von 22 bis 6 Uhr) sind auch
auf dem neuen Flughafen nicht zugelassen,
ausgenommen das Postflugzeug sowie Rettungsflüge.
Darüber hinaus muß in Deutschland insgesamt
endlich die Subventionierung des
Flugverkehrs beendet werden. Es ist unbegreiflich,
daß die Verkehrsluftfahrt noch
immer von der Mineralölsteuer befreit ist.
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