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Mit über 7.000 Besuchern bzw. Teilnehmern
gehören die 9. Berliner Schienenverkehrs-Wochen,
die vom 29. August bis 27. September
stattfanden, zu den erfolgreichsten. Am Gelingen
hatten die Reichsbahndirektion Berlin und
der Bahnhof Berlin Hbf wesentlichen Anteil,
indem sie die Öffentlichkeitsarbeit unterstützten
und den exponierten Veranstaltungsort im
Berliner Hauptbahnhof bereitstellten.
Anders als in den vergangenen Jahren nahm das
Thema Eisenbahn großen Raum ein. Schon der
Sprechtag für Bahnreisende am 14. September
war außerordentlich gut besucht. Aber der
Vortrag der Rbd Berlin zur Eisenbahnkonzeption
am 23. September stellte alles in den Schatten:
Schon einige Zeit vor Beginn des Referates
von Herrn Funk gab es trotz über 100 Stühlen
nur noch Stehplätze. Aber auch die anderen
Referenten und Diskutanten, sie kamen
vom Bundesverkehrsministerium, von der DR-Zentrale
und der Rbd Berlin, der BVG, dem ViP
(Verkehrsbetrieb Potsdam), aus der brandenburgischen
Kommunal- und Landespolitik sowie
der Industrie, hatten einen oft großen und
stets interessierten und diskussionsfreudigen
Zuhörerkreis.
Schwerpunktthema beim Nahverkehr war die
Tram. Neben den Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen
gab es eine Ausstellung im
STADT TOR, die vom österreichischen Verband
FAHRGAST bereitgestellt wurde. Aber
auch die S-Bahn kam nicht zu kurz. Es gab den
S-Bahn-Tag in Spandau und den traditionellen
Sprechtag Für die Fahrgäste, wahrscheinlich
letztmalig mit zwei Betriebsleitern. Ein weiterer
Höhepunkt war die Kommunalkonferenz in
Mahlow am Abend der S-Bahn-Wiederinbetriebnahme
von Lichtenrade nach Blankenfelde.
Zahlreiche Exkursionen und Sonderfahrten
ermöglichten Eindrücke am Objekt und gipfelten
wieder in den fast schon traditionellen Fahrten
über die Heidekrautbahn und zur Berliner
Patenstrecke, der Mügelner Schmalspurbahn.
Dennoch werden die 9. als "Pannenwochen" in
die Geschichte der Schienenverkehrs-Wochen
eingehen. Ein wesentlicher Grund ist das verkehrspolitische
Chaos in Berlin. Bereits avisierte
und z.T. zugesagte Referenten erschienen
nicht, weil sie von Verkehrssenator Haase und
Bausenator Nagel einen Maulkorb erhalten
hatten. Während es aus dem Hause Nagel hieß,
man hätte zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts
öffentlichkeitsrelevantes zu vermelden, mußte
bei der Absage aus dem Hause Haase ein vermeintlicher
Formfehler bei der Einladung herhalten.
Ferner wurde die bereits genehmigte
Sonderfahrt auf der Goerzbahn, veranstaltet
von der dort ansässigen Märkischen Kleinbahn,
von Haases Bahnaufsichtsbehörde mit
fadenscheiniger Begründung einen Tag vorher
wieder abgesagt. Diese ohnehin den Ruf der
Ungleichbehandlung Berliner Eisenbahnvereine
"genießende" Behörde unterstellte der
MKB, auf "eigener" Strecke unkundig zu sein
und die technische Sicherheit nicht gewährleisten
zu können. Daß die Fahrt dennoch stattfinden
konnte, ist der DR zu verdanken.
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Foto: Mario Lange |
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Bus und Bahn im Dienst der 9. Schienenverkehrs-Wochen. Zum Auftakt am 29. August wurde eine ausgedehnte und abwechslungsreiche Rundfahrt im Raum Zehlendorf/Teltow/Potsdam geboten. Foto: Bernhard Strowitzki |
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Am Berliner S-Bahn-Tag am 6. September in
Spandau wurde Senator Haases Boykott fortgesetzt.
Von der Senatsverwaltung für Verkehr
und Betriebe bereits Wochen zuvor angebotene
Planunterlagen zur Ausstellung auf der S-Bahn-Veranstaltung
standen auf einmal, als es
um die Abholung ging, aus Zeitgründen (es war
Freitagmittag) nicht mehr zur Verfügung. Nachzutragen
ist, daß natürlich auch zur Eröffnung
der Berliner Schienenverkehrs-Wochen in Potsdam
kein einziger der geladenen Berliner Politiker
anwesend war. Die mangelnde Courage
der politisch Verantwortlichen, sich der öffentlichen
Diskussion zu stellen, war in so konzentrierter
Form und über die Parteigrenzen hinweg
noch niemals zu verzeichnen.
Es gab aber noch weitere Pannen, die z.T. große
Verärgerung bei den Besuchern, aber auch
bei den veranstaltenden Verbänden hervorriefen.
Zwar wies PRO BAHN stets darauf hin,
daß die Berliner Schienenverkehrs-Wochen ehrenamtlich
und ohne öffentliche Unterstützung
entsprechend unprofessionell durchgeführt
werden, doch gingen einige Ereignisse zugegebenermaßen
an die Schmerzgrenze. So konnte
beispielsweise auf dem Berliner S-Bahn-Tag am
6. September nicht alles gehalten werden, was
versprochen war. Daß zumindest die Nutzung
des Spandauer Hauptbahnhofs und die Gestellung
eines S-Bahn-Zuges der DR klappte, war
dem persönlichen Einsatz der Abteilungsleiterin
Immobilien der Verwaltungsstelle des ehem.
Reichsbahnvermögens, Frau Pliete, und dem
Hauptabteilungsleiter Nahverkehr der Rbd
Berlin, Herrn Dr. Matthaeus, zu verdanken.
Somit konnte dieser Tag mit mehr als tausend
Besuchern wenigstens stattfinden. Nicht erfolgen
konnten zum Leidwesen aller Interessenten
die Sonderzugfahrten auf dem Südring und
auf dem Nordring. Während die Absage der
Fahrt auf dem Südring durch die Rbd Berlin
wegen Bauarbeiten bereits zwei Wochen
vorher erfolgte, kam das Aus für die Nordringfahrt
am Vorvorabend des S-Bahn-Tages. Begründung
hierfür war die abschlägige Entscheidung
des örtlichen Personalrats. Die Rbd hatte zwar
den 4. Oktober als Ersatztermin angeboten,
weil an diesem Tage ein anderer Verein für seine
Sonderfahrten die Überstunden auf dem
Stellwerk ohnehin erforderlich macht, aber aus
dieser Fahrt wurde auch nichts. Zwar wurde
ein Stellwerk für den einen Verein am Sonntag
besetzt, ein anderes Stellwerk derselben Dienststelle
konnte jedoch für die zugesagte Nachholfahrt
auf dem Nordring nicht arbeiten ...
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Unter den Titel Strecke ohne Ende zeigte das S-Bahn-Museum während der Schienenverkehrs-Wochen im Bahnhof Eichgestell des Freizeit- und Erholungszentrum (FEZ) in der Wuhlheide seine Ausstellung über die Ringbahn. Auf mehr als 30 Tafeln wurde anhand von Schwarzweiß- und Farbfotos, Plänen und Zeichnungen über Vergangenheit und Gegenwart von Strecken und Bahnhöfen informiert. Zwar fanden wegen des etwas abgelgenden Ausstellungsortes weniger Besucher als erhofft den Weg in die Wuhlheide, die Kritik war jedoch durchwegs positiv. Anläßlich der für Dezember 1993 vorgesehene Wiederinbetriebnahme des Südringes soll die Ausstellung deshalb noch ausgebaut werden. Beiträge aus dem Kreis der SIGNAL-Leser sind dazu durchaus gewünscht. Foto: Mario Lange |
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Besonders ärgerlich war auch, daß die Fahrpläne
für die bereits im Juli bestellten Sonderfahrten
für die Schienenverkehrs-Wochen oft erst
in der Woche kamen, in der die Fahrten durchgeführt
wurden. Der Vorlauf für Werbung und
Verkauf war damit nicht mehr ausreichend. So
mußten z.B. die brandenburgische Oder-Neiße-Tour
am 12. September und die Tour über
die Brandenburgische Städtebahn am darauffolgenden
Tag ausfallen. Der Sondertriebwagen
anläßlich des Berliner Bahnmarkts am 20.
September kam mit großer Verspätung am Wriezener
Bahnhof an, und das Personal wußte nicht
einmal, wo es hingehen sollte. Von der vorgesehenen
Tour über Königs Wusterhausen - Zossen
- Berlin-Wannsee nach Oranienburg blieb
nicht viel übrig. Der Zug fuhr zur Verärgerung
der Fahrgäste gleich direkt nach Zossen, was
mit einem Regelzug billiger gewesen wäre.
Viel Ärger bereitete auch die sehr begehrte Besichtigung
bei "LEW Hennigsdorf', weil die
AEG wegen innerbetrieblicher Querelen zunächst
absagte. Nach langem Druck kam dann
im letzten Moment eine Zusage, jedoch für einen
Donnerstag, so daß über 50 Anmeldungen zurückgezogen
werden mußten.
Wir bitten alle Betroffenen um Verständnis und
hoffen trotz mancher Verärgerung auf ein Wiedersehen
bei den 10. Berliner Schienenverkehrs-Wochen,
die wir als Jubiläum feiern
möchten und für die wir uns bereits heute die
Höhepunkte überlegen. PRO BAHN
Landesverband Berlin
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