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1. Veranlassung und Zielstellung
Zum Jahresfahrplanwechsel 1993 wird die BVG
das Angebot im Straßenbahnnetz wesentlich
verbessern. Das Ziel besteht dabei in der Erhöhung
der Übersichtlichkeit und der Steigerung
der Zuverlässigkeit für den Fahrgast. Das neue
Angebot zeichnet sich u. a. durch folgende Merkmale
aus:
- übersichtliches-und klar gegliedertes Liniennetz,
- Stammangebot unabhängig von Betriebstagen,
d.h. alle Linien fahren während der gesamten
Betriebszeit,
- nachfragegerechte Konzentration der Leistungen
auf die Hauptsachen,
- keine Sonderlinien für ausgesprochene Spezialfälle
oder für eng begrenzte Zeiträume.
Das hat zur Folge, daß einige heute verkehrende
Linien(nummern) künftig nicht mehr existieren.
Ihre Leistungen sind dabei aber nicht ersatzlos
gestrichen worden, sondern werden in andere
bestehende Linien(nummern) integriert, die dadurch
gegenüber dem heutigen Zustander
erheblich aufgewertet werden (dichtere, regelmäßige
Taktfolge).
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Die von der BVG geplante Neustruktuierung und die Neunumerierung des Berliner Tramnetzes sind richtig, aber nicht ausreichend. Hier ist aber weniger die BVG, sondern vor allem der Verkehrssenator gefordert. Doch unter Herrn Haases Regie kommt die Straßenbahnplanung noch schlechter voran, als dieser Zug auf der Prenzlauer Promenade. Foto: Matthias Horth |
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Diese neue Angebotsstruktur ist aus den bislang
für die Straßenbahn vergebenen Liniennummern
nicht unmittelbar zu erkennen, es besteht
im Gegenteil die Gefahr, daß die Netzreform
aufgrund der "Einstellung" einer Reihe von
Linien(nummern) als "Kahlschlag" erscheint.
Um diesem falschen Findruck entgegenzuwirken
sowie die reale Aufwertung der weiterhin
bestehenden Linien auch wirkungsvoll zum Ausdruck
zu bringen, erscheint es geboten, die Neuoednung
des Angebotes auch auf klare,
verständliche und mit dem Bus- und Nachtnetz
abgestimmte Liniennummern auszudehnen.
Beispiel: Auf der Prenzlauer Allee gab es bisher
die Linien 20,71 und 72, künftig fährt nur noch
eine Linie. Wenn diese Linie weiter 71 heißt,
wird sie weiter mit ihrem heutigen Profil
("manchmal alle 15, meistens aber nur alle 20
Minuten") in Verbindung gebracht werden. Nur
die neue" 1" mit ihrer herausgehobenen, unverwechselbaren
Nummer verdeutlicht, daß stattdessen
eine qualitativ hochwertige Linie für
guten Service steht und das Angebot mehrerer
Linien vereinigt.
Die heutige Bezifferung trägt neben rudimentären
Elementen des alten Gesamtberliner Straßenbahnnetzes
noch Ansätze von versuchten
Neuordnungen aus DDR-Zeiten, die nie konsequent
zuende geführt wurden, in sich. Dieses
"Durcheinander" entspricht nicht mehr den
heutigen Anforderungen an ein modernes, übersichtliches
und leicht verständliches Netz. Die
heutigen Liniennummern der Straßenbahn passen
nicht mit der Systematik im restlichen Oberflächennetz
zusammen. Das gesamte Nummernsystem
im Oberflächenverkehr wurde 1991 "modernisiert",
für die S-Bahn wurden Liniennummern
neu vergeben. Die Straßenbahn wurde
damals nicht verändert, weil es keinen äußeren
Anlaß gab. Jetzt gibt es diese Möglichkeit, ein
übersichtliches, einheitliches Gesamtnetz zu
präsentieren.
Beispiel: Im Raum Buchholz fahren die Buslinien
150 und 250, die Nachtlinie N50, aber die
Tram 49. (Es sollte die Tram 50 sein...)
Mit der Neuordnung der Liniennummern verringert
sich die Streubreite der Liniennummern
innerhalb des Gesamtbereiches erheblich, das
Angebot wirkt dadurch insgesamt "aufgeräumt"
und ist damit übersichtlicher als bisher.
Tramlinien ab Sommerfahplan 1993 (Regelfahrplan)
Radial-Hauptnetz
neu | alt | Endpunkte |
1 | 71 | Heinersdorf - Mitte, Am Kupfergraben |
2 | 24 | Weißensee, Pasedagplatz - S Hackescher Markt |
3 | 28 | Hohenschönhausen, Zingster Straße - Mitte, Am Kupfergraben |
4 | 58 | Falkenberg - U Schwarzkopffstraße |
5 | 63 | Hohenschönhausen, Zingster Straße - S Hackescher Markt |
6 | 6 | Hellersdorf, Riesaer Straße - U Schwarzkopffstraße |
7 | 14 | Ahrensfelde - Landsberger Allee/Petersburger Straße |
8 | 18 | Ahrensfelde - U Schwarzkopfstraße |
Radial-Ergänzungsnetz
13 | 70 | Hohenschönhausen, Zingster Straße - U Schwarzkopfstraße |
15 | 15 | Falkenberg - S Hackescher Markt |
17 | 12 | Ahrensfelde - S+U Frankfurter Allee |
18 | 10 | Hellersdorf, Riesaer Straße - Weißensee, Pasedagplatz |
Tangentialnetz
20 | 4 | Prenzlauer Berg, Eberswalder Straße - S Warschauer Straße |
21 | 21 | Prenzlauer Berg, Eberswalder Straße - S Schöneweide |
22 | 20 | S+U Lichtenberg/Gudrunstraße - S Warschauer Straße |
23 | 3 | S Bornholmer Straße - S Warschauer Straße |
26 | 16 | Krankenhaus Köpenick - Hohenschönhausen, Zingster Straße |
27 | 17 | S Schöneweide - Landsberger Allee/Petersburger Straße |
Regionalnetz NORD
50 | 49 | Buchholz, Kirche - Mitte, Am Kupfergraben |
52 | 46 | Niederschönhausen, Schillerstraße - S Hackescher Markt |
53 | 22 | Rosenthal - S Hackescher Markt |
Regionalnetz SÜDOST
60 | 84 | S Adlershof - Friedrichshagen, Wasserwerk |
61 | 25 | Rahnsdorf/Waldschänke - Johannisthal, Haeckelstraße |
62 | 83 | Wendenschloß - S Mahlsdorf |
67 | 26 | Krankenhaus Köpenick - Johannisthal, Haeckelstraße |
68 | 86 | Alt-Schmöckwitz - S Köpenick |
2. Lösungsansatz
Die besondere Schwierigkeit besteht beim Tram-Liniennummernsystem
darin, daß im Gegensatz
zum Omnibus kein generell neuer Nummernbereich
erschlossen werden kann. Auch
bei einer durchgreifenden Neuordnung muß der
für die Berliner Straßenbahn vorgesehene Nummernbereich
von 1...86 Verwendung finden.
Das im folgenden dargestellte Nummernkonzept
vollzieht die Betonung der Achsen im
Liniennetz (Differenzierung nach Radiallinien,
Tangentiallinien und Linien mit vorwiegend
regionaler Bedeutung) nach.
2.1 Liniennummernstruktur
Das Straßenbahnnetz steht in der Hierarchie
zwischen Schnellbahnen und Busnetz. Im Gegensatz
zu den Schnellbahnen sind die Liniennummern
beim Bus regional gegliedert. Diese
strenge Regionalstruktur analog zum Liniennummernsystem
beim Omnibus läßt sich bei der
Straßenbahn aufgrund des"regionalübergreifenden
Charakters vieler Linien nicht verwirklichen.
Hinzu kommt, daß von den einstelligen
Nummern 1 ...9 bei Beibehaltung alter Bezeichnungen
nur noch 3 Nummern vergeben sind.
Um die Bedeutung der Radiallinien im Netz zu
unterstreichen, sollten diese einfachen und leicht
merkbaren Nummern künftig für die Hauptlinien
vergeben werden.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß bei
den Liniennummern der Schnellbahnen keine
Regionalaufteilung besteht, diese beim Bus hingegen
in strenger Form herausgebildet ist, bietet
sich für die Liniennummernstruktur bei der
Straßenbahn eine "Mischversion" aus beiden
an. Diese bringt die Stellung der Straßenbahn
als integraler Bestandteil des Gesamtsystems
zwischen den Schnellbahnen und dem Omnibus
in der Hierarchie der Verkehrsträger zum Ausdruck.
Selbstverständlich ist gewährleistet, daß
regionale Elemente im Liniennummernsystem
der Straßenbahn der im Bus- und Nachtnetz
bestehenden Aufteilung entsprechen.
Die Nachtlinien bleiben unverändert.
2.2 Nummernkonzeption
Auf der Basis der oben formulierten Grundsätze
wird eine Neuaufteilung des Liniennummernbereiches
der Straßenbahn vorgenommen. Unterschiedliche
Nummernbereiche werden dabei
den Radial-Hauptlinien (1...9), den Radial-Ergänzungslinien
(10... 19), den Tangentiallinien
(20...29) sowie den Linien mit vorwiegend regionaler
Bedeutung in Pankow (50...59) und
Köpenick (60...69) zugeordnet. Dieses Grundprinzip
veranschaulicht die Skizze auf der rechten
Seite.
Das Nummernsystem ist "aufwärtskompatibel"
zu geplanten Netzerweiterungen. Die eventuell
in einem Verkehrsverbund notwendige Integration
weiterer Straßenbahnbetriebe wird durch
dieses Nummernsystem ermöglicht. So werden
die Linien eingeteilt:
1...9 Radial-Hauptnetz
Hier sind die auf den Hauptachsen radial verkehrenden
Linien, die die Innenstadt mit den
Außenbezirken verbinden, einzuordnen. Die
Hauptlinien sind mit einstelligen Nummern von
1 bis 8 im Halbkreis von Nord nach Süd logisch
einfach aufgebaut:
- → Prenzlauer Allee,
- → Greifswalder Straße/Weißensee/Rennbahnstraße,
- → Greifswalder Straße/Weißensee/Hansastraße/Zingster Straße
- → Greifswalder Straße/Weißensee/Hansastraße/Falkenberg,
- → Landsberger Allee/Konrad-Wolf-Straße/Zingster Straße,
- → Landsberger Allee/Marzahn/Hellersdorf,
- → Landsberger Allee/Marzahn/Ahrensfelde,
- → Landsberger Allee/Allee der Kosmonauten/Ahrensfelde.
10...19 Radial-Ergänzungsnetz
Die Radial-Ergänzungslinien verkehren mit
gewissen Abweichungen parallel zu den Hauptlinien.
Diese "Verwandtschaft" spiegelt sich
auch in der Nummer wieder:
13 ergänzt die 3,
15 ergänzt die 5,
17 ergänzt die 7,
18 ergänzt die 8.
Da dieser Nummernbereich erst mit vier Linien
belegt ist, sind Erweiterungen problemlos möglich.
20...29 Tangentialnetz
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Grundprinzipt Neues Liniennummernsystem Tram Grafik: BVG, Direktionsabteilung BAP |
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Die Tangentialverbindungen sind Halbringe um
die Innenstadt und stellen Querverbindungen
zwischen den Radiallinien her. Im Nummernbereich
von 20 bis 29 sind sie von innen nach
außen angeordnet, wobei genügend Spielraum
für künftige Erweiterungen gelassen wurde.
50... 59 Regionalnetz Nord
Hier paßt das im Gesamt-Netzgefüge relativ gut
abgrenzbare Pankower Teilnetz in idealer Weise
hinein. Dabei wird eine Paßfähigkeit zu den
Bus- und Nachtlinien hergestellt. Da nur drei
Nummern belegt sind, gibt es auch hier genügend
Möglichkeiten bei Netzerweiterungen.
60...69 Regionalnetz Südost
Für das Teilnetz im Raum Köpenick/Schöneweide
gilt sinngemäß das zum Regionalnetz
Nord Gesagte. Auch hier läßt sich eine sehr gute
Harmonisierung zum Busnetz bzw. zu den
Nachtlinien herbeiführen.
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(IGEB) Die Neustrukturierung des Tram-Liniennetzes
ist eine längst überfällige Maßnahme
im Interesse eines überschaubaren und
stetigen Angebotes - zumal mit der Reduzierung
der Linien von bisher 35, von denen viele nur zu
bestimmten Zeiten oder Tagen verkehren, auf
künftig 26, die ganztägig verkehren, nach BVG-Angaben
keine Reduzierung der
Gesamtverkehrsleistung verbunden sein soll.
Ob diese wichtige Rahmenbedingung auch in
die Tat umgesetzt wird, ist spätestens nach
Veröffentlichung der Fahrpläne und
Betriebszeiten der einzelnen Linien zu prüfen.
Positiv ist auch, daß die Umstrukturierung des
Netzes genutzt wird, um zugleich die
Numerierung des Netzes zu systematisieren.
Das für die Tram vorgesehene Nummernschema
ist, wie auch bei den Verkehrsträgern Bus, U-Bahn
und S-Bahn, in sich schlüssig - und auch
ausbaufähig, schließlich kann man die bestehenden
Radiallinien zu Durchmesserlinien verlängern
und benötigt so keine neuen
Radialnummern für den Westteil der Stadt. Allerdings
ist die Tram-Numerierung nur
unzureichend auf die Numerierung der anderen
Verkehrsträger abgestimmt. So werden in Berlin
schon bald fünf (!) Linien mit der Nummer
"1"verkehren: S-Bahn, U-Bahn, Tram, Nachtbus
und Fähre. Eine 1 (sehr gut) hat die BVG dafür
nicht verdient. BVG, Direktionsabteilung BAP (Betriebs- und Absatzplanung)
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