Nahverkehr

Senator Haase verliert das Prestige-Duell um die Ku'damm-Busspuren

Doppeldecker
(Befristeter) Sieg der Dummheit. Für viel Geld wurde die zeitliche Geltungsdauer der Ku'damm-Busspurten erheblich eingeschränkt. Allerdings übersah Staatssektretär Ingo Schmitt bei seinem Feldzug gegen den ÖPNV, daß die Autofahrer an den im Sommer auf 16 statt 18 Uhr verkürzten langen Sonnabend zwei volle Stunden vom rechtmäßigen Befahren der Busspuren abgehalten werden. Um diese Freiheitsbeschränkung auszugleichen, dürfen sie allerdings an drei von vier langen Sonnabend in der Adventszeit schon ab 14 Uhr auf der Busspur fahren Da diese Tage erfahrungsgemäß ein besonders hohes Verkehrsaufkommen aufweisen, wird die Busspurnutzung dann durch Staus zu einem besonders langen Genuß werden. Foto: Christfried Tschepe

Zwischenzeitlich schien es so, als ob die verkehrspolitische Vernunft doch noch eine Chance hätte: Volker Kähne. Chef der Senatskanzlei, sagte den protestierenden Taxifahrern am 30.9.92 vor einer Beschränkung der Ku'damm-Busspuren Gespräche mit allen Beteiligten zu, und am 28.11. zitierte die taz den Sprecher des Verkehrssenators: "Nun habe sich für den Senator das Thema erledigt". Auch der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Rainer B. Giesel, ging auf Distanz zu den Busspur-Demonteuren. Doch schon damals mußte das SIGNAL diesen Erfolgsmeldungen eine Information aus erster Hand gegenüberstellen: Staatssekretär Ingo Schmitt gibt nicht auf. "Keine Änderung. Die Einschränkung kommt wie vorgesehen" (SIGNAL 9-10/92 ). Und nun ist sie da.

Es spricht für Senator Herwig Haase, daß er den Unsinn der Busspur-Demontage spät, aber nicht zu spät erkannte. Es spricht aber gegen den Senator und auch gegen den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen, daß sie trotz einmütiger politischer und fachlicher Unterstützung für die Beibehaltung der bisherigen Regelung nicht

Schild
Foto: Christfried Tschepe
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Dem Bedarf von Staatssekretär Ingo Schmitt für feine Abstufungen wurde auf dem Kurfürstendamm nicht nur mit der differenzierten Geltungsdauer der Busspuren entsprochen. Die von ihm bereits früher durchgesetzte Begrenzung der Be- und Entladezeiten unterscheidet sich natürlich von der Geltungsdauer der Busspuren, und selbstverständlich gelten für die Kurzparkregelung auf dem Mittelstreifen wiederum ein wenig andere Zeiten. Da behaupte noch ein Herr Schmitt wolle nur die Nicht-Autofahrer ärgern ... Foto: Christfried Tschepe
in der Lage waren, das Treiben des Staatssekretärs Ingo Schmitt zu kontrollieren. Die Demontage der Ku'damm-Busspuren ist deshalb eine schwere politische Niederlage für Haase - und Diepgen. Für die Anhänger einer vernünftigen Verkehrspolitik ist sie lediglich ein Rückschlag, der nach dem Ende von Haase und Schmitt schnell korrigiert werden kann - und muß, auch wenn dann nochmals 100.000 DM benötigt werden, um den jetzigen Unfug zu beseitigen.

Seit dem 18. März aber hängen erst einmal die kaum lesbaren Schilder, die die Geltungsdauer der Busspuren drastisch einschränken. Zu allem Überfluß wurden auch noch vor allen Kreuzungen die Rechtsabbiegemarkierungen entfernt. Dennoch hält sich das Chaos bisher in Grenzen, weil die meisten Autofahrer die Busspuren auch außerhalb der Geltungsdauer (noch) meiden, was die breite Akzeptanz der Sonderfahrstreifen beweist. Allerdings sorgten die speziellen Abbiegeregelungen an der Joachimstaler und der Lietzenburger Straße zunächst für Verwirrung, denn hier gelten die Busspuren weiterhin ganztägig. Aber die Senatsbauverwaltung versprach, diesen "Mißstand" durch Änderung der Signalanlagen schon bald verändern zu wollen. Damit ist sichergestellt, daß weitere Kosten entstehen und daß weiterhin gut bezahlte Staatsdiener ihre Arbeitszeit damit Verbringen, die rückwärtsgerichtete Verkehrspolitik eines unbelehrbaren Staatssekretärs namens Schmitt umzusetzen.

IGEB

aus SIGNAL 3/1993 (April 1993), Seite 9

 

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