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Geplanter Verkehrsverbund verstößt gegen EG-Recht

Die bisher bekannt gewordenen Pläne von Berlins Verkehrssenator Herwig Haase, noch bis zum Jahresende einen Verkehrsverbund als Unternehmensverbund zu gründen, verstoßen gegen die Beschlüsse der Europäischen Gemeinschaften. Gravierende Nachteile und hohe Kosten wären die Folge.

Die EG fordert seit 1992 verbindlich, erst recht für Neugründungen, einen Kommunalverbund, der von den Gebietskörperschaften der Region getragen wird. Dieser Verbund bestellt und bezahlt dann Verkehrsleistungen bei öffentlichen und privaten Verkehrsbetrieben, die miteinander konkurrieren. Verkehrssenator Haase will aber einen von den Verkehrsbetrieben der Region getragenen Verbund durchsetzen (Unternehmensverbund), wobei die Betreiber die Verteilung der Verkehrsleistung unter sich ausmachen. Dies hat schwerwiegende Nachteile zur Folge:

  • Das von der EG zwingend vorgeschriebene Bestellerprinzip wäre außer Kraft gesetzt. Wenn die BVG als Hauptgesellschafter des Unternehmensverbundes bei sich selbst Verkehrsleistungen bestellen kann, setzt sie selbst die Preise fest. Konkurrenz, z.B. durch private Busunternehmer oder andere Verkehrsbetriebe, wäre ausgeschlossen. Dabei liegen die BVG-Kostensätze schon heute bis zu 50% höher als bei privaten Busunternehmen.
  • Spätestens 1997 läuft die von der EG gesetzte Frist zur Umwandlung vorhandener Betriebe aus. Dann muß der erst Ende 1993 gegründete Verbund völlig umgekrempelt werden. Das verursacht neue erhebliche Gründungskosten. Zudem wird die bereits entstandene Struktur nur schwer aufzulösen sein.
  • Schon heute sind sich die Verkehrsbetriebe der Region über das Verkehrsangebot nicht einig. Schon heute scheitern daher Verbesserungen im Angebot, z.B. auf Buslinien ins Umland. Diese Situation wird sich, zum Nachteil der Fahrgäste, noch verschlimmern. Statt Ausbau des Nahverkehrs wird es weitere Betriebseinschränkungen und Stillegungen geben.

Wieder einmal weigert sich der Berliner Verkehrssenator, auf anerkannte Fachleute wie z.B. Volker Sparmann, dem Gründer des Nachfolgeverbundes für den Frankfurter Verkehrsverbund, zu hören. Wieder einmal favorisiert Haase die für Berlin schlechteste Lösung. Der Berliner Fahrgastverband IGEB e.V. fordert daher

  • die sofortige Einrichtung einer gemeinsamen Geschäftsstelle aller Verkehrsbetriebe in der Region Berlin, die Angebot, Fahrpläne und Linienführungen koordiniert und
  • die Gründung eines Verkehrsverbundes als Kommunalverbund unmittelbar nach der endgültigen Entscheidung über die neue Kreisstruktur in Brandenburg.
  • Der geplante Name für den neuen Verbund sollte nicht "Region Berlin" sein. Unverständlich ist, wieso sich die Brandenburger diesen Namen, ein Ausdruck von Berliner Zentralismus, gefallen lassen. Zum Beispiel wird der heutige Frankfurter Verkehrsverbund zukünftig Rhein-Main-Verkehrsverbund heißen. Dementsprechend schlägt der Berliner Fahrgastverband IGEB nochmals den Namen "Verkehrsverbund Spree-Havel" vor.
  • Selbstverständlich müssen beim neuen Verkehrsverbund auch die Rechte der Fahrgäste berücksichtigt werden. Ein Sitz im Aufsichtsrat für die Vertretung der Fahrgäste ist deshalb vorzusehen.

IGEB

aus SIGNAL 4/1993 (Mai 1993), Seite 5

 

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