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Im Juni 1992 legte Verkehrssenator Herwig Haase
endlich das vom Abgeordnetenhaus geforderte
Beschleunigungskonzept für Tram und Bus vor.
Neben der Auflistung von zahlreichen Beschleunigungsmaßnahmen
im Busnetz, deren kurzfristige
(!) Realisierung seitdem zwar immer wieder
angekündigt, aber mit Ausnahme von wenigen
Busspurmetern noch nicht umgesetzt wurde, sind
darin auch Maßnahmen zur Tram-Beschleunigung
benannt. In der Stufe I des Konzeptes findet
man für die Tram u.a. Fahrbahnabmarkierungen
sowie die Beeinflussung von Ampelanlagen
mit "konventioneller" Anforderungstechnik, also
ohne kompliziertes rechnergestütztes Betriebsleitssystem,
das wohl erst im nächsten Jahrhundert
für die Tram zur Verfügung steht. Dazu wörtlich:
"ÖPNV-Beschleunigung hat im Konfliktfall Priorität
vor der Bevorrechtigung anderer Verkehrsteilnehmer."
Soweit die schönen Ankündigungen
des Senators.
Die tatsächliche Politik sieht anders aus: Zahlreiche
aus DDR-Zeiten vorhandene Vorrangschaltungen,
die über Oberleitungskontakte betätigt
wurden, sind außer Betrieb genommen worden
und sollen erst nach Entwicklung und Inbetriebnahme
eines rechnergestützten Betriebsleitsystems
wieder eingerichtet werden. Viele neue
Ampelanlagen behindern systematisch den
ÖPNV, indem die Tram nur wenige Sekunden
"Grün", der parallele Autoverkehr aber minutenlang
freie Fahrt hat, z.B. an der Kreuzung Müggelheimer
Damm Ecke Wendenschloßstraße.
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Auch an der Kreuzung Ehrlichstraße Ecke Treskowalle wurde eine nue Anforderungsschaltung installiert, die der Tram jedoch statt Vorrang nur Nachteile bringt Foto: Fank Rangeus |
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Am S-Bf. Oranienburger Straße: Während der Autoverkehr Grün hat, muß die Tram kurz vor dem Haltestellenbereich stehen bleiben, ohne daß ein Fahrgastwechsel erfolgen kann. Foto: Frank Brunner |
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Deutlich erkennbare Gleisabmarkierungen wie hier in Bremen werden auch von Autofahren akzeptiert und räumen der Tram Vorrang ein. In Berlin dagegen sind die ohnehin zu wenigen Abmarkierungen oft kaum noch zu erkennen. Foto: Matthias Horth |
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Neu installiert werden jetzt jedoch Ampelanlagen,
bei denen die Tram eine "Anforderungsschaltung"
bekommt. Dies ist aber nicht mit einer "Vorrangschaltung"
gleichzusetzen - ganz im Gegenteil.
Zwei Beispiele: An der neu installierten Ampel
Treskowallee Ecke Hegemeisterweg verkehrt sich
der Sinn der Anforderungsschaltung in ihr Gegenteil,
wenn von der Anforderung bis zum Erscheinen
des entsprechenden Signalbildes mehr als eine
Minute vergeht. An der Treskowallee Ecke Ehrlichstraße
muß die Bahn fast bis zum Stillstand
abbremsen, obwohl in derselben Richtung verkehrende
Kraftfahrzeuge "Grün" haben.
Ein beeindruckendes Beispiel, wie man die Tram
und ihre Fahrgäste schikanieren kann, gibt es auch
in der Oranienburger Straße am S-Bahnhof. Zwar
ist positiv zu vermerken, daß hier in beiden Fahrtrichtungen
mit Hilfe zusätzlicher Ampeln jeweils
vor der Kreuzung "Zeitinseln" zum gefahrlosen
Ein- und Aussteigen eingerichtet worden sind.
Reine Schikane aber ist es, wenn die Tram, bevor
sie in den Haltestellenbereich einfahren kann,
unbegründet "Rot" hat und gleichzeitig der parallele
Autoverkehr "Grün" erhält. Die Tram steht
somit dank der Ampelschaltung unmittelbar vor
dem Haltestellenbereich, ohne daß ein Fahrgastwechsel
stattfinden kann!
Aber auch die "normalen" Ampelanlagen ohne
Straßenbahnbeeinflussung werden zum Verkehrshindernis,
wenn sich linksabbiegende Fahrzeuge
vor der Tram auf dem Gleiskörper einordnen
dürfen. Am Mandrellaplatz in Köpenick, wo eine
Ampel neu aufgestellt wurde, können pro Umlauf
höchstens drei Linksabbieger die Kreuzung passieren,
so daß im Berufsverkehr jetzt Wartezeiten für die Tram
von bis zu fünf Ampelumläufen
entstehen! Hier - wie auch an vielen anderen Stellen
- könnte problemlos durch Abmarkieren des
Gleiskörpers Abhilfe geschaffen werden. Natürlich
müssen solche Abmarkierungen in ausreichender
Dicke und durchgehend schraffiert erfolgen,
damit sie von den Autofahrern auch wahrgenommen
werden. Tatsächlich aber werden in
Berlin selbst bestehende Gleisabmarkierungen
nicht mehr erneuert, geschweige denn neue eingerichtet.
Entgegen den Ankündigungen des Verkehrssenators
wird in der Realität die Tram also nicht
beschleunigt, sondern weiterhin und sogar noch
zusätzlich behindert. IGEB
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