Regionalverkehr

Bahnhof Elstal und Radler müssen warten

Fahrzeugeinsatz und Bahnhofsausstattung auf der RB 13 (Berlin- Charlottenburg - Rathenow) bieten Anlaß zur Kritik. An der Strecke wurde drei Jahre unter Vollsperrung des Regionalverkehrs gebaut. Profitiert hat davon fast ausschließlich der Fernverkehr. Ab Mai soll alles viel besser werden, verspricht die Bahn.

Radfahrer zurückbleiben!

Die RB 13 wird mit zwei IC-Abteilwagen und einem Reichsbahn-Abteilwagen (Bom) im „Sandwich" gefahren (je eine E-Lok vorne und hinten). Diese ungewöhnliche Komposition begründet sich im Mangel an Nahverkehrswagen, der bei der DB AG zu beklagen ist. Entsprechend gibt es offiziell keine Fahrradbeförderung in diesen Zügen, weil dafür keine geeigneten Stellplätze vorhanden sind. Das zusätzliche Einstellen eines Gepäckwagens ist nicht möglich, da auch hieran Mangel herrscht und einige Bahnsteige für vier Wagen plus zwei Loks nicht lang genug sind (zum Beispiel Bahnhof Staaken). Dabei sind diese kurzen Bahnsteige erst neu errichtet worden! Nach einer Anordnung des Eisenbahnbundesamtes (EBA) darf ein Zug nicht länger als der Bahnsteig sein.

Bahnhof
Bahnhof Wustermark, Zugkreuzung RB 13: Zwei Züge, ein Bahnsteig, kein Fahrplan, keine Uhr, kein Windschutz. Foto: Florian Müller, Januar 1999

Die Fahrradbeförderung im Regionalverkehr auszuschließen ist ein starkes Stück, zumal sich das flache Havelland optimal für Radtouren eignet. Mit dem sicherlich bald beginnendem Frühlingswetter und einer damit verbundenen erhöhten Nachfrage wird dieses Problem zu chaotischen Szenen in den Zügen führen und schimpfende Radler werden auf dem Bahnsteig zurückbleiben.

Zum kommenden Fahrplanwechsel am 30. Mai 1999 ist Besserung angekündigt. Dann sollen neugelieferte RE160-Doppelstockwagen im Zugwendebetrieb zum Einsatz kommen. Somit sind mit bis zu vier Wagen ausreichende Kapazitäten geschaffen, die nicht mehr gesteigert werden können.

Bis es soweit ist, sollte einer der drei Abteilwagen durch einen für den Fahrradtransport geeigneteren Wagen ersetzt werden. Bisher erfordert die Auslastung maximal zwei Sitzwagen, was an Sitzplätzen für Reisende ausreicht.

Das „Groß Behnitz-Syndrom" jetzt auch im Bahnhof Elstal

In Elstal (ehemals Wustermark Rangierbahnhof) besteht eine ähnliche Situation wie in Groß Behnitz: Der Bahnsteig ist funktionsfähig, die Züge fahren durch. Hier klemmt es an der Erreichbarkeit des Bahnsteiges vom Ort Elstal her. Die ca. 120 Meter lange Fußgängerbrücke, die den Ort mit dem Bahnsteig und der Siedlung Dyrotz Luch verbindet, ist vom EBA wegen Baufälligkeit gesperrt. Somit ist der Bahnsteig ausschließlich auf der Schiene zu erreichen. Wegen eines Formfehlers bei der Bewilligung von Landesmitteln zum Neubau der Brücke verzögert sich die Ausführung.

Taktplanung
Bedienungskonzept für 1999/2000: Nach einem Vorschlag der Deutschen Bahn AG könnte ab 30. Mai 1999 auf der Strecke Rathenow - Berlin vom Land bestellt werden:

Die ganze Siedlung Elstal sowie die angrenzenden Sanierungsgebiete (Olympisches Dorf) sind immer noch von der Schiene abgehängt. Es fährt nur ein SEV-Bus zum Bahnhof Wustermark (täglich) und montags bis sonnabends die Havelbuslinie 657 über die verstopfte B5 und diverse Umwege nach Nauen und Spandau. Diese Situation hätte vermieden werden können, denn der schlechte bauliche Zustand der Fußgängerbrücke ist schon seit vielen Jahren allgemein bekannt und dem Bauwerk auch deutlich anzusehen. Ein Teil der Brücke (vom Bahnsteig nach Dyrotz Luch) über die Schnellfahrgleise ist bereits neu errichtet. Das zugegeben geringe Fahrgast-Potential in Dyrotz Luch rechtfertigt derzeit keinen Halt. Nach Auskunft von DB Regio soll die Brücke im Mai 1999 fertig sein und die Züge halten. Am Bahnsteig wurde seit der Einstellung des Verkehrs im Herbst 1995 nicht viel verändert. Natürlich ist die Zeit ohne Pflege nicht spurlos vorbeigegangen. Aber immerhin ist Elstal/Wustermark Rbf. die letzte erhalten gebliebene Anlage auf diesem Streckenabschnitt im einfachen S-Bahn-Stil von vor dem Krieg.

Von Staaken nach Lehrte ...?

Die Ausstattung der anderen (Neubau-) Bahnsteige gibt auch teilweise zur Kritik Anlaß. Im Bahnhof Staaken ist der neue Bahnsteig (übrigens der sechste dieses Namens in neuer Lage) unter die Brücke des Nennhauser Damms gerückt und damit gut plaziert. Der Zugang besteht über eine Treppe von der Brücke hinab. Der Einbau eines Aufzuges auf der anderen Brückenseite ist bereits vorbereitet. Leider wurde versäumt, eine Treppe von der Straße Eichholzbahn von Westen her auf den Straßendamm zur Brücke zu bauen. Damit ließen sich lange Umwege über den Torweg sparen.

Die Richtungsanzeiger reizen die Lachmuskeln: „Gleis 1 Richtung Berlin, Gleis 2 Richtung Lehrte". Historisch und geographisch korrekt, aber einerseits liegt Staaken bereits in Berlin, andererseits wird es keine direkte Verbindung von Staaken nach Lehrte geben. Vielleicht sollte man noch „über Gifhorn" ergänzen?

Bahnhof Wustermark

Der alte südliche Bahnsteig wurde in seiner Lage belassen, neu gepflastert und verkürzt. Da es keinen Fahrplanaushang gibt, konnte man auch auf die Montage einer Uhr verzichten. Ein Zugzielanzeiger („Richtung Gardelegen"?) fehlt und das Wetterschutzhäuschen hat zwar ein Dach und Drahtgestühl, aber keine Wände. Hier ist das Warten bei Wind und Regen (auf unbestimmte Zeit) sicher ein einprägsames Erlebnis. Immerhin wurde genau ein Bahnhofs-Namenschild angeschraubt.

Fahrradabteil
Fahrradabteil im IC-Wagen auf der Regionalbahn-Linie 13 von Berlin-Charlottenburg nach Rathenow. Foto: Florian Müller, Januar 1999

Die neu angelegte Straße vom Bahnhof zum Ort mäandert in mehreren Kurven anscheinend sinnlos über einen Acker und verlängert den Weg erheblich. Wäre die neue Zugangsbrücke am anderen Ende des Bahnsteigs errichtet worden, hätte man den Fahrgästen wenigstens eine Bahnsteiglänge Weg ersparen können.

Bahnhof Dallgow-Döberitz

Der Bahnhof (ehemals Bahnhof Dallgow) ist seit der Modernisierung Mitte der neunziger Jahre nicht verändert worden.

Der Fahrtrichtungsanzeiger auf dem Bahnsteig war hier noch bis nach Weihnachten 1998 mit „R5 Richtung Nauen/Rathenow" beschriftet. Das Nachwendeprodukt „R" für Regionalbahn gibt es seit Mai 1995 nicht mehr, der letzte Zug nach Nauen ist hier vor drei Jahren abgefahren. Die Beschriftung wurde bereits im Januar 1999 korrigiert.

Während der Fahrt blickt man meist ins Grüne. Schallschutzwände (grün) versperren die Sicht sogar im weitläufigen Gleisgewirr des Wustermarker Kreuzes. Hier stehen weit und breit keine Häuser.

IGEB
Abteilung S-Bahn und Regionalverkehr

aus SIGNAL 1/1999 (März 1999), Seite 14-15

 

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