Ein Hauptgrund ist mit Sicherheit der Fahrpreis.
Im Verhältnis zum Einkommen der Ostdeutschen stieg der Preis
für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel unverhältnismäßig
schnell an. Die nächste Fahrpreiserhöhung bei der Bahn ist schon
angekündigt. Der durchschnittliche Reisende vergleicht
seine Benzinkosten mit dem Bahnfahrpreis und die Wahl ist schnell
zugunsten des Autos gefallen Sicher wird hier eine Milchmädchenrechnung
aufgetan, da der Autofahrer alle übrigen Kosten, die sein Auto verursacht
(Werkstattkosten, Anschaffungskosten, etc.), einfach
vergißt. Da aber für die Mehrzahl der Deutschen das Auto
auch opjektiv gesehen derzeit unverzichtbar ist, ensteht
der Fixkostenanteil (Anschaffung, Durchsichten, Steuern,
Versicherungen) ohnehin. Beim Vergleich der variablen Kosten
(Benzin, Verschleiß) mit dem Bahnfahrpreis kann die Bahn nur mithalten,
wenn man die BahnCard-Preise heranzieht.
Erst richtig sichtbar wird das Mißverhältnis,
wenn mehrere Personen im Vergleich
einen PKW oder den Zug nutzen.
Kein Verkehrsverbund
für das ganze Land
|
Trauriger Anblick: Bahnhof Lauchhammer im März 1999. Foto: Jens Endler |
|
Die Uneinigkeit von VBB und den südbrandenburgischen
Landkreisen führen zudem
noch zu hausgemachten zusätzlichen Problemen
bei den Tarifen. Einerseits fürchten
die Südkreise, beim Beitritt zum VBB
als Zahlmeister zu fungieren, andererseits
geht das Land Brandenburg in keiner Weise
auf die Sorgen der Südkreise ein. Die
Existenz eines zweiten Verkehrsverbundes
in der Niederlausitz scheint man sich in
Potsdam nicht vorstellen zu können. Allerdings
läßt sich das Argument aus dem Süden,
man wolle den Regionalverkehr auch
in der Region planen, nicht einfach von
der Hand weisen. Schließlich hat das Land
bislang bei der regional wichtigen Schienenverbindung
Cottbus — Senftenberg —
Dresden noch keine rühmliche Rolle gespielt.
Auch das Abhängen der Kreisstadt
Herzberg vom direkten Bahnanschluß
geht auf das Konto des Landes. Der VBB
wird nun zum Verbundstart am 1. April
das attraktive Berlin-Brandenburg-Ticket
abschaffen. Damit wird für Cottbuser oder
Senftenberger die Bahnfahrt nach Berlin
mit Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel in
Berlin deutlich teurer als bislang, und
Fahrgäste steigen auf ihr Auto um.
Schade!
Das Fahrplanangebot
Eine weitere brandenburgische Spezialität
sind schlecht abgestimmte Fahrpläne. Das
bisherige Fehlen eines Integralen Taktfahrplans
(ITF) macht sich deutlich bemerkbar.
In Senftenberg z. B. wird durch
einen völlig entarteten, aus zwei verschiedenen
Taktlagen bestehenden Fahrplan
der RB 49 Leipzig/Elsterwerda — Cottbus
— Guben jeder zweite Anschluß zur RB 14
nach Calau verpaßt. Der RE 5 Hoyerswerda
— Berlin — Stralsund hat in Senftenberg
überhaupt keine Anschlüsse. Somit ist er
für Reisende aus Ruhland, Schwarzheide
und Lauchhammer nicht nutzbar.
|
Bahnhof Spremberg: Halt in sicherer Entfernung zum Empfangsgebäude... Foto: Stephan Müller |
|
Ärgerlich ist auch die Anschlußgestaltung
in Calau am Wochenende. Hier fährt
beispielsweise zweimal täglich ein IR-Zugpaar
über Berlin, Hannover und Osnabrück
nach Amsterdam. Aus Richtung Amsterdam
besteht auch ein günstiger Anschluß
zur RB 14 nach Senftenberg. In
Richtung Hannover — Amsterdam besteht
diese Reisemöglichkeit nicht, da die am
Wochenende nur zweistündlich verkehrende
RB 14 in Calau in dieser Richtung
den RE und nicht den IR andient. Es bleibt
zu hoffen, das die bei der Landesentwicklungsgesellschaft
gewonnene Erkenntnis
nach der Notwendigkeit von Integralen
Verknüpfungspunkten kontinuierlich
zu einem sinnvollem Taktfahrplan-Konzept
ausgebaut wird.
Daß Falkenberg nicht zu den wichtigen
Knotenpunkten gehören soll, ist nicht zu
akzeptieren. Gerade hier lassen sich durch
die Bündelung der Linien optimale Anschlüsse
herstellen, die die Reisemöglichkeiten
für die Region deutlich erhöhen.
Was ich nicht weiß,
macht mich nicht heiß
Neben der Fahrplangestaltung gibt auch
der Bekanntheitsgrad des Zugangebotes
zu denken.
|
RE 5 in Finsterwalde: Hier verlassen die meisten Reisenden den Zug, aber in Stoßzeiten sind auch die Züge nach Senftenberg gut gefüllt - trotz schlechter Bekanntmachung durch die DB AG. Foto: Jens Endler |
|
Daß der RE 5 nicht wie im Kursbuch geschrieben
in Hohenbocka oder Senftenberg
endet, sondern nach Hoyerswerda
weiterfährt, weiß so gut wie niemand.
Entsprechend wenig verwundert es denn
auch, wenn die Züge kaum genutzt werden.
Selbst in Großräschen oder Senftenberg,
wo bereits seit mehreren Jahren regelmäßig
verkehrende Linien nach Berlin
angeboten werden, weiß kaum jemand
davon.
Außer den Pressemitteilungen des DBV
Niederlausitz zu den Fahrplanwechseln
dringen kaum Informationen zu den Fahrplanangeboten
an die Öffentlichkeit. Wie
wäre es z.B. mit einer Großanzeige in den
regionalen Zeitungen, in der mal nicht
vom Raumschiff Enterprise bzw. Bahnhof
Westerland phantasiert wird (eine äußerst
schwachsinnige Werbekampagne, sondern
die schlicht einige Auszüge aus den
die Region betreffenden Fahrplänen auf
ansprechende Weise enthält. In größeren
Orten sollten abgesehen vom Bahnhof
weitere Standorte für Fahrpläne gesucht
werden. Wenn zum Beispiel ein Reisebüro
am Großräschener Markt als DB-Agentur
fungiert, was liegt da näher, hier die Fahrpläne
für in Großräschen haltenden Linien
RE 5 und RB 14 öffentlich auszuhängen?
Schandfleck Bahnhof
Ebenfalls ein Hindernis auf dem Weg zu
mehr Reisenden stellen die Zugangsstellen
dar, die sich in der Regel in einem erbärmlichen
Zustand befinden, und damit übrigens
auch im krassen Gegensatz zu oben
angeführter Werbekampagne über tolle
Bahnhöfe der Deutschen Bahn. Solange
sich die Bahnverantwortlichen eher als
Störfaktor für regionale Bahnhofsprojekte
betätigen, wird kaum Besserung eintreten.
Die Stadt Ruhland kämpft bereits seit
Jahren um den nicht mehr von der Bahn
genutzten östlichen Güterbahnhofsabschnitt,
um hier Bus und Bahn verknüpfen
zu können. Immer wieder legt die Bahn
der Stadt Steine in den Weg. Eigene Projekte
wie die Sanierung des Bahnhofes Falkenberg
werden seit Jahren auf die lange
Bank geschoben. Angeblich fehlt das
Geld. Angesichts solcher Mega-Projekte
wie dem Leipziger Hauptbahnhof ist das
allerdings schwer vorstellbar. Es dürfte
eher an Konzepten mangeln, wie diese
kleinen und mittleren Bahnhöfe vermarktet
werden können. Für Senftenberg steht
1999 eine Grundsanierung des Empfangsgebäudes
ins Haus. Ein Vermarktungskonzept
läßt sich aber auch nicht erkennen.
Nicht warten - handeln!
Alles in allem Probleme, die man so oder
ähnlich auch in Pritzwalk oder Rathenow
antreffen könnte. Werden sie jedoch weder
angepackt noch mit auf die Region zugeschnittenen
Lösungen versehen, fahren
die Züge weiterhin halbleer durch die Lande.
In den letzten Jahren wurde vor allem
innerhalb der DB AG die Verantwortung
aufgrund der zahlreichen internen Umstrukturierungen
hin- und hergeschoben.
Den Nachteil hatten die Fahrgäste.
Gefragt ist natürlich nicht nur die DB
AG, in der Verantwortung stehen auch
das Land, der VBB, der neue Zweckverband
ÖPNV Lausitz-Spreewald (ZÖLS), die
Landkreise und Kommunen. Deutscher Bahnkunden-Verband,
Regionalverband Niederlausitz
|