Der neue Unternehmensvertrag soll auch
dazu dienen, während seiner Laufzeit die
BVG sozialverträglich zu restrukturieren
und die Wettbewerbsfähigkeit bis 2007
herzustellen. Er ist auf der Grundlage des
Berliner ÖPNV-Gesetzes und des Nahverkehrsplanes
abzuschließen.
Der Berliner Fahrgastverband befürwortet
diese Entscheidung auf der Grundlage
des vorliegenden Abgeordnetenhaus-Beschlusses
ausdrücklich, da insbesondere
das als Alternative immer wieder diskutierte
Holdingmodell mit der DB AG eine
erhebliche Ausdünnung des Verkehrsangebotes
vorsah.
Der Unternehmensvertrag ist bis
Ende August abzuschließen
Der bisherige Unternehmensvertrag sah
vor, daß bereits zum 31. Dezember 1998
das Verhältnis zwischen dem Land Berlin
und der BVG ab dem 1. Januar 2000 zu
regeln ist. Erst nachdem das Abgeordnetenhaus
den Senat aufgefordert hat,
den Unternehmensvertrag bis zum
31. August 1999 abzuschließen, sagte der
Regierende Bürgermeister Diepgen den
Abschluß eines neuen Unternehmensvertrages
zu. Der Regierende Bürgermeister
muß nunmehr zu seinem Wort stehen und
dafür Sorge tragen, daß der Unternehmensvertrag
bis Ende August 1999 abgeschlossen
wird, weil der Vertrag vor Inkrafttreten
von der EU notifiziert werden
muß. Nicht auszuschließen ist jedoch, daß
insbesondere die für ihre Verschleppungs- und
Verzögerungstaktik in Sachen ÖPNV
schon legendäre und hier federführende
Senats-Verkehrsverwaltung nun erstmal in
die Sommerpause geht und versucht den
Vertragsabschluss - möglicherweise bis
über den Wahltermin am 10. Oktober
1999 hinaus - zu verschieben.
Im Unternehmensvertrag müssen
deutlich verbesserte
Rahmenbedingungen für die BVG
zugunsten eines deutlich
effizienteren Betriebes vereinbart
werden
Wichtigste Voraussetzung dafür ist die
Beschleunigung von Straßenbahn und
Bus. Die BVG hat detaillierte Untersuchungen
vorgelegt, in welchen Straßen
Busspuren angelegt oder andere Beschleunigungsmaßnahmen
durchgeführt
werden müssen. Die Berliner Straßenbahnen
erreichen eine Reisegeschwindigkeit
von gerade 17 km/h, und immer
noch verzögert und verschleppt die
Senats-Verkehrsverwaltung die überfällige
Einführung von Vorrangschaltungen an
Ampeln. Damit die BVG - im Interesse des
Landeshaushalts und im Interesse der
Fahrgäste - wirtschaftlich effizient arbeiten
kann, müssen entsprechende Beschleunigungsmaßnahmen
vertraglich
gesichert werden.
Im Unternehmensvertrag ist eine
finanztechnische Trennung
zwischen Infrastrukturkosten und
Kosten für den Betrieb der
Verkehrsmittel vorzunehmen
Mit einer solchen Trennungsrechnung, bei
der insbesondere die Vorhaltekosten für
die Schienenstrecken der U- und Straßenbahn
gesondert dargestellt werden, wird
die Kostenstruktur im ÖPNV nachvollziehbarer,
und sie dient der Kostenwahrheit
im Verkehrsbereich.
Insbesondere die in den nächsten
Jahren aufzubringenden, erheblichen
Kosten zur Sanierung des U-Bahnnetzes
müssen getrennt ausgewiesen werden
und vom Berliner Senat getragen werden.
Ebenfalls getrennt auszuweisen sind Aufwendungen
für Ruhegeldempfänger
sowie Beiträge zur Versorgungskasse.
Bei der Vertragsgestaltung sind
Bonus-/Malusregelungen für den
Fall von steigenden bzw.
sinkenden Fahrgastzahlen zu
vereinbaren
Um der BVG einen wirtschaftlichen Anreiz
zu geben, sich verstärkt um neue Fahrgäste
zu bemühen, sollten die zu vereinbarenden
Zahlungen an die tatsächlichen
Fahrgastzahlen geknüpft werden.
Der Umfang der zu bestellenden
BVG-Verkehrsleistungen muß vom
Land Berlin auf Basis des
Nahverkehrsplanes gegenüber
den bisher erbrachten
Verkehrsleistungen um 5 bis 10 %
gesteigert werden
U-Bahn
Mit der Inbetriebnahme von zwei U-Bahnstrecken
ist zu rechnen:
- U 2 vom U-Bf. Vinetastraße bis Bf. Pankow
und
- U 5 vom Bf. Alexanderplatz bis zum
Lehrter Bahnhof.
Durch den Regierungsumzug und eine
Nutzungsintensivierung, insbesondere im
östlichen City-Bereich, ist mit einer deutlichen
Zunahme des Fahrgastaufkommens
zu rechnen. Taktverdichtungen im Berufsverkehr,
mindestens auf der U2 und der
U6, halten wir für erforderlich.
Straßenbahn
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Straßenbahn-Haltestelle am S-Bahnhof Pankow. Ob aus den 17 km/h durchschnittlicher Reisegeschwindigkeit bald etwas mehr wird? Foto: Frank Brunner, Mai 1999 |
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Für die Laufzeit des Unternehmensvertrages
ist laut Senatsbeschluß vom 18.
Mai 1999 mindestens von der Inbetriebnahme
folgender Streckenverlängerungen
auszugehen, die dem Vertrag zugrundegelegt
werden müssen:
- Verlängerung von Revaler Straße bis U-Bahnhof
Warschauer Straße,
- Weiterführung vom Prenzlauer Tor
über Karl-Liebknecht-Straße zum
Alexanderplatz,
- Verlängerung von Buchholz Kirche in
das Wohngebiet Buchholz-West,
- Köpenick, Müggelheimer Straße,
- Anbindung der Wissenschaftsstadt
Adlershof,
- Streckenverlängerung Bernauer Straße - Invalidenstraße
bis zum Lehrter Bahnhof,
- Neubaustrecke vom Alexanderplatz
über Spittelmarkt zum Potsdamer
Platz.
Bus
Durch die vom Berliner Senat vorgesehenen
Siedlungserweiterungen am
Stadtrand (zum Beispiel Karow, Buchholz,
Kladow) wird die Einrichtung neuer Buslinien
erforderlich. Ebenso dringend ist
eine Netz- bzw. Taktverdichtung in der
Innenstadt (zum Beispiel fehlende ÖPNV-Verbindung
Moabit - Regierungsviertel
oder der völlig unzureichende 20-
Minuten-Takt der (Regierungs-) City-Buslinien 142, 257 oder 348).
Der BVG sollte es auch zukünftig
möglich sein, einen Teil der (Bus-) Verkehrsleistungen
durch Unterauftragnehmer
erbringen zu lassen. Dies könnten
vorrangig Verkehrsleistungen während
der Schwachverkehrszeiten sein, die durch
Kleinfahrzeuge bzw. Taxen sehr viel
effizienter und fahrgastfreundlicher
erbracht werden können.
Der Berliner Fahrgastverband
fordert den Senat auf, mit der BVG
feste Qualitätsstandards zur
Erbringung der Verkehrsleistungen
zu vereinbaren. Verstöße gegen
diese Vereinbarungen müssen zu
finanziellen Sanktionen führen.
Um ein attraktives Verkehrsangebot für
die Fahrgäste sicherzustellen, ist unverzichtbar,
Qualitätsstandards vertraglich
festzuschreiben. Die im alten Unternehmensvertrag
oder auch in den kürzlich
mit der DB AG abgeschlosenen Verkehrsverträgen
enthaltenen Regelungen sind
diesbezüglich völlig unzureichend.
Der Berliner Fahrgastverband hat die
aus Fahrgastsicht wichtigsten Punkte im
folgenden zusammengefaßt:
Platzangebot
Das Platzangebot soll so bemessen sein,
daß der mittlere Besetzungsgrad in der
Spitzenstunde in Lastrichtung 65 % nicht
überschreitet. In der Normalverkehrszeit
soll der Besetzungsgrad als Mittelwert
über die Stunde 50 % nicht überschreiten.
Für Fahrten über 10 Minuten Beförderungszeit
soll jedem Fahrgast ein Sitzplatz
zur Verfügung stehen.
Die eingesetzten Fahrzeuge sollen einen
Sitzplatzanteil von mindestens einem
Drittel aufweisen.
Anschlußsicherung
An wichtigen Umsteigehaltestellen im
Busnetz sind für die Hauptumsteigebeziehungen
Anschlüsse fahrplanmäßig herzustellen
(Ausnahme: bei Fahrplantakten
unter 10 Minuten).
Die Anschlußsicherung - auch zwischen
unterschiedlichen Verkehrsmitteln oder
-unternehmen - ist zu gewährleisten. Alle
U-Bahnhöfe und Straßenbahn-Haltestellen
sowie wichtige Bushaltestellen sind mit
dynamischen Fahrgastinformationssystemen
auszurüsten, so daß die Fahrgäste
sofort über Betriebsstörungen informiert
werden können.
Anforderungen an bauliche
Anlagen und Fahrzeuge
Die baulichen Anlagen und Fahrzeuge sind
fahrgastfreundlich zu gestalten. Mobilitätsbehinderte
und Fahrgäste mit Kinderwagen
sollen durch eine entsprechende
Gestaltung der Fahrzeuge und der
baulichen Anlagen die öffentlichen
Verkehrsmittel ohne fremde Hilfe nutzen
können.
Die eingesetzten Fahrzeuge sollen die
problemlose Beförderung von mindestens
zwei Rollstuhlfahrern, zwei Kinderwagen
oder zwei Fahrrädern ermöglichen (Ausnahme
bei Einsatz von Taxen/Kleinbussen
während der Schwachverkehrszeiten).
Im Zuge der Sanierung von U-Bahnhöfen
ist generell der nachträgliche
Einbau von Aufzügen vorzusehen. Die
Funktionsfähigkeit der technischen
Anlagen ist regelmäßig zu überprüfen,
Reparaturen sind binnen 24 Stunden
durchzuführen.
Die eingesetzten Fahrzeuge sollen
deutlich als Linienfahrzeuge mit Liniennummer,
Fahrziel und ggf. Laufweg
erkennbar sein. In den Fahrzeugen sind
Haltetellen anzusagen und mindestens ein
Linienband mit Umsteigehinweisen zu
installieren. Beim Einsatz von Kleinfahrzeugen
ist im Fahrplan darauf hinzuweisen.
In den baulichen Anlagen und den eingesetzten
Fahrzeugen ist der Einsatz von
akustischen Werbemedien auszuschließen.
Die eingesetzten Fahrzeuge sollen hinsichtlich
ihres Energieverbrauchs, ihrer
Schadstoff- und Lärmemissionen dem
neuesten Stand der Technik entsprechen.
Anforderungen an das Personal
Das von der BVG eingesetzte Personal ist
hinsichtlich des Gesamtverkehrs- und
Tarifangebotes des VBB zu qualifizieren.
Hinsichtlich des Umganges mit Fahrgästen
sind durch regelmäßige Schulungen die
Voraussetzungen für ein kundenorientiertes
Verhalten des Personals zu
schaffen.
Fahrgastsicherheit
Alle U-Bahnhöfe sind auch während der
Schwachverkehrszeiten mit Personal zu
besetzen sowie mit entsprechenden
technischen Einrichtungen auszustatten
(SOS-Melder, ggf. Kameraüberwachung
auch von Zugängen). Zusätzliches Sicherheitspersonal
ist insbesondere während
der Schwachverkehrszeiten in Abstimmung
mit der Polizei in den Zügen einzusetzen.
Das Sicherheitspersonal ist hinsichtlich
des Umganges mit Fahrgästen auszubilden
und soll auch für Verkehrs- und
Tarifauskünfte zur Verfügung stehen.
Pünktlichkeit
Es ist zu gewährleisten, daß die fahrplanmäßig
vorgesehenen Verkehrsleistungen
zuverlässig und pünktlich erbracht werden.
Für die U-Bahn ist ein Pünktlichkeitsgrad
von > 97 % sicherzustellen. Im Falle von
Betriebsunterbrechungen im U- oder
Straßenbahn-Netz muß - sofern keine
anderen Umfahrungsmöglichkeiten im
Bahnnetz möglich sind - nach höchstens
30 Minuten ein Schienenersatzverkehr mit
Bussen eingerichtet sein.
Bei Ausfällen von Bussen muß innerhalb
von 20 Minuten ein Ersatzfahrzeug eingesetzt
werden.
Sauberkeit
Die U-Bahnhöfe sind täglich zu reinigen.
Grobe Verunreinigungen sind durch das
Aufsichtspersonal sofort zu entfernen. Die
Fahrzeuge sind mehrmals täglich zu
säubern, täglich zu fegen und zu wischen,
eine Grundreinigung hat mindestens
monatlich zu erfolgen. Eine Außenwäsche
der Fahrzeuge muß mindestens wöchentlich
durchgeführt werden.
Fahrkartenverkauf
In den Fahrzeugen und auf den Bahnhöfen
muß der Erwerb von Einzelfahrscheinen
und Tageskarten für das Berliner
Verkehrsgebiet und den engeren Verflechtungsbereich
(ABC) möglich sein.
Nach Vereinfachung des VBB-Bartarifes
müssen Einzelfahrkarten und Tageskarten
für das gesamte Verbundgebiet in den
Fahrzeugen bzw. auf allen U-Bahnhöfen
verkauft werden. Darüber hinaus ist der
Erwerb von Zeitkarten an allen wichtigen
Umsteigepunkten zu gewährleisten.
Ferner soll ein dichtes Netz von privaten
Verkaufsstellen eingerichtet werden. IGEB
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