Sculder keuchte vor Anstrengung, als er
versuchte, das Metallgitter hochzuheben.
„Mully, ich brauche Ihre Hilfe!
Alleine schaffe ich das nicht."
„Was zur Hölle treiben Sie da?! Es ist
drei Uhr morgens, stockdunkel und
eigentlich wollte ich längst schlafen!"
„Aber Mully, es geht jetzt um die
Rettung der Welt. Als Vertreter des
Fahrgastverbandes ist es unsere heilige
Pflicht ..." „Ja, ja, schon gut - ich helfe
Ihnen ja. Sonst stehen wir noch in zwei
Stunden hier rum."
Maulend trat Mully an den Rand des
Schachtes, und versuchte gemeinsam
mit Sculder, das Gitter anzuheben.
Plötzlich ließ er es los und trat wieder
zur Seite. „Mully, was ist denn nun
schon wieder, ich dachte, Sie helfen
mir?!" „Sculder, unsere Bemühungen
wären vielleicht erfolgreicher, wenn Sie
vorher das Schloß entfernen würden,
das hier hängt!"
„Ein Vorhängeschloß? Mmh, in der
Tat. Wie dumm von mir..." Mit diesen
Worten griff er in die Jackentasche und
entnahm ihr das Etui mit dem Fahrgast-Spezialwerkzeug.
Nach wenigen
Sekunden des Herumstocherns im
Schloß hatte er das Problem gelöst.
„So, wenn ich Sie nun noch einmal
bitten dürfte, auf drei - eins, zwei,
drei." Mit einem gewaltigen Scheppern
landete das aus seiner Verankerung
gehobene Gitter neben dem Schacht.
„Und was jetzt? Sollen wir etwa DA
runter ?" Mully leuchtete skeptisch mit
der Taschenlampe in den Schacht, aus
dem warme und muffig riechende Luft
entgegenströmte.
„Ja, genau da müssen wir runter.
Mully, es ist für das Wohl der
freiheitlich-demokratischen Grundordnung,
mehr noch: für das Wohl der
Fahrgäste!" „Na wenn das so ist... Bitte
nach Ihnen!"
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Foto: IGEB |
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Ohne weiteren Kommentar verschwand
Sculder. Seine Tritte auf den
Metallstufen wurden schnell leiser. Mit
einem letzten sehnsüchtigen Blick auf
den Mond folgte ihm Mully.
Als Mully unten angekommen war,
rief er leise: "Sculder?"
„Hier bin ich, hier drüben." Dann
leuchtete kurz eine Taschenlampe. Der
Schein der Taschenlampe erhellte auch
kurz die Umgebung, und Scully
erkannte, daß sie sich in einem U-Bahn-Tunnel befanden.
„Wo sind wir hier, und was machen
wir jetzt ?" „Wir sind im Tunnel der U9
zwischen Zoo und Hansaplatz, und wir
... - Da an der Wand!"
Sculder trat an die feuchte Mauer
und deutete auf ein armdickes Bündel
bunter Kabel. Dann holte er ein kleines
Beil aus seinem Rucksack, und visierte
das dickste, bunteste und schrillste
Kabel an.
„Sculder, um Gottes Willen, was
treiben Sie da?" „Ich werde jetzt das
'U-Bahn-Fernsehen' stillegen. Es is
qualitativ eine Katastrophe, funktioniert
nicht, und außerdem ist es eine
Bedrohung für die geistige Gesundheit
der Fahrgäste."
„Aber wieso denn das?!" „Haben Sie
schon mal von unbewußter Beeinflussung
gehört? Dabei wird in
laufende Fernsehbilder eine unterschwellige
Botschaft eingeblendet.
Zum Beispiel in einen Liebesfilm Bilder
von Getränkedosen eines namhaften
Herstellers. Und voilä: die Leute
bekommen plötzlich Durst."
„Und wie liegt der Fall hier ?" „In die
dummen Filmchen werden Botschaften
eingestreut, wie: 'Die BVG ist voll
super', 'Die BVG fährt nie zu früh', 'Wir
halten, wo Sie wollen' oder sogar 'Ihr
Anschluß - BVG'. Dieser Verdummung
werde ich jetzt ein Ende setzen."
Dann krachte das Beil nieder.
Tage später war zu lesen: "Aufgrund
des ausgebliebenen wirtschaftlichen
Erfolges des U-Bahnkinos wurde
entschieden, daß auch die danach
verbliebenen Anlagen außer Betrieb
genommen werden. Das ist inzwischen
geschehen."
(Liebe Kinder, natürlich dürft ihr so
was wie der Sculder nie ohne Erlaubnis
Eurer Eltern machen, o.K. ?) IGEB
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