Im täglichen Leben dagegen kann der Besitz
des „ticke.ts" zu ganz erheblichem
Ärger führen. Das ist immer dann der Fall,
wenn man in eine „Fahrkarten-Razzia" der
S-Bahn gerät, und die Quittung über die
Einzahlung des Monatskartenpreises nicht
vorlegen kann. Von der Pflicht, eine
derartige Quittung (im Signal 10/99
konnten Sie auf Seite 4 ein handgemaltes
Exemplar bestaunen) stets mitzuführen,
war nie die Rede. Denn immerhin soll das elektronische
Ticket ja elektronisch aufgeladen
und elektronisch kontrolliert werden
(das steckt irgendwie im Namen drin ...).
Da aber versäumt wurde, die notwendigen
mobilen Ticket-Lesegeräte für die
Kontrolleure zu beschaffen und ordnungsgemäß
in Betrieb zu nehmen, müssen nun
die Fahrgäste die Angelegenheit ausbaden.
Das ist bei Neuerungen im Berliner
ÖPNV nicht ungewöhnlich, das rüde Vorgehen
gegenüber gutgläubigen Ticket-Testern
ist es aber schon. Nur weil einige
findige Zeitgenossen herausgefunden
haben, daß die mobilen Kontrollteams zur
Zeit keine Möglichkeit haben, die tick.ets
zu checken - und dies nutzen, um
schwarzzufahren, werden jetzt alle
„tick.et'-Tester unter Pauschalverdacht
gestellt und müssen ihr rechtstreues Verhalten
nachweisen.
Denjenigen, die ihre Monatsrate immer
bar am „Ticke.t-Point" bezahlen, ist dieser
Umstand inzwischen möglicherweise
mitgeteilt worden. Alle anderen werden im
Falle einer Kontrolle unsanft auf die veränderten
Spielregeln aufmerksam gemacht.
Beim Berliner Fahrgastverband sind aus
diesem Grunde bereits mehrere bitterböse
Beschwerdebriefe eingegangen, die
derartige Vorfälle schildern.
Immerhin hat sich die S-Bahn GmbH
jetzt bemüßigt gefühlt, in ihrer Kundenzeitschrift
"punkt 3" einen entsprechenden
Hinweis abzudrucken. Dort heißt es
unter der Überschrift "Achtung Wichtig!":
"Für die Teilnehmer am Großversuch
mit dem elektronischen Ticket: Beim Kauf
und beim Nachladen Ihrer Karte haben Sie
eine Quittung erhalten. Vergessen Sie
nicht, diese immer mit sich zu führen! Sie
müssen sie nämlich bei Kontrollen im Zug
vorlegen können."
Wer diesen an prominenter Stelle auf
Seite 10 (!) versteckten Hinweis nicht gelesen
hat, ist anscheinend nach Auffassung
der S-Bahn selber schuld.
Wir bezweifeln, daß diese Zeitungsnotiz
eine öffentliche Tarifbekanntmachung im
Sinne des PBefG darstellt. Und um nichts
anderes als um eine Änderung der Tarif bestimmungen
handelt es sich dabei. Das
Ticket ist nämlich einer Monatskarte
gleichgestellt. Und für diese ist es nicht erforderlich,
Kontoauszüge oder Einzahlungsbelege
mitzuführen, um deren Gültigkeit
nachzuweisen.
Das jetzige Vorgehen zeigt gleichzeitig
einen wesentlichen und fundamentalen
Mangel des „Tick.et"-Systems auf: Ohne
spezielle Lesegeräte ist es unmöglich, Aussagen
über die Gültigkeit, den Eincheck-Status
oder ähnliche Informationen über
den Zustand der Plastikkarte zu erhalten.
Der ungewöhnlich dummen 'Smartcard'
„tick.et" sieht man dies leider nicht an.
Und solches zu wissen, wäre nicht nur
für Kontrolleure wichtig, sondern mindestens
genauso für die Besitzer eines
Tickets. Die Gefahr, zum Schwarzfahrer
wider Willen zu werden, ist bei diesem
speziellen Fahrausweis immens. IGEB,
Abteilung Stadtverkehr
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