Berlin

Umsteigen am Steglitzer Kreisel

Im Spätsommer 2001 soll nach dann dreijähriger Schließung der Busbahnhof im Steglitzer Kreisel modernisiert wieder in Betrieb genommen werden.

Rund 12 Millionen DM investiert die BVG in das Projekt, um einen nach eigenen Angaben optimalen, behindertengerechten, helleren, komfortabel und kundenfreundlich ausgestatteten Umsteigeknotenpunkt zu realisieren. Diese Ziele werden nur bedingt erreicht: Die Umsteigesituation insbesondere zwischen einigen Buslinien und der S-Bahn wird auch zukünftig alles andere als kundenfreundlich sein. Die IGEB hat ein Konzept ausgearbeitet, durch das unter Berücksichtigung der komplizierten Rahmenbedingungen wenigstens für die meisten umsteigenden Fahrgäste akzeptable Umsteigebedingungen ermöglicht werden.

Im Busbahnhof wird ein Einkaufszentrum integriert, das sicherlich belebend wirken kann, jedoch auch zur Folge hat, daß der Busbahnhof erheblich kleiner als früher wird. So wird es keine Einfahrmöglichkeit mehr von der Schloßstraße her geben und die Anzahl der Bussteige wird auf zwei reduziert, die ausschließlich in Richtung Wolfensteindamm über Kuhligkshofstraße befahren werden können.

Optimales Umsteigen wäre nur mit unkonventionellen Lösungen möglich

Kreuzung mit Bus
Vorbild Hannover? An der Haltestelle Vier Grenzen wurde vor einigen Jahren ein Tür an Tür Übergang vom Bus zur Stadtbahn stadteinwärts geschaffen. Die Bahntrasse liegt in der Mitte einer Hauptverkehrsstraße, folglich liegt die Bushaltestelle entgegen der Fahrtrichtung der Bahn wie auch des Autoverkehrs. Der Haltestellenbereich ist deutlich abmarkiert und kann vom einfahrenden Bus direkt aus einer Seitenstraße angefahren werden. Bei der Ausfahrt jedoch muß er nach dem Verlassen der Anlage für einige Meter die Autofahrspuren entgegen deren Richtung benutzen (quasi als Geisterfahrer), bevor er wieder abbiegen kann! Damit alles seine Ordnung hat, ist dieser Fahrweg natürlich durch eine eigene Ampelphase gesichert, so daß dem Bus nichts in die Quere kommen kann. Foto: Martin Schiefelbusch, November 2000

Auf Grund dieser Vorgaben ist es nicht möglich, eine optimale Umsteigesituation aller elf diesen Bereich berührenden Buslinien sowohl mit der S- und U-Bahn als auch untereinander zu schaffen. Dafür wäre die Befahrbarkeit der Kuhligkshofstraße für Linienbusse in beide Fahrtrichtungen erforderlich, um zum Beispiel den 148er überhaupt an den S-Bahnhof führen zu können. Dafür wiederum jedoch wäre es erforderlich, bauliche Veränderungen am Verkehrsknoten Wolfensteindamm/Schloßstraße vorzunehmen, wo Kuhligkshofstraße und die Westtangente gemeinsam einmünden. Dieses wäre durchaus (auch ohne Baukosten in astronomischer Höhe) möglich, würde aber bedeuten, daß der Linienbusverkehr in einem Teilbereich gegenläufig zur Autobahn-Ausfahrtrichtung ampelgesichert zugelassen werden müßte. Eine Realisierung dieser Vorhaben bei den autoverbundenen Berliner Planungs- und Genehmigungsbehörden erscheint illusorisch, wenngleich es in anderen deutschen Großstädten durchaus Lösungen gibt, die derartiges auch in Hauptstraßen zulassen (zum Beispiel in Hannover, Foto Seite 8).

Sich den realen Berliner Gegebenheiten beugend, hat die IGEB ein eigenes Haltestellenkonzept erarbeitet, das mit dem Kompromiß leben muß, lediglich in südwestliche Fahrtrichtung eine gute Umsteigemöglichkeit sowohl zur U- als auch zur S-Bahn zu schaffen. In nordöstlicher Fahrtrichtung bleibt es weiterhin für die die Schloßstraße durchfahrenden Linien 148, 186 und meistens auch 185 beim guten Umsteigen nur zur U-Bahn. Zur S-Bahn muß vom Rathaus Steglitz oder, wie es schon heute immer mehr Fahrgäste tun, von der Haltestelle Schloßparktheater aus gelaufen werden; also weiterhin ein äußerst unbefriedigender Zustand.

Bus
Kuhligkshofstraße: Wenn die Busse in beide Richtungen fahren könnten, würde sich die Umsteigesituation verbessern lassen. Das bedeutet, einen Teil der Stadtautobahn-Abfahrt abzureißen - vielleicht verabschiedet sich Berlin eines Tages von der autogerechten Stadt? Foto: Alexander Frenzel, Juni 2000

Die Grundidee der hier wiedergegebenen Planungsvariante ist zum einen, endlich eine bessere Umsteigemöglichkeit von und zur S-Bahn, wenigstens in südwestlicher Fahrtrichtung, zu realisieren. Zum zweiten wird damit auch die fahrtrichtungsbezogene Bündelung der Linien in einem Haltestellenbereich ermöglicht, damit für den Fahrgast bei in gleiche Straßenzüge fahrenden Linien die Möglichkeit zur Linienauswahl besteht. Der zur Zeit bestehende schlechte Zustand, daß die drei in Richtung Birkbuschstraße fahrenden Linien 186, 280 und 283 von drei verschiedenen Haltestellen abfahren und somit für den Fahrgast keine Linienauswahl möglich ist, wäre damit beseitigt.

Zusätzlicher U-Bahnausgang wäre sinnvoll

Wie in der Zeichnung dargestellt, sollten alle Linien in Fahrtrichtung Albrechtstraße die Haltestelle H 1 in der Albrechtstraße nutzen. Gleichwohl der Haltestellenstandort insbesondere für Umsteiger von der U-Bahn nicht optimal liegt, gibt es zu ihm keine akzeptable Alternative. Um die Umsteigesituation von der U-Bahn zu verbessern, schlagen wir vor, im Bereich des bereits gebauten, aber nicht in Betrieb befindlichen Bahnsteigs der geplanten U-Bahnlinie Richtung Lankwitz einen zusätzlichen Ausgang zur Kuhligkshofstraße Ecke Albrechtstraße anzulegen. Auch die Fahrgäste der an der Ausstiegshaltestelle in der Kuhligkshofstraße ankommenden Buslinien würden davon profitieren.

Skizze
IGEB-Vorschlag für eine fahrgastfreundliche Haltestellenanlage. In der Bildmitte der Busbahnhof (helle Schraffur). Grafische Bearbeitung: F. Müller

Alle Linien in Richtung Birkbuschstraße/Wolfensteindamm sollten von der Haltestelle H 2 im Busbahnhof abfahren. Eine Ausnahme bildet die Linie 148, die weiterhin ihre geradlinige Führung durch die Schloßstraße beibehält. Der Grund dafür ist, daß zum einen die Kapazität der Haltestelle H 2 ausgeschöpft scheint und zum anderen, daß bei dieser Linie ein traditionell hoher durchfahrender Fahrgastanteil besteht, für den eine Führung durch den Busbahnhof lediglich eine längere Fahrzeit und keine Vorteile mit sich bringen würde. Eine derartige Linienführung wurde bereits in den achtziger Jahren eine Fahrplanperiode lang gefahren und nach Protesten verworfen.

In die jeweilige Fahrtrichtung fahren alle Buslinien von derselben Haltestelle

Nachteilig bei diesem Konzept ist die Umsteigebeziehung von den aus der Albrechtstraße kommenden Linien 170, 180 und 283 zu den weiterhin geradlinig durch die Schloßstraße verkehrenden Linien. Auch die Umsteigebeziehung von den vom Walther-Schreiber-Platz kommenden Linien 185 und 186 zu den geradlinig durch die Albrechtstraße fahrenden Linien X83 und 183 wäre nicht ideal, da zusätzlicher Halt an der Haltestelle H1 sowohl aus Kapazitäts- als auch aus Fahrzeitgründen nicht möglich ist. Eine Änderung würde aber zur Aufgabe des Haltestellen-Richtungsprinzips führen, das gemeinsam mit den Umsteigebeziehungen zur U- und S-Bahn als wichtiger anzusehen ist.

Da auch die Abstellkapazität des neuen Busbahnhofs begrenzt ist, sollten im inneren Haltestellenbereich nur die Linien 277, 280, 185E und 285 ihre Wendezeit nehmen. Bei der Ausfahrt sollten die Busse die neue Wendemöglichkeit mit Ausfahrt in die Kuhligkshofstraße in Fahrtrichtung Albrechtstraße nutzen, um vor Erreichen dieser sofort links in den Busbahnhof einzubiegen und die Haltestelle H 2 anzufahren und hier ihre Fahrgäste aufzunehmen. Diese Betriebsfahrtwendeführung würde die zusätzliche Leerumfahrung des Gesamtkomplexes über die stauanfällige Schloßstraße verhindern und somit Fahrzeit einsparen. Die Linien 170 und 180 sollten nach dem Absetzen der Fahrgäste an der Ausstiegshaltestelle in der Kuhligkshofstraße leer am Busbahnhof vorbeifahren und ihre Wendezeit in der Schloßstraße nehmen, da sich ihre Abfahrtshaltestelle ohnehin in der Albrechtstraße am Punkt H 1 befindet.

Umsteigen zwischen S-Bahn und Buslinien ist vorrangig

Die Überlegungen der BVG scheinen jedoch eher in die Richtung zu gehen, die bestehende Haltestelle am Eduard-Winter-Pavillon in der Schloßstraße Ecke Grunewaldstraße zur zentralen Abfahrthaltestelle aller in südwestliche Richtung fahrenden Linien zu machen. Der neue Busbahnhof würde demzufolge nur von direkt dort endenden bzw. beginnenden Linien angefahren werden. Vorteil einer solchen Planungsvariante wäre die bessere Umsteigebeziehung von Bus zu Bus, weiterhin wäre auch hier die fahrtrichtungsgebundene Bündelung der in gleiche Richtung fahrenden Linien erreicht. Nachteilig ist hierbei, die schlecht bleibende Umsteigebeziehung von den Buslinien 185 und 186 von und zur S-Bahn. Mit der S-Bahn ankommende Fahrgäste, die in Richtung Birkbuschstraße weiterfahren möchten, wären weiterhin vor die Frage gestellt, sich einen relativ kurzen Umsteigeweg zum Busbahnhof damit erkaufen zu müssen, eben nur einen Teil der in ihre Richtung fahrenden Linien zu erreichen oder von vornherein den langen Weg in die Schloßstraße zum Eduard-Winter-Pavillon, wie heute, in Kauf zu nehmen, um alle in ihre Richtung fahrenden Linien nutzen zu können.

Bahnhof
Kuhligkshofstraße Ecke Albrechtstraße: An dieser Stelle wäre zu prüfen, ob man einen direkten Zugang zum U-Bahnhof ohne Umwege anlegen könnte. Foto: Alexander Frenzel, Juni 2000

Beide Planungsvarianten weisen in der Hauptumsteigebeziehung U-Bahn/Bus gleich gute Werte aus. Der Unterschied beider Varianten besteht darin, daß die BVG an zweite Stelle der Wichtigkeit die Bus/Bus-Umsteigebeziehung setzt, während das IGEB-Konzept hier die Umsteigesituation zur S-Bahn in den Vordergrund stellt. Trotz des teuren, allerdings auch aus baulichen Gründen notwendigen Umbaus des Busbahnhofs, muß man leider feststellen, daß eine wirkliche Verbesserung aller Umsteigebeziehungen immer nur teilweise gelingen kann. Faktisch können gegenüber dem früheren Zustand lediglich graduell verbesserte Umsteigebeziehungen erreicht werden, was bei einem derart wichtigen Umsteigeknotenpunkt auf Dauer nicht hinnehmbar ist.

Die Situation am wichtigen Berliner Umsteigepunkt Rathaus Steglitz ist nach Inbetriebnahme des neuen Busbahnhofs nicht fahrgastfreundlicher, solange die angedachten und hier vorgestellten Möglichkeiten, die einen Zweirichtungsverkehr in der Kuhligkshofstraße ermöglichen, nicht realisiert sind.

Kennen Sie auch verbesserungswürdige Umsteigepunkte in Berlin? Dann sind Sie eingeladen, in unserer Abteilung Stadtverkehr an Verbesserungen mitzuarbeiten. Die Abteilung tagt jeden zweiten und vierten Dienstag im Monat ab 19 Uhr im Fahrgastzentrum.

IGEB Abteilung Stadtverkehr

aus SIGNAL 9-10/2000 (Januar/Februar 2001), Seite 7-9

 

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