Im VBB-Bereich werden Kleingruppen- und
Großgruppenkarten angeboten. Die
Kleingruppenkarte gilt für gemeinsame
Fahrten von maximal fünf Personen in Art
einer Tageskarte (gültig ab Entwertung
bis 3 Uhr des Folgetages für beliebig viele
Fahrten). Sie ist recht problemlos am
Schalter und an fast allen Automaten erhältlich.
|
Das ganze Leben ist ein Quiz - so erinnert die Suche nach dem passenden Tarif manchmal auch eher an ein Glücksspiel! Foto: Marc Heller, 1997 |
|
Die Großgruppenkarte gilt für gemeinsame
Fahrten ab sechs Personen, ebenfalls
gültig ab Entwertung bis 3 Uhr des
Folgetages für beliebig viele Fahrten. Sie
ist nur in bestimmten Verkaufsstellen erhältlich.
So weit, so gut. Intuitiv meint man, pro
Person sei eine Großgruppenkarte preisgünstiger
als mehrere Kleingruppenkarten.
Dieser Schein trügt.
Stückwerk lohnt sich
Bleiben wir im Berliner ABC-Bereich. Rechnet
man genau nach, so stellt man erstaunt
fest, daß für den Tarifbereich AB
nur bei einer Gruppengröße von genau
sieben Personen die Großgruppenkarte
wirklich preisgünstiger ist als eine Kombination
aus einer Kleingruppenkarte und
zwei einzelnen Tageskarten (21,- + 8,70
+ 8,70 = 38,40 DM). Die Großgruppenkarte
ist um 2,70 DM billiger (7 x 5,10 =
35,70 DM). Für jede andere Personenanzahl
ist eine Kombination aus Kleingruppenkarte(n)
und einzelner/n Tageskarte(n)
preiswerter.
Betrachtet man den Tarifbereich Berlin
ABC, so lohnt sich der Großgruppentarif
ausschließlich für sieben oder acht Personen.
Bei einer Gruppengröße von zum Beispiel
20 Personen spart man durch den
Kauf von vier Kleingruppenkarten gegenüber
einer Großgruppenkarte 18,00 DM.
Hinzu kommt, daß man bei Bedarf die
große Gruppe problemlos in kleinere
Grüppchen von fünf Personen spalten
kann, und daß man zum Kauf des Fahrausweises
nicht erst zu „besonders bekannt
gemachten Verkaufsstellen" fahren
muß.
Wen kümmert's?
Nun kann der Kummer gewöhnte VBB
Fahrgast sagen: Was kümmert mich eine
teure Großgruppenkarte, die niemand
kaufen muß, weil es mit Kleingruppenkarten
billiger geht? Sicher richtig, aber man
muß es ja erst einmal wissen, damit man
nicht in diese Falle tappt.
Wie sieht es also mit der Tarifinformation
aus? Im November 2000 wirbt „BVG
plus" ganzseitig für Klein- und Großgruppenkarten.
„Sollten Sie einen Ausflug mit
mehr als fünf Teilnehmern planen, dann
empfehlen wir ihnen die Großgruppenkarte.",
preist die BVG ein fast immer
überteuertes Angebot an. BVG minus.
Testfragen
Vielleicht sind ja persönliche Auskünfte
am Telefon kompetenter.
|
Bei den Tarifen in Berlin und Brandenburg steckt der Teufel bekanntlich im Detail. Und weil die Tarife hier so kompliziert und teilweise undurchschaubar sind, ist der Informationsbedarf natürlich groß. Da passen geschlossene Fahrkartenschalter nicht so recht ins Bild und schrecken doch eher Kunden ab - Automaten können das persönliche Gespräch nicht ersetzen. Besonders ärgerlich wird es dann, wenn man plötzlich als Schwarzfahrer dasteht oder in der Regionalbahn noch 5,- DM Nachlösezuschlag drauflegen darf. Schöne Aussichten! (Geschlossener Fahrkartenschalter im U-Bahnhof Wedding) Foto: IGEB-Archiv |
|
Erster Versuch: VBB-Infocenter (25 41
41 41). Frage: „Ich habe eine Gruppe von
insgesamt elf erwachsenen Personen und
wir möchten uns für einen Tag frei mit öffentlichen
Verkehrsmitteln in Berlin, Tarifzone
AB bewegen können. Welches ist
der günstigste Tarif und was kostet es?"
Antwort: Die Großgruppenkarte ist die
beste Variante und kostet 56,10 DM.
Nachfrage: „Ist dies auch wirklich das
preisgünstigste Ticket?"
Antwort: Ja, billiger geht's nicht.
Urteil: Der VBB hat seinen Ruf der Inkompetenz
mal wieder glänzend bestätigt.
Für elf Personen löst man 2 Kleingruppenkarten
plus eine Tageskarte, macht
zusammen 50,70 DM, also 5,40 DM weniger
als die empfohlene Großgruppenkarte!
Zweiter Versuch: BVG Call-Center (19
449). Nach 45 Sekunden Warteschleife
die gleiche Frage.
Antwort: Die Großgruppenkarte ist am
Besten. Beim Preis verrechnet sich der
Herr von der BVG.
Nachfrage: Ist dies auch wirklich das
preisgünstigste Ticket?
Antwort: Na ja, man könne auch drei
Kleingruppenkarten nehmen, aber das sei
teurer...
|
Großgruppen- oder Kleingruppenkarte mit Tageskarte? Wer vier verschiedene Stellen fragt, bekommt fünf verschiedene Auskünfte. Da sage noch einer, der VBB-Tarif sei einfach! Foto: Irmgard Schmidt, Juli 1997 |
|
Nachfrage: Ist eine dritte Kleingruppenkarte
wegen einer Person nötig?
Antwort: Warten Sie mal, mit zwei
Kleingruppenkarten und einer Tageskarte
ginge das auch, und es wäre sogar billiger.
Auch hier wird wieder falsch zusammengerechnet.
Urteil: Wenn man die BVG mit der Nase
darauf stößt und hartnäckig nachfragt,
bekommt man den richtigen Tip. Die Benutzung
des Taschenrechners wird den
Mitarbeitern in den Auskunftsstellen zur
Übung empfohlen.
Wer den BVG-Webeslogan „Geht's
noch günstiger? Auf jede Frage eine Antwort.
Das BVG Call-Center." beim Wort
nimmt, wird nicht ganz befriedigt. Für
normale Fahrgäste ist das nicht ausreichend.
Dritter Versuch: S-Bahn Kundenbüro
Nordbahnhof (29 71 98 43). Die gleiche
Frage.
Antwort: Ja, da nehmen Sie am Besten
zwei Kleingruppenkarten und eine Tageskarte,
macht zusammen 50,70 DM, erhältlich
am Schalter oder am Automaten.
|
VBB-Tarif gültig seit 1. August 2000, Preise in DM |
|
Urteil: Sehr gut, ohne Nachfrage wird
sofort das günstigste Angebot genannt
und richtig zusammengerechnet. Innerhalb
von eineinhalb Minuten ist das Telefongespräch
beendet und alle Fragen korrekt
beantwortet. So sollte es sein.
Die Lösung
ist in Arbeit
Zur „Ehrenrettung" der Verkehrsbetriebe
und des VBB muß noch erwähnt werden,
daß bereits an der Lösung des Problems
Großgruppenkarte gearbeitet wird. Zur
geplanten Tariferhöhung am 1. August
2001 soll die Kleingruppenkarte abgeschafft
und die Tageskarte heftig verteuert
werden. So löst der VBB Probleme. IGEB,
Abteilung S-Bahn und Regionalverkehr
|