Die DB AG läßt seit dem 1. Dezember 2000 auf der
Regionalbahn-Strecke Brandenburg - Belzig (RB 52)
Busse fahren. Als Grund für
diese sehr kurzfristig angekündigte Maßnahme wird von der DB
Netz AG mangelnde Wirtschaftlichkeit notwendiger Investitionen
zur Instandhaltung der 1904 eröffneten Verbindungsstrecke
genannt. Eine Meßfahrt von DB Netz habe im Oktober 2000 ergeben,
daß ab 1. Dezember auf den Gleisen kein sicherer Personenverkehr
mehr möglich sei. Es gibt allerdings deutliche Anzeichen
dafür, daß diese Begründung nur vorgeschoben ist.
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Am 27. November 2000 stand dieses Ferkel in Belzig zur Abfahrt nach Brandenburg bereit. Foto: Sven Jagdhuhn |
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Zum einen ist der Streckenzustand trotz
offensichtlich versäumter Instandhaltung
nicht so schlecht, als daß ein sicherer Betrieb
nun plötzlich unmöglich wäre. Angaben
der DB AG für die Kosten der angeblich
notwendigen Instandsetzung gehen
zwar hoch bis zu 90 Millionen DM
(DB AG-Regio-Regionalbereichsleiter Friedrich
beim DB-Fahrgastbeirat), dies dürfte
allerdings eine Maximalvariante der Luxusmodernisierung
sein. Die jetzt gegebenenfalls notwendige
Investition zur Wiederaufnahme
des Schienenverkehrs wird
überschaubar sein.
Zum anderen hat die DB Netz AG in
jüngster Zeit in diese Strecke investiert: Es
wurde ein neuer Sendemast für den Zugfunk
errichtet, und es wurden entlang der
Strecke neue Kilometertafeln aufgestellt.
Da diese jedoch allesamt falsch sind, wurden
sie zur Fehlinvestition und inzwischen
unlesbar, mit den Rückseiten nach vorne,
montiert. Im Jahr 1999 gab es erhebliche
Investitionen in neue technische Bahnübergangssicherungen,
an denen sich einige
Kommunen entlang der Strecke finanziell
bis zur Schmerzgrenze beteiligen
mußten.
DB Regio Berlin-Brandenburg
hat kein Interesse
Die DB Regio AG empfiehlt dem Land
Brandenburg schon seit längerem, den
Schienenpersonenverkehr auf dieser Verbindung
abzubestellen. Dabei ist DB Regio
vertraglich aufgrund einer im Jahr
1997 gewonnenen Ausschreibung bis
zum Jahr 2004 verpflichtet, diese Strecke
zu betreiben. Es wird regelmäßig über die
geringen Fahrgastzahlen geklagt, doch
ein vom Land erwartetes erhöhtes Engagement
des Betreibers zur Steigerung der
Fahrgastzahlen war auf dieser Strecke
nicht zu erkennen. Nicht einmal der in
den Ausschreibungsunterlagen festgeschriebene
Einsatz moderner Triebwagen
hat auf der Verbindung Belzig - Brandenburg
bisher stattgefunden.
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Zwischen Havel und Fläming erschließt die Strecke Brandenburg - Belzig eine idyllische Landschaft. Foto: Sven Jagdhuhn, November 2000 |
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Im Vergleich mit anderen Gewinnern
von Ausschreibungen in Deutschland
schneidet DB Regio Berlin/Brandenburg
hier einmalig schlecht ab: In der Regel
konnten die Fahrgastzahlen durch ein attraktiveres
Angebot nach erfolgter Ausschreibung
deutlich gesteigert werden.
Und auch im Norden Brandenburgs
macht die Prignitzer Eisenbahn auf den
von ihr betriebenen Strecken vor, wie
durch besseren Service und optimierten
Fahrplan die Kunden selbst auf Nebenstrecken
gerne die Bahn benutzen.
Im letzten halben Jahr gab es Verhandlungen
zwischen DB Regio und der
Prignitzer Eisenbahn, zum Betrieb der
Strecke als Unterauftrag. Eine Vereinbarung
darüber konnte aber nicht erzielt
werden, und wenig später fand dann die
Meßfahrt der DB Netz AG statt.
Für den Erhalt des
Schienenverkehrs
Am 14. Dezember 2000 hatte der DBV
Regionalverband Potsdam-Mittelmark
alle Akteure nach Golzow (Brandenburg)
zu einer Konferenz für die Zukunft der
Bahnstrecke eingeladen. Vertreter der DB
Netz AG waren ohne Absage nicht erschienen.
Alle Anwesenden waren sich einig, das
Vorgehen der Deutschen Bahn AG nicht
zu akzeptieren. Das Land Brandenburg
sieht den bis 2004 bestehenden Verkehrsvertrag
einseitig durch DB Regio Berlin-Brandenburg
verletzt. Die Bahnanbindung
sei ein wichtiges Qualitätsmerkmal
der Region. Eine Busverbindung als Ersatz
kann nicht akzeptiert werden. Der Bürgermeister
von Golzow, Dr. Mahlow, wies auf
die große Bedeutung der Bahn für den
Tourismus hin. Er sieht ebenfalls eine gute
Möglichkeit, die Strecke wieder für den
Güterverkehr zu nutzen, um die Straßen
von den Lkw-Transporten zu entlasten.
Auch der Vertreter des Landkreises Potsdam
Mittelmark erklärte, einen Erhalt der
Bahnverbindung zu unterstützen.
Übernahme der
Infrastruktur abgelehnt
Der Präsident des DBV, Gerhard Curth,
informierte, daß ein Antrag des verbandseigenen
Eisenbahnunternehmens Deutsche
Regionaleisenbahn (DRE) zur Übernahme
und sofortigen Instandsetzung
der Infrastruktur von der Deutschen Bahn
AG abgelehnt worden sei. Angeblich sei
die Verbindungsstrecke ein wichtiger Bestandteil
der Mittelstandsoffensive für Regionalnetze
der DB Netz AG. Ein Termin
für die mögliche Wiederaufnahme des
Schienenverkehrs wurde nicht genannt.
VBB: Begründung nicht nachvollziehbar
- Das Land hat
„Maßnahmen" eingeleitet
Der VBB teilte schriftlich mit, daß der Betrieb
der Streckeninfrastruktur sehr wohl
wirtschaftlich sei. Einnahmen von jährlich
rund 1,5 Millionen DM stünden Personalkosten
von maximal 400 000 DM gegenüber.
Es gebe also genügend Spielraum
für Investitionen. Der Vertreter der LEG,
Herr Dr. Böhme, ergänzte im Auftrag des
Landes, daß für eine kurzfristige Wieder
aufnähme des Bahnverkehrs weniger als
100 000 DM investiert werden müßten.
Es wurde erklärt, daß der technische
Grund für die Einstellung des Betriebs
stellenweise Mängel an den Gleisen seien.
Das Brandenburger Verkehrsministerium
hat eine technische Prüfung der Strekke
durch die Eisenbahnaufsichtsbehörde
des Bundes, das Eisenbahn-Bundesamt,
veranlaßt. Das Ergebnis wird im Januar
2001 erwartet. Auf dieser Grundlage sollen
die Forderungen und Konsequenzen
gegenüber dem Vertragspartner DB Regio
formuliert werden. An der Bestellung
des Schienenpersonenverkehrs wird das
Land auf jeden Fall festhalten. Durch den
VBB wird zur Zeit ein Gutachten betreut,
daß das Fahrgastpotential entlang der
Bahnstrecke untersuchen soll. Ein Zwischenergebnis
läßt nach Herstellung bestimmter
Rahmenbedingungen eine erheblich
gesteigerte Nachfrage erwarten.
Fazit
Das Verhalten der DB Regio AG zeigt
deutlich das Desinteresse am Betrieb der
Strecke. Sollte DB Regio nicht bereit sein,
den bestehenden Verkehrsvertrag zu erfüllen,
muß ein geeignetes Eisenbahnunternehmen
mit dem Personenverkehr Belzig
- Brandenburg beauftragt werden.
Das Land Brandenburg und der VBB haben
zu erkennen gegeben, daß sie den
einseitigen Vertragsbruch durch DB Regio
nicht tolerieren werden. Das gibt Anlaß,
auf eine baldige Wiederaufnahme des
SPNV auf der RB 52 zu hoffen.
Für den Landkreis Potsdam Mittelmark
und die Fahrgäste bedeutet eine Umstellung
auf Busverkehr einen Rückschritt in
der Qualität der ÖPNV-Anbindung. Mit
der kurzen Umsteigezeit in Brandenburg
bot die Bahn bis zum 1. Dezember 2000
eine attraktive Verbindung nach Berlin,
deren Standard ein Busverkehr nicht erreichen
kann. Es geht bei der Diskussion jedoch
auf keinen Fall darum, Bus und
Bahn gegeneinander auszuspielen. Jedes
Verkehrsmittel hat seine Vorteile, und der
DBV wird den Landkreis darin unterstützen,
für den neuen Nahverkehrsplan eine
sinnvolle Aufgabenteilung beider Verkehrsmittel
zu definieren.
Die Betriebseinstellung zwischen
Brandenburg und Beizig wird am
11. Januar 2001 Gegenstand einer Unterredung
zwischen dem Brandenburgischen
Verkehrsminister Meyer und
dem DBV-Bundesvorstand und DBV-Landesverband
Brandenburg sein.
Mehr dazu im nächsten SIGNAL Deutscher Bahnkunden-Verband,
Landesverband Brandenburg
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