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Schon seit längerer Zeit gab es bei der BVG
Planungen, das Expreßbus-Netz erheblich
auszuweiten und zum jetzigen Fahrplanwechsel
einzuführen. Nach langen Planungs-
und Abstimmungsphasen wurden
anstelle von sieben geplanten Linien nur
zwei realisiert, wobei der X 10 bereits anläßlich
der S1-Unterbrechung zum 28. Mai
2001 eingeführt worden war. Während
zwei der zunächst geplanten Expreßbus-Linien
(X45 Zoo - Spandau, X48 Alex - Steglitz
- Lichterfelde) wegen des gravierenden
Parallelverkehrs zu bestehenden Schnellbahn-Linien
von der IGEB in vorangegangen
Informationsgespächen abgelehnt wurden,
fanden alle anderen unseren Zuspruch. Es
ist bedauerlich, daß ehemals geplante Linien
wie der X46 vom Zoo nach Buckow und
der X67 vom Potsdamer Platz nach Schöneweide
einer zwischenzeitlich offensichtlich
veränderten Planungsphilosophie der
BVG zum Opfer gefallen sind - obwohl gerade
diese Linien vielen Fahrgästen spürbare
Fahrzeitgewinne und eine deutliche Reduzierung
der Umsteigezwänge gebracht hätten.
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Eine neue Tangential-Direktverbindung von Pankow nach Spandau stellt die Expreßbus-Linie X33 dar. Foto: Alexander Frenzel, September 2001 |
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So wurde zum Fahrplanwechsel im September
lediglich die tangentiale Expreßbus-Linie X33
vom Bahnhof Spandau über
Märkisches Viertel nach Niederschönhausen,
Ossietzkyplatz neu eingeführt. Ab Wilhelmsruher
Damm ersetzt der X33 die bisherige
Linie 153 mit Bedienung aller Haltestellen
und den bisherigen eingeschränkten
Betriebszeiten. Da das Leistungsangebot
der BVG im Unternehmensvertrag festgelegt
ist, führt jede neue Expreßbus-Linie
gleichzeitig zu Angebotseinschränkungen
auf „parallel" laufenden Linien. So werden
als Kompensation für die Einführung des
X33 die Einsetzer des 133ers von Tegel
kommend nur noch bis Neheimer Straße
geführt, die Berufsverkehrs-Verstärkung auf
dem X21 entfällt und die Linie 125 wird bis
zum Rathaus Reinickendorf zurückgezogen,
angestrebt ist sogar eine Verkürzung zum
S-Bahnhof Eichborndamm. Die Rücknahme
des 125ers bringt für einige Fahrgäste zusätzliche
Umsteigezwänge: Denn die neu
eingerichtete Schleifenlinie 325 verkehrt
erst ab S/U-Bahnhof Wittenau in Richtung
Eichhorster Weg/Wittenauer Straße. Der
Sinn dieser Maßnahme scheint fraglich, da
man dann fast mit gleichem Aufwand auch
den alten 125er hätte beibehalten können.
Dumm dran sind vor allem die Borsigwalder,
die außerhalb der Betriebszeiten der
Linie X33 ins Märkische Viertel wollen, hier
ist dann zum Teil zweimaliges Umsteigen
angesagt.
Ärgerlich, aber irgendwie typisch für Berlin
ist der Standort der Haltestelle des X33
am U-Bahnhof Holzhauser Straße in Fahrtrichtung
Norden: Hier reaktivierte man eine
alte Betriebshaltestelle mit dem Ergebnis,
daß die von und zur U-Bahn umsteigenden
Fahrgäste die stark befahrene Seidelstraße
überqueren müssen. Der erforderliche Aufwand,
um die Haltestelle unmittelbar vor
dem Bahnhofseingang zu verlagern, hält
sich in Grenzen; muß doch nur ein ohnehin
überflüssiges „Fußgängerschutzgitter" abgeschraubt
werden.
Als zweite Expreßbus-Maßnahme wurde
der bereits am 28. Mai wegen der baubedingten
Wannseebahn-Stillegung vorzeitig
eingeführte X10 entsprechend dem Vorschlag
der IGEB als Ersatz für den 217er bis
nach Teltow verlängert, wodurch eine
stündliche Direktverbindung von dort in die
westliche Innenstadt besteht. Allerdings gilt
das nicht für die Zeiten außerhalb der Geschäftsöffnungszeiten:
Dann verkehrt der
X10 (wie der alte 217er) nur zwischen Teltow
und Rathaus Zehlendorf.
BVG verärgert Tauentzien-Kunden
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Alle Wagen der Linie 129 tragen dieses Kombi-Linienschild, obwohl nur ein Teil der Wagen auf die Linie 219 übergeht. Eine verwertbare Information für die Fahrgäste ist damit nicht vorhanden. Foto: Alexander Frenzel, Oktober 2000 |
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Die „Folgen" der bereits im Mai eingeführten
Expreßbus-Linie X10 bekommen die
Fahrgäste allerdings erst jetzt zu spüren. So
wird die Linie 219 auf dem Kudamm vom S-Bahnhof
Grunewald (Eichkamp) kommend
zum Wittenbergplatz zurückgezogen und
mit der bisherigen Linie 129E gekoppelt. In
der Praxis bedeutet dies, daß ein Bus in
Eichkamp als 219er mit Ziel Wittenbergplatz
losfährt und am Rathenauplatz auf 129 mit
Ziel Hermannplatz umschildert. In der
Gegenrichtung wird dann schon am Wittenbergplatz
von 129 auf 219 umgeschildert.
Das ganze soll RBL-gestützt und damit „vollautomatisch"
erfolgen (vgl. SIGNAL 4/2001 ).
So ungewöhnlich aber vertretbar diese
Sparmaßnahme auf dem Kudamm wegen
des hier zusätzlich verkehrenden X10 sein
mag, so gravierend und unakzeptabel sind
die Auswirkungen auf den stark ausgelasteten
östlichen Streckenabschnitten des
129ers und vor allem des 119ers, wo kein
Fahrgast von irgendeinem zusätzlichen Angebot
profitiert. Für den 119er-Abschnitt
zwischen Wittenbergplatz und Mehringdamm
bedeutet der ersatzlose Wegfall des
219ers tagsüber eine Platzreduzierung um
ein Drittel - selbst im Berufsverkehr. Schon
bisher haben die zum Teil völlig überfüllten
Wagen in den Spitzenzeiten des Einkaufsverkehrs
zu massiven Verärgerungen der
Fahrgäste geführt. Und auch der abendliche
20-Minuten-Takt dürfte an den Wochenend-Abenden
kaum ausreichen. Auch beim
129er wurde (wenig aber) „wirkungsvoll"
gespart: Die bisher am Bahnhof Zoo einsetzenden
Verstärkerfahrten setzen nunmehr
erst am U-Bahnhof Wittenbergplatz ein und
befahren damit nicht mehr den am stärksten
benutzten Abschnitt der Linien 119/129
zwischen Joachimstaler Straße und U-Bahnhof
Wittenbergplatz.
Neuordnungen in der Mitte
Unabhängig von den Expreßbus-Maßnahmen
gibt es umfangreiche Neuordnungen
im Bezirk Mitte. Die Linien 157 und 328 fallen
weg. Dafür entsteht unter anderem die
neue Linie 143 vom U-Bahnhof Hallesches
Tor zum U-Bahnhof Leopoldplatz. Die Wegführung
ist eine Kombination der bisherigen
Linien 240, 157 und 328 und stellt eine
bislang nicht befahrene Direktverbindung
vom Halleschen Tor zum Alexanderplatz
her und bietet auch innerhalb des Bezirkes
Mitte sinnvolle direkte Fahrmöglichkeiten.
Geworben wurde unter anderem auch mit
der durch die Linie 143 erstmalig hergestellten
Direktverbindung zwischen Amerikagedenkbibliothek
und der Berliner Stadtbibliothek.
Leider vergaß die BVG allerdings
eine zusätzliche Haltestelle an der Fischerinsel
Ecke Mühlendamm einzurichten. Desweiteren
wird durch die Linie 143 der bislang
zeitlich eingeschränkt bediente Bereich
über Metzer-, Schwedter und Rheinsberger
Straße nun durchgehend befahren und
nach Gesundbrunnen durchgebunden, was
der steigenden Bedeutung dieses Bahnhofs
entspricht. Der verbleibende Streckenteil
zum U-Bahnhof Leopoldplatz beschränkt
seine Betriebszeit allerdings wie bisher die
Linie 328 auf die Geschäftsöffnungszeiten.
So positiv diese neue Linie auch ist, so führt
doch die in diesem Zusammenhang erfolgte
Fahrplanänderung auf der Linie 240 zu
einem Novum: Als einzige Linie in der Berliner
Innenstadt fährt der 240er zwischen
Märkisches Museum und Hallesches Tor nur
während des Berufsverkehrs! Die Durchbindung
der Einsetzer des 143ers bis Hallesches
Tor hätten den Fahrgästen wohl ein
besseres und übersichtliches Angebot geschaffen.
Drei Haltestellen fehlen zum
Straßenbahnanschluß
Desweiteren wurde die bestehende Linie
147 verlängert und übernimmt nördlich des
Bahnhofs Friedrichstraße die Linienführung
des bisherigen 157ers zum Bundeswehrkrankenhaus
und weiter zum S/U-Bahnhof
Gesundbrunnen. Darüberhinaus wurde diese
Linie mit dem Nordast der bisherigen Linie
245 gekoppelt und übernimmt die
Streckenführung bis zum S-Bahnhof Nordbahnhof,
während der 245er vom Bahnhof
Zoo kommend abrupt am U-Bahnhof Bernauer
Straße endet.
Besser wäre, wenn die an sich schlüssige
Linienführung des 147ers am S- und U-Bahnhof
Gesundbrunnen enden würde. Die
anschließende Kiezbedienung im Raum Gartenplatz
und S-Bahnhof Nordbahnhof sollte
einer in der Wegführung noch zu definierenden
Kiezlinie übertragen werden. Der
recht lange Linienweg der Linie 147 durch
etliche staugefährdete Straßen (zum Beispiel
Friedrichstraße) wird zwangsläufig zu
einer nicht kalkulierbaren Fahrplantreue (die
Taktfolge wurde ganztägig auf nur noch 20
Minuten erweitert!) führen, so daß eine solche
Linie nicht auch noch zur kleinräumigen
Kiezerschließung herangezogen werden
sollte.
Völlig unverständlich ist es, die in ihrer
Linienführung für einen Vorlaufbetrieb der
Straßenbahnlinie 20 (die ja 2003 bis Nordbahnhof
verlängert werden soll) geänderte
Linie 245 nun am U-Bahnhof Bernauer Straße
enden zu lassen, also kurz vor dem Anschluß
an die Straßenbahn. Lediglich drei
Haltestellen fehlen und die Verbindung zur
Straßenbahn-Linie 20 an der Eberswalder
Straße wäre hergestellt. Stattdessen müssen
Fahrgäste für diesen kurzen Abschnitt
nochmals in die Linie 120 umsteigen, wodurch
eine solche Reisewegführung völlig
unattraktiv ist und keinen Vorlaufverkehr
zur Straßenbahn-Linie 20 darstellt.
Parallelverkehr
zur Straßenbahn-Linie 52
Nicht zufriedenstellend sind auch die Veränderungen
in Pankow. Nachdem die BVG am
10. Juni 2001 auf die U-Bahn-Verlängerung
zum S/U-Bahnhof Pankow mit der Begradigung
der Linie 155 durch die Granitzstraße,
reagiert hatte, hagelte es Beschwerden aus
dem Gebiet Neumannstraße/Elsa-Brandström-Straße,
in denen das ausgedünnte
Fahrtenangebot durch die nunmehr dort
verkehrende Linie 250 sowie die verlorengegangenen
Direktverbindungen in die Breite
Straße, nach Wilhelmsruh und nach Weißensee
kritisiert wurden. Begrüßenswert ist,
daß die BVG darauf reagiert, nur das Ergebnis
ist nicht unproblematisch. Die Buslinie
250 wurde erneut verändert und erhält eine
neue Endstelle am S-Bahnhof Wollankstraße.
Von dort wird über Florastraße, weiter
gegenläufig der bisherigen Route über U-Bahnhof
Vinetastraße - Elsa-Brandström-Straße- Neumannstraße
zum S/U-Bahnhof
Pankow und weiter über die Breite Straße
gefahren. Die weitere Wegführung bleibt
unverändert. Dadurch wird wieder eine Direktverbindung
aus dem Beschwerdegebiet
in die Pankower Breite Straße angeboten
und sogar eine neue S-Bahn-Anbindung an
der Wollankstraße erreicht. Um im Tagesverkehr
wieder den 10-Minuten-Takt im Beschwerdegebiet
zu erreichen, werden nun
außerhalb der Hauptverkehrszeit (in dieser
Zeit fährt auch der 250er alle 10 Minuten)
die Wagen der Linie 155E nunmehr im Zuge
der Linie 250 vom S/U-Bahnhof Pankow bis
U-Bahnhof Vinetastraße. weitergeführt. Dabei
wird planmäßig auf die technischen
Möglichkeiten der wechselnden Zielbeschilderung
zurückgegriffen. Analog dem oben
beim 129er/219er beschriebenen Prinzips
fahren diese Wagen in Wilhelmsruh als Linie
155 mit dem Ziel S/U-Bahnhof Pankow ab
und schildern beim Erreichen der Linienvereinigung
mit der Linie 250 auf dessen Linienbezeichnung
mit der Zielangabe U-Bahnhof
Vinetastraße um.
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Foto: Alexander Frenzel, Oktober 2001 |
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Problematisch an dieser Busliniennetzkonzeption
ist allerdings die Tatsache, daß
mit der neu konzipierten Linie 250 neben
dem 107er nun eine zweite Parallel-Buslinie
zur Straßenbahn-Linie 53 zwischen Nordend/Niederschönhausen
und S-/U-Bahnhof Pankow eingerichtet
wurde. Da der 250er auch im
Nordabschnitt zeitweilig im 10-Minuten-Takt
und auch im Einzugsgebiet
der Neubausiedlungen
in Nordend verkehrt, dürfte
die Straßenbahn hier einen nicht
unerheblichen Fahrgastverlust
hinzunehmen haben. Dies gießt
Wasser auf die Mühlen derer, die gerade
diesen Pankower Straßenbahnast schon
lange im (Stillegungs-)„Visier" haben. Es ist
schon sehr erstaunlich, daß innerhalb der
BVG die Einrichtung eines solchen Doppelangebotes
möglich ist, wird doch an anderen
Stellen geknausert ohne Ende.
Gebremster Expreßbus X54
Und noch eine problematische Folge der
neuen Pankower Linienordnung ist festzuhalten:
Die Granitz- und Rothenbachstraße,
bis Heinersdorf weist mit den Stammwagen
der Linie 155 außerhalb der Hauptverkehrszeit
nur noch einen 20-Minuten-Takt auf.
Um auch hier einen sinnvollen 10-Minuten-Takt
anbieten zu können, halten jetzt einfach
alle Wagen der Expreßbus-Linie X54 in
der Granitzstraße an jeder Haltestelle, anstatt
wie bisher diese Straße bis zur Kreuzung
Prenzlauer Promenade ohne Halt zu
durchfahren. Hier setzt eine Entwicklung
ein, die letztlich aus Expreßlinien völlig normale
Linien ohne nennenswerten Fahrzeitgewinn
mehr macht. Sind derartige „kleine"
Veränderungen im Expreßbus-System erst
einmal eingerissen, werden die Begehrlichkeiten
der auf Kostensenkung bedachten
BVG-Verantwortlichen schnell unersättlich.
Im Fall der Linie X54 bedeutet diese Maßnahme,
daß zwischen Pankow und Rathaus
Weißensee gegenüber der Linie 155 lediglich
zwei Haltestellen ausgelassen werden, ein
nahezu nicht mehr meßbarer Fahrtzeitgewinn.
Hier muß eine andere Lösung gefunden
werden, um den notwendigen 10-Minuten-Takt
nach Heinersdorf zu realisieren.
Nachts: Kleine Änderungen
vor dem großen Wurf?
Im Nachtbusnetz wird der bisher von der
Nachtbus-Linie N61 bediente Bereich in
Rahnsdorf, Hessenwinkel und Wilhelmshagen
ab Rahnsdorf/Waldschänke durch eine
neue Linie N64 im Taxi-Einsatz mit Haustürservice
bedient. Gleichfalls verändert wird
der Müggelheimer Ast der Linie N69. Zwischen
Alt-Müggelheim und Odernheimer
Straße wird ein Rufbus-System eingeführt.
Fahrgäste aus diesem Bereich in Fahrtrichtung
Innenstadt, müssen ihren nächtlichen
Fahrtenwunsch mindestens 30 Minuten
vorher telefonisch anmelden, sonst kommt
kein Bus. Die sinnvolle Maßnahme
zur Vermeidung von Geisterbussen
ist nur akzeptabel, wenn eine umfangreiche
Information der dort lebenden
Bevölkerung, am besten wären
Hauswurfsendungen, erfolgt.
Darüberhinaus sollte eine grundsätzliche
Problematik im Rufbus-System
nicht verschwiegen werden, auch
wenn diese Frage im hier behandelten
Fall von Müggelheim sicher von untergeordneter
Bedeutung sein dürfte: Eine Beförderung
im Binnenverkehr der Rufbus-Strecke
ist faktisch nicht möglich, ein Bus
kommt nur dann, wenn man den Bereich in
Richtung Innenstadt verlassen will.
Abschließend gilt es, eine gering erscheinende
Veränderung in der Linienführung
des N10 in Zehlendorf kritisch zu hinterfragen.
Aus Erwägungen der Linienangleichung
an das Tagesnetz wird diese Nachtlinie
künftig wie der Tagesbus 110 von der
Domäne Dahlem seinen Laufweg am U-Bahnhof
Thielplatz vorbei zum U-Bahnhof
Oskar-Helene-Heim nehmen. Die bisherige
Linienführung über die Königin-Luise-Straße
und der Clayallee wird aufgegeben, dieser
Bereich ist somit ohne Nachtbus-Anschluß.
Wenn man aber im Raum Zehlendorf
überhaupt so etwas wie Nachtleben
antrifft, ist McDonalds in der Clayallee diese
Adresse, keinesfalls aber das nachts ausgestorbene
Uni-Viertel in Dahlem. Insofern
erscheint es zweifelhaft, ob diese Linienänderung
sinnvoll ist, belegt es doch die Tatsache,
daß nachts eben häufig andere Kriterien
als im Tagesverkehr in der Netzplanung
sinnvoll sind. IGEB,
Abteilung Stadtverkehr
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